ReWa Mobile GmbH | 04435 Schkeuditz
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Wer sich fragt, warum Fahrräder und E-Bikes in Erfurt zum Straßenbild gehören wie die Krämerbrücke zum Postkartenmotiv, dem empfehle ich einen kurzen Blick in die Werkstätten am Domplatz oder in der Magdeburger Allee. Zwischen höhnisch quietschenden Bremsen, staubigen Federgabeln und E-Antrieben, die manchmal mehr Softwareproblem als Motorschaden sind, entsteht eine Welt, die für viele Leute im Blaumann Heimat und Handwerk zugleich ist. Das Berufsfeld „Zweiradmechaniker“ – oder, offiziell mittlerweile: „Zweiradmechatroniker“ – steht in der thüringischen Landeshauptstadt jedenfalls keineswegs im Schatten der Automobilindustrie. Im Gegenteil: Wer mit offenen Augen gependelt ist, merkt schnell, dass Wartung, Reparatur und Tuning von Rädern weiter an Bedeutung gewinnen. Ja, und warum? Weil sich das Mobilitätsverhalten in Erfurt nun mal merklich wandelt: mehr Fahrräder, mehr Lastenräder, mehr E-Mobilität auch jenseits klassischer Berufsradler-Kreise.
Eine Sache vorneweg: Wer glaubt, in Erfurt hantiere man als Zweiradmechaniker nur mit Flickzeug, hat den Schuss nicht gehört. Klar, klassische Mechanik ist die Basis – wer keinen Platten vernünftig geflickt, keine Schalthebel sauber eingestellt oder keine einfache Lichtanlage verkabelt hat, wird wenig Freude haben. Aber die E-Bike-Welle und der Trend zu immer raffinierteren Fahrradkomponenten fordern mittlerweile mehr Fingerspitzengefühl für Elektronik als für Nostalgie. An manchen Tagen ähnelt die Werkstatt eher einer kleinen IT-Abteilung auf Rädern: Fehlercodes lesen, Akkus prüfen, Software-Updates im Bordcomputer installieren. Elektrik, Hydraulik, Sensorik reihen sich ein wie die Gänge am alten Alfine-Nabe. Gelernt wird vor allem an der Praxis – mit jeder ölverschmierten Hand wächst die Routine. Und, ganz ehrlich: Es gibt Dinge, die kann man nicht aus dem Lehrbuch schrauben.
Ganz nüchtern: Das Gehaltslevel als Zweiradmechaniker in Erfurt liegt oft zwischen 2.300 € und 2.700 € für Berufseinsteiger – je nach Qualifikation, Betrieb und Saison. Richtig gelesen: Saison, denn im März und April kann man sich vor Kundschaft kaum retten, während im November das Telefon auch mal schweigt. Wer sein Handwerk versteht, Zusatzqualifikationen etwa im E-Bike-Service oder in der Fahrwerkstechnik vorweisen kann, der kratzt je nach Betrieb auch mal an der 3.000 €-Marke. Allerdings – viele Löhne sind im Vergleich zu direkt angrenzenden Branchen noch Luft nach oben, da muss man kein Prophet sein. Berufseinsteiger und wechselfreudige Fachkräfte wissen das: Leidenschaft kompensiert nicht jede Lücke im Lohnzettel. Und wer noch glaubt, das Werkstattklima bestehe nur aus kernigen Sprüchen und öligem Kaffee – trifft auch mal auf Betriebe, die Wert auf Weiterbildung, digitale Werkstattprozesse und gesundes Betriebsklima legen. Nicht nur in den hippen Neugründungen.
Manche sagen ja, das Erfurter Pflaster sei besonders dynamisch. Ich glaube, da ist was dran. Der typische Fahrradhändler in Erfurt repariert heute nicht nur, sondern muss erklären, beraten und manchmal auch Technikvermittler spielen. Während sich die einen vor Anfragen nach E-Lastenrad-Reparatur kaum retten können, experimentieren andere gezielt mit nachhaltigen Mobilitätskonzepten. Die Stadt fördert das Rad: neue Radwege, Förderprogramme, Ladeinfrastruktur. Kein Wunder, dass Fachkräfte mit Gespür für moderne Verkehrslösungen stärker gefragt sind als noch vor fünf Jahren. Was viele unterschätzen: Der direkte Draht zum Kunden, das Feingefühl für die Bedürfnisse der unterschiedlichsten Zielgruppen – und der Stolz, wenn ein altes Hollandrad oder ein Hightech-E-Bike nach der Reparatur aus der Werkstatt rollt. In Erfurt steckt eben nicht nur Geschichte, sondern Bewegung.
Manchmal – so nach dem dritten verbauten Motor an einem Frühlingstag oder wenn ein Dankeschön im Laden zu hören ist – stellt sich doch die Frage: Wo führt das alles hin? Mehr Technik, mehr Verantwortung, sicherlich auch mehr Stress. Aber auch mehr Gestaltungsspielraum. Wer in Erfurt heute Zweiradmechaniker ist, arbeitet längst an den Schnittstellen zwischen alter Handwerkstradition und neuer Mobilitätskultur. Ob diese Entwicklung immer bequem ist? Mit Sicherheit nicht. Aber das war Handwerk, wenn ich ehrlich bin, sowieso noch nie. Spannender war’s selten.
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