Leica Microsystems | Langenhagen
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Leica Microsystems | 30159 Hannover
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Es gibt Städte, bei denen denkt man sofort an Chemie, Hochtechnologie oder endlose Reagenzglasbatterien. Und dann gibt es Bielefeld. Zugegeben: Nicht jeder würde den Teutoburger Wald spontan mit moderner Biotechnologie in Verbindung bringen. Aber das ist trügerisch. Wer sich als Berufseinsteiger:in oder Wechselwillige:r auf das Terrain wagt, spürt schnell: Hier hat der Spagat zwischen klassischem Mittelstand und wissenschaftsgetriebener High-End-Forschung durchaus seinen Reiz. Oder, sagen wir es so – Biotechnologie in Bielefeld ist ein überraschend dynamisches Biotop für Forscherköpfe und angewandte Tüftlerinnen gleichermaßen.
Egal, ob man als frische M.Sc.-Absolventin ins erste Labor geht oder mit ein paar Jahren Industrieerfahrung wechselt – der Arbeitsalltag in Bielefelder Biotech-Unternehmen hat sein eigenes Profil. Hier treffen ambitionierte Start-ups auf traditionsreiche Zulieferer für Pharmatechnik und Lebensmittelindustrie, ergänzt durch spezialisierte Forschungsgruppen an der Universität. Wer sich die Rollen genauer ansieht: Mikrobiologische Analysen, Fermentationssteuerung, Prozessentwicklung, GMP-Dokumentation – und dazu immer wieder das berühmte „über den Tellerrand blicken“. Klingt erstmal nach Standardrepertoire? Mag sein. Aber viel öfter als anderswo braucht es hier Multitasking-Talente: Der Bioreaktor spinnt mal wieder, aber die Deadline aus dem Projektmanagement naht; ausgerechnet am Pilzstamm fehlt das entscheidende Wachstumskontrollprotokoll. Ja, Routine gibt es auch, doch in Bielefeld habe ich eine pragmatische Hands-on-Mentalität erlebt, die gar nicht so typisch deutsch wirkt. Man experimentiert, prüft, verwirft – und grübelt auch mal nach Feierabend weiter.
Manchmal fragt man sich, ob die großen Schwerpunkte automatisch die passenden Talente anziehen. In Bielefeld mischt sich der Bedarf an breit ausgebildeten Generalisten mit der Nachfrage nach Spezialwissen – etwa in der Enzymtechnik, Bioprozessautomatisierung oder analytischen Chromatographie. Wer sich in molekularbiologischer Diagnostik oder der Wirkstoffprüfung zu Hause fühlt, findet in mehreren kleineren Unternehmen und Forschungseinrichtungen solide Einstiegschancen. Das Gehaltsniveau? Sagen wir: solide, aber nicht exzentrisch. Einstiegsgehälter bewegen sich meistens zwischen 2.800 € und 3.400 €; mit etwas Berufserfahrung oder seltener Expertise sind durchaus 3.400 € bis 4.100 € drin. Hand aufs Herz: Berlin lockt mit hipperem Image, München zahlt oft mehr – aber mir ist in Bielefeld der kollegiale Umgang, gepaart mit erstaunlich flachen Hierarchien, sympathisch aufgefallen. Es gibt weniger Geltungsdrang. Eher so eine stille Freude daran, wenn aus den Bioreaktoren tatsächlich mal das geplante Produkt sprudelt.
Wer in der Biotechnologie kein Interesse an permanenter Weiterentwicklung hat, wird – zumindest in Bielefeld – schnell ungeduldig beäugt. Permanente Umbrüche durch Automatisierung, neue Validierungsanforderungen und das Zusammenspiel mit angrenzenden IT-Feldern führen unvermeidlich dazu, dass „ausgelernt“ eine ziemlich kurzlebige Kategorie geworden ist. Ich habe hier erlebt, wie Leute nach Feierabend noch Bioinformatik-Fortbildungen aus Neugier besuchen – nicht, weil es erwartet wird, sondern weil man im Team spürt, dass die Biotechnologie längst keine rein experimentelle Wissenschaft mehr ist. Im Austausch mit universitären Arbeitsgruppen, Technikerschulen und Weiterbildungsträgern entsteht dabei eine Mischung aus Offenheit und Ehrgeiz – nicht selten sogar eine bewusst gepflegte Rivalität um das neueste Analyseverfahren.
Am Ende sitzt man dann nach Feierabend irgendwo zwischen Altstadt und OWD, diskutiert vielleicht noch die Frage, ob synbiotische Verfahren nun vielversprechender oder bloß Marketing sind – und stellt fest: Bielefelds Biotechnologie ist weder glamourös noch blutleer. Sie ist experimentell, mit gelegentlich rauen Ecken, aber immer engagiert, offen für Querdenker und Praktikerinnen. Vielleicht ist es genau das, was diese Region für Berufseinsteiger:innen und Wechselmutige so interessant macht: Nicht die Erwartung, dass alles schon perfekt ist, sondern das Selbstverständnis, Dinge weiterzuentwickeln – man könnte auch sagen: echte Biotoparbeit eben.
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