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Duales Studium – IU Internationale Hochschule | 99084 Erfurt
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Ob man als Bildredakteur da landet, wo man eigentlich mal hinwollte? Gute Frage. Vielleicht schleicht man sich eher hinein – über Praktika in Redaktionen, ein Kommunikationsstudium, den Drang, Bilder nicht nur zu sehen, sondern Geschichten zu erzählen. In Halle (Saale), mitten in Sachsen-Anhalt, treffen jedenfalls mehr Ambition und Handwerk aufeinander als die meisten glauben. Mir ist jedenfalls kein anderer Beruf begegnet, der so sehr zwischen Kontrollraum und künstlerischem Arrangement pendelt wie dieser – und gleichzeitig so unsichtbar für Außenstehende bleibt. Das klingt fast wieder zu pathetisch. Aber mal ehrlich: Wahrscheinlich sitzen irgendwo jetzt gerade drei Berufseinsteiger in Studentenwohnungen an der Saale, wälzen Archive und klicken sich durch Cloud-Datenbanken.
Der Alltag eines Bildredakteurs wirkt nach außen bisweilen wie eine Endlosschleife aus „Sichten, Prüfen, Entscheiden“ – tatsächlich aber steckt deutlich mehr dahinter. Es geht darum, Bildmaterial für Magazine, Verlage oder Onlinemedien zu recherchieren, einzukaufen, zu kuratieren. Hand aufs Herz: Die wenigsten wissen, wie viele Stunden über lizenzrechtlichen Details, Farbprofilen oder Metadaten vergehen, bevor ein Foto im Politikteil der Mitteldeutschen Zeitung oder einem Kulturmagazin landet. In Halle ist der Markt überschaubar, aber keineswegs provinziell. Verlage, Agenturen, Museen – das Spektrum ist regional breit. Die Kunsthochschule Burg Giebichenstein zieht nicht nur Kreative an, sondern bringt auch frischen Wind, neue Bildsprachen, studentische Projekte und mitunter unbequeme Perspektiven. Ich wage zu behaupten: Wer sich hier durchsetzt, weiß am Ende nicht nur, wie man Bilder auswählt, sondern wie man Diskurs steuert.
Schöne neue Pixelwelt? Nur auf den ersten Blick. Klar: Automatisierte Bilddatenbanken klopfen mächtig laut an die Tür, und die künstliche Intelligenz leistet inzwischen Erstaunliches beim Verschlagworten, Filtern oder sogar beim Generieren von Motiven. Doch die eigentliche Kunst des Bildredakteurs beginnt da, wo Algorithmen blank ziehen. Kontext ist nicht maschinenlernbar – zumindest noch nicht auf eine Weise, die ich als sorgenfrei bezeichnen würde. Was viele unterschätzen: Gerade lokale Themen, spezifische Bildwelten aus Halle – die Industrielandschaften, der Alltag auf dem Marktplatz, das Licht am Flussufer – verlangen ein tiefes Gespür für Authentizität und Nuancierung. Wer neu einsteigt, muss also doppelt liefern: Technikverstand und Erzählgespür. Das klingt nach Lehrbuch, ist aber die bittere Wahrheit. Frag nach bei den Bildredakteuren, die in Pandemiezeiten digitale Ausstellungen oder Homeoffice-Produktion managen mussten. Keiner würde behaupten, das liefe alles „reibungslos“.
Jetzt wäre ein nüchterner Blick auf die Zahlen angebracht. Ja, Bildredaktion ist kein monetäres Wunderwerk: In Halle bewegen sich die Einstiegsgehälter meist zwischen 2.600 € und 2.900 €. Mit wachsender Erfahrung, weiteren Qualifikationen oder fachspezifischen Schwerpunkten – zum Beispiel in Wissenschaftskommunikation, Kultur oder Crossmedia-Produktion – sind 3.000 € bis 3.600 € erreichbar. Wer freiberuflich geht, schwankt ohnehin zwischen Himmelfahrt und haarscharfer Existenzangst. Nicht zu unterschätzen: Das regionale Lohnniveau ist niedriger als in Berlin oder Frankfurt. Dafür aber bietet Halle mehr kreative Zwischentöne und weniger Ellenbogen-Kultur. Und: Die Stadt ist groß genug für Wettbewerbsdruck und klein genug, um langfristig eigene Bildsprachen zu prägen. Jemand sagte mir mal: „Hier kann man noch Rückgrat zeigen, ohne zu verbiegen.“ Ich finde, da ist was dran.
Stagnation ist kein Option – schon gar nicht im redaktionellen Bereich. Gerade für Einsteiger aus Halle ist es ratsam, über den Tellerrand zu schauen: Workshops an der Burg Giebichenstein, Fortbildungen zu digitalen Bildrechten oder Redaktionstreffen zu barrierefreier Bildsprache sind keine Zierde im Lebenslauf, sondern Notwendigkeit. Die Bildredaktion bleibt Beruf in Bewegung – durch gesellschaftliche Debatten (Stichwort: Diversität), technische Booms oder veränderte Sehgewohnheiten. Klar, es gibt Konkurrenz. Aber auch Nischen, experimentelle Magazine, Kulturprojekte, Museumseditionen. Wer hier mit Fantasie und Pragmatismus agiert (am besten beides!), kann sich eine unerwartet nachhaltige Nische schaffen. Oder man irrt, bleibt hängen, macht weiter. Es ist weniger ein klassischer Aufstieg als eine Sammlung von Momenten, die sich im Rückspiegel als Karriere entpuppen. Ja, manchmal fragt man sich: Hätte ich was anderes machen sollen? Aber dann sehe ich ein Bild im neuen Ausstellungskatalog – und weiß: Doch, das war genau richtig.
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