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Wer einmal zugesehen hat, wie am Bielefelder Kesselbrink die alten Lokalzeitungen in den Kiosken liegen, ahnt: Es gibt Orte, da wirkt Journalismus noch wie ein Handwerk. Und doch, Chefredakteur in Bielefeld – das ist weit mehr als das Klischee des ewig rot unterstreichenden Zeitungsmanns oder der immerfort vernetzten, leicht übernächtigten Magazinmacherin. Wer heute in dieser Rolle steckt, jongliert nicht nur mit Headlines und Ressorts, sondern mit Erwartungen, Echtzeit-News, Leserwünschen – und, auch das: mit Unwägbarkeiten, die sich manchmal anfühlen wie ein ostwestfälischer Regenschauer im April.
Was also ist an diesem Berufsbild so typisch – gerade in Bielefeld? Einmal offengelegt: Lokalkolorit spielt tatsächlich eine größere Rolle, als es mancher Digitalstratege glauben mag. Wer Chefredakteur wird, ist oft so etwas wie das ordnende Gewissen des lokalen Diskurses. Man sitzt zwar im Büro – mit Doppelfenster, damit der Lärm vom Oberntorwall nicht ständig stört –, aber innerlich sitzt man manchmal auf den Schultern der ganzen Stadt. Wichtige Entscheidungen? Klar, jeden Tag. Welche Titelthemen verdienen die Aufmerksamkeit der lokalpatriotischen Leserschaft? Und haben wir die kleine Gründerwerkstatt in Jöllenbeck sträflich unterschätzt? Was viele unterschätzen: Der Spielraum für echte Kreativität ist hier größer, als es das Redaktionssystem vorgibt. Zumindest manchmal.
Die Aufgaben? Ein Sammelsurium zwischen Blattkritik und Budgetnummern, Redaktionsleitung und Kommentarspitzelei. Wer frisch einsteigt oder sich als Fachkraft aus dem Berliner Medienhaus nach OWL verlocken lässt, staunt nicht schlecht: Das Tagesgeschäft bedeutet eben nicht nur, die Nachrichtenlage zu kontrollieren, sondern auch Personal zu führen, Zielgruppen zu analysieren und, ja, im Zweifel den Instagram-Kanal zu verstehen. Und zwar nicht als hippe Digital-Spielerei, sondern als echten Teil der publizistischen Gesamtstrategie. Spannung genug – es sei denn, man liebt die Langeweile. (Die gibt’s hier nämlich selten, ehrlich.)
Zahlen? Wer jetzt Gehalt hören will – okay, auch das soll nicht unter den Tisch fallen. In Bielefeld startet ein Chefredakteur, bei kleineren Häusern, häufig um die 3.800 € monatlich. In etablierten Medienhäusern kann das Gehalt sich in Richtung 4.500 € oder sogar bis zu 6.000 € bewegen, besonders wenn Verantwortung, Budget und Repräsentation nach oben schießen. Das klingt erst einmal anständig. Aber: Der Preis dafür ist oftmals eine Arbeitszeit, die nicht selten unauffällig ins Private schwappt; spätestens, wenn die Pressestatements um 23 Uhr eintreffen und der News-Ticker wieder blinken will. Überstunden? Die gehören dazu. Punkt. Und trotzdem – ich kenne kaum jemanden, der diesen Job aus reinem Kalkül macht. Wobei, ganz ehrlich: Eine robuste Portion Idealismus schadet hier nie.
Bielefeld selbst? Oft belächelt – zu Unrecht. Die Stadt bietet, lokal betrachtet, erstaunlich viele kreative Nischen: ob studentische Medienprojekte, die Nähe zur wirtschaftsstarken IT-Branche oder innovative Kulturinitiativen in den Vierteln. Wer also als Chefredakteur den Mut hat, auch abseits der Hauptstraße Themen zu setzen, entdeckt eine Leserschaft, die zwar kritisch ist, aber ehrliches Interesse mitbringt. Was ich bemerkenswert finde: Gerade in Zeiten digitaler Transformation sind die Chancen für frische Perspektiven gar nicht so schlecht. Bielefeld testet, kombiniert, probiert – vielleicht nicht immer glamourös, dafür aber ziemlich beharrlich. Und spätestens an Tagen, an denen mal wieder irgendein mythenschwangerer Außenreporter nach dem „wo gibt’s Bielefeld wirklich?“ fragt, kommt die Lust, ihm eine gut gebaute Lokalgeschichte um die Ohren zu hauen.
Was bleibt als Fazit? Wer Chefredakteur in Bielefeld werden will, sollte den Spagat zwischen journalistischer Handschrift, Führungsanspruch und – ja – gelegentlichem Lokalkolorit beherrschen. Routine gibt’s in diesem Beruf kaum, Überraschungen dafür umso mehr. Es ist ein Job für Neugierige, für Tüftler, für Menschen mit Ecken, Kanten und gelegentlich sprödem Humor. Ob man daran wächst? Meistens. Ob man dabei manchmal scheitert? Klar, wie alle guten Handwerker. Nur, dass hier die Werkzeuge aus Wörtern sind – und der Werkraum eine ganze Stadt.
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