Finanztip Verbraucherinformation GmbH | 80331 München
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Augsburg, irgendwo zwischen Historie und Aufbruch. Die Straßen surren zwischen Kopfsteinpflaster und Plakatwänden, daneben die Redaktionen: ein seltsam konkreter Kosmos. Wer über den Beruf des Chefredakteurs nachdenkt – und nein, ich fühle mich immer wieder ertappt, dass ich das zu luxuriös, fast schon überhöht sehe –, verliert sich rasch zwischen Selbstbild, Realität und den Schattierungen dazwischen. Für jene, die gerade am Einstieg kratzen oder von anderen Medienhäusern Richtung Fuggerstadt schielen: So leicht, wie es im Interview klingt, ist das nicht. Sagt zumindest mein Bauchgefühl, und der Hausverstand nickt.
Chefredakteur in Augsburg – klingt erstmal traditionsbewusst. Papier raschelt, Kaffee dampft, ein leiser Hauch von Deadline-Angst weht durch den Flur. Doch die Stadt ist mehr als ihr Klischee. Die mediale Landschaft definiert sich längst nicht nur durch die altehrwürdige Zeitung in Handnähe zum Rathaus. Da sind digitale Start-ups, etablierte Verlage mit Online-Ambitionen, und zwischendrin: die Herausforderung, Relevanz zu stiften. Um was geht es eigentlich? Genau dieser Spagat. Traditionsleser wollen ihre Heimat wiedererkennen – nur ist das heute ein globalisiertes Dorf. Regionaljournalismus ist kein altes Eisen, eher ein Chamäleon. Wer oben sitzt, also die redaktionelle Fäden zieht: Der jongliert – unweigerlich – mit TikTok-Videos, Leserseiten und hitzigen Kommentarspalten. Das ist manchmal ein wilder Ritt. Und mittendrin wartet der Anspruch, bei Themen wie KI, Nachhaltigkeit oder gesellschaftlichem Wandel nicht den Anschluss zu verlieren. Gelingt das immer? Wohl kaum. Aber wer will schon Perfektion im Minutentakt?
Ruhepol? Fehlanzeige. Wer Chefredakteur in Augsburg wird, bekommt einen Werkzeugkasten voll Verantwortung, dazu einen Spürhund für Nuancen. Jetzt mal ehrlich: Ein typischer Arbeitstag ist so vorhersehbar wie Aprilwetter. Redaktionskonferenzen, spontane Krisen, Debatten um Wortwahl (wird „Fridays for Future“ nun mit oder ohne Anführungszeichen geschrieben?), Personalführung – aber dazu die feine Klaviatur der Kommunikation mit Verlag, Leserschaft und lokalen Akteuren. Gerade in Augsburg, wo der Medienmarkt zwar eng, aber erstaunlich vielfältig ist, verlangt die Rolle mehr als bloße Blattmacherei. Sie ist Moderation, Motivation und manchmal Mediation in Personalunion. Man organisiert, inspiriert, kritisiert – und, ziemlich entscheidend: Man erklärt, warum eine Entscheidung auch dann hält, wenn sie auf Widerstand stößt. Das ist kein Machtspiel, sondern – wenn man ehrlich ist – oft genug ein Ringen um Glaubwürdigkeit.
Das große Geld lockt? Vorsicht Falle. In Augsburg bewegen sich die Gehälter für Chefredakteure je nach Medium und Verantwortungsspanne meist zwischen 4.200 € und 6.000 € – Ausreißer nach oben oder unten, klar, die gibt's. Wer glaubt, dass damit Luxusleben eingekauft wird, hat das Klischeebild zu lange betrachtet. Die Spanne ist groß, die Bandbreite an Arbeitszeit sowieso. Viele, die frisch einsteigen oder aufsteigen, erleben rasch: Das Salär wirkt länger attraktiv, wenn der Idealismus den Akku stützt. Aber auch hier – zugegeben – verschieben sich die Werte. Gerade, weil crossmediale Kompetenzen und Digital-Know-how in Augsburg zusehends wichtiger werden, ist der Verhandlungsspielraum oft flexibler als vermutet. Aber Preisschild und Arbeitslast – das bleibt ein Thema, über das man innerlich öfter nachdenkt, als man öffentlich zugeben mag.
Und jetzt? Ich merke, wie ich ins Grübeln komme. Augsburg ist nicht München, aber auch kein Kaff. Das mediale Biotop bietet jenen, die bereit sind, altgediente Strukturen aufzubrechen, überraschend viel Raum. Klar, der Wandel zur Digitalredaktion vollzieht sich nicht reibungslos. Aber wo, bitte, verläuft Wandel ohne Nebengeräusche? Wer neugierig ist, sich auf regionale Eigenheiten und digitale Dynamik lässt, der kann vom frischen Wind profitieren. Dabei hilft weniger die Hochschulnote als ein offenes Mindset und der Mut, auch gegen eingespielte Routinen anzuschreiben. Ich habe zu oft beobachtet, wie gerade Quereinsteiger mit ungewöhnlichen Perspektiven plötzlich Themen setzen konnten, an die jahrzehntelang niemand dachte. Augsburg mag traditionell wirken, aber unter der Oberfläche brodelt eine Medienlandschaft, die auf den nächsten mutigen Impuls wartet. Man muss ihn nur setzen – oder sich zumindest trauen, es zu versuchen.
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