ZEISS | 07743 Jena
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Duales Studium – IU Internationale Hochschule | 99084 Erfurt
Allianz Versicherungs-AG | 99986 Niederdorla
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Wer morgens durch Erfurts Altstadt schlendert, den schleichenden Lieferverkehr und die Laternen, die noch mattglühen, bemerkt, käme erst mal nicht auf die Idee, dass mitten im Herzen von Thüringen ein Berufsbild tickt, das so gar nicht nach Lokalkolorit klingt: Bildredakteur. Klingt nach Großstadt, Leuchtreklamen, Agenturbetrieb. Ist es manchmal auch – und doch: Gerade hier, zwischen Dom und Egapark, entwickelt sich eine Form der Bildkuration, die alles andere als provinziell ist. Und das sage ich nicht, weil ich Lokalpatriot wäre. Eher, weil ich an die Kraft des spezifisch Regionalen in globalen Medienströmen glaube.
Zuerst mal das naheliegende Missverständnis ausräumen: Bilder auswählen, ja klar. Aber Bildredaktion ist kein veredeltes Scrollen im Fotoarchiv und auch kein nettes „Such mal was Schönes raus“. Wer solche Vorstellungen hegt, unterschätzt die Wucht des Jobs. Bildredakteure jonglieren Rechte, Kalkulationen, Themenideen – und, was viele unterschätzen: ethische Fallstricke auf Schritt und Tritt. Was darf gezeigt werden, wann wird’s voyeuristisch, wie gewichtet man Authentizität gegen Wirksamkeit? Gerade in einer regionalen Presselandschaft wie der in und um Erfurt, mit ihren eigenwilligen Leserschaften und pointierten Meinungen, gleicht das manchmal einem Tanz auf rohen Eiern.
Mal ehrlich: Wenn man in Hamburg sitzt und Symbolbilder für Nachrichten auswählt, bleibt die Distanz zur Szene fast institutionell. In Erfurt sieht das anders aus. Die Verschmelzung von Lokalinteresse, thüringischer Direktheit und einer lebendigen Kreativszene sorgt für ganz eigene Herausforderungen. Bildredakteure in regionalen Redaktionen, in Agenturen oder in städtischen Kulturprojekten jonglieren mit Genres. Mal ist es die Chronik, mal das Porträt einer Handwerkerin, manchmal eine Fotostrecke zum Unstrut-Hochwasser – und jedes Mal die Frage: Trifft das den Ton der Leserschaft? Ist der Look tradiert oder frisch? Und wie viel Mut zur Eigenwilligkeit darf – oder muss? – ein Redakteur in Erfurt überhaupt zeigen?
Es ist verblüffend: Selbst in der vermeintlichen „Medienprovinz“ Erfurt haben digitale Trends längst ihre Spuren hinterlassen. Automatisierte Bildauswahl per Künstlicher Intelligenz, Metadaten-Tagging, Workflow-Tools – das ist Alltag. Und nein, das macht den Job nicht überflüssig. Es verschiebt bloß die Prioritäten. Heute muss man Bildrechte, Verschlagwortung, Komprimierung und Weboptimierung beherrschen – und natürlich schneller reagieren als der Algorithmus. Manchmal frage ich mich, wie viel von diesem Beruf eigentlich noch klassisch-handwerklich ist. Viel zu oft wird der technologische Wandel belächelt – dabei fordert er eigentlich mehr Neugier und Beweglichkeit als früher.
Realitätscheck: Bildredakteur in Erfurt zu sein, bedeutet nicht, zu baden im Überfluss. Die Einstiegsgehälter? Sie bewegen sich – aktuell – oft im Bereich zwischen 2.400 € und 2.900 €. Wer Erfahrung und ein Gespür für regionale Stoffe mitbringt, kann sich in Richtung 3.100 € bis 3.600 € hocharbeiten. Die Bandbreite ist enorm, das soziale Netz enger geknüpft als in mancher Medien-Metropole. Glauben Sie mir: Hier zählt noch ein Handschlag und der Sinn für Zwischentöne. Wer allerdings stur am Schreibtisch hockt, ohne die Stadt je mit dem Reporterblick zu durchqueren (und sei es nachts, wenn die Straßen leer sind), wird es schwer haben, sich Respekt zu verschaffen. Was viele unterschätzen: Gerade das kleine, mitunter störrische Erfurt verlangt nach Multitalenten und anfassbarem Engagement.
Und jetzt? Tja, am wenigsten genügen Standard-Seminare oder der Ausbau von Software-Kenntnissen, um am Ball zu bleiben. Der beste Schutz vor dem eigenen Stillstand? Ganz simpel: Mit offenen Augen durch die Stadt gehen, ungewöhnliche Blickwinkel wagen – und regelmäßig das Gespräch suchen mit Fotografen, Reportern, Grafikern, Illustratorinnen und sogar Archivaren im Stadtmuseum. Die besten Geschichten (und oft auch die besten Bilder) finden sich selten im Datenarchiv, sondern an der nächsten Ecke, im Gespräch mit Menschen, deren Stimmen im Medienmainstream leicht untergehen. Bildredakteur in Erfurt zu sein, das verlangt Neugier, Professionalität – und bisweilen genügend Unerschrockenheit, um auch mal eigene Wege zu gehen, jenseits vom Mainstream. Wer das mag, wird Erfurt und diesen Beruf nicht mehr so schnell loslassen. Aber ehrlich: Wer will das schon?
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