Beiersdorf AG | 20095 Hamburg
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Beiersdorf AG | 20095 Hamburg
Kosmetik. Körperpflege. Menschen, die mit großen Augen durch Regale gleiten, berauscht vom Duft neuer Cremes – und mittendrin wir: Verkäuferinnen, Berater, manchmal Beichtväter für Hautprobleme und Lebenskrisen. Vorweg: Wer immer noch glaubt, im Drogeriemarkt oder in der Beauty-Abteilung läuft es nach Schema F ab, sollte einmal einen Samstagvormittag in der Kieler Innenstadt erleben – zwischen salziger Ostseeluft und der etwas ruppigen, pragmatischen Kundschaft des Nordens. Da wird schnell klar: Der Job, um den es hier geht, hat mehr Facetten als ein Schminkspiegel.
Beginnen wir bei den Anforderungen, die einem gern mal unter der Haut kleben bleiben wie Foundation an schwülen Tagen. Was man mitbringen sollte? Ein gutes Ohr. Und nein – nicht weil Musik läuft. Fragen zu Verträglichkeiten, Inhaltsstoffen, veganen Alternativen prasseln auf einen nieder, und oft artet das Gespräch aus: „Welche Creme hilft gegen Rötungen, aber duftet trotzdem nach Urlaub?“ Da steht man als Neuling erst mal wie der sprichwörtliche Ochs vorm Tor. Offen gesagt: Begriffe wie Niacinamid oder Hyaluronsäure sollten einem irgendwann so selbstverständlich über die Lippen kommen wie „Moin“. Noch wichtiger – ein echter Draht zu Menschen. In Kiel, das ist nun einmal Küstenrealität, kommt nicht jeder als Stammkunde durch die Tür. Es gibt viele, die sich erst einmal mustern, reserviert sind. Wer hier freundlich, aber nicht anbiedernd bleibt, punktet.
Wirtschaftlich betrachtet ist Kiel gewissermaßen ein Marktplatz im Wandel. Ja, klassische Parfümerien gibt es noch, Drogeriefilialen sowieso – aber immer häufiger tauchen kleine Boutiquen auf, die Naturkosmetik aus lokalen Werkstätten führen. Manchmal kommt es mir sogar so vor, als ginge ein Riss durch die Branche: Auf der einen Seite standardisierte Ketten mit festen Abläufen, auf der anderen Seite Läden, bei denen ein Beratungsgespräch fast schon einer Mini-Weiterbildung gleicht. Und dann die Digitalisierung: Gelegentlich landet der Kunde zur „Click & Collect“-Abholung im Laden, zückt sein Smartphone, und stellt nebenbei Fragen wie: „Ist dieser Kram wirklich tierversuchsfrei – oder steht das nur online?“ Tja, und dann darf man jonglieren: Persönliche Beratung plus Digitalwissen, alles im festen Takt.
Der Verdienst reicht – das sage ich gleich – von soliden 2.250 € im Einstiegsbereich bis zu etwa 2.900 €, je nach Erfahrung, Standort, Tarif und Zusatzqualifikationen. Kommt nicht jeder mit aus. Viele Kolleginnen machen Überstunden, springen für Krankmeldungen ein, beraten dabei manchmal emotional erschöpfte Kundinnen – aber auch für solche Extras wie „Schminkberatung“ oder Wellnessaktionen gibt es, ehrlich gesagt, selten einen Extra-Bonus. Wer glaubt, das alles ließe sich leicht mit dem Familienleben vereinbaren, irrt; Samstagsarbeit und saisonale Stoßzeiten (Weihnachten! Muttertag! Kieler Woche!) sind Pflichttermine. Trotzdem: Es kommt vor, dass eine Kundin, die verzagt reinkam, mit strahlendem Gesicht hinausgeht – und man dann (obwohl die Füße brennen) spürt: Doch, für diese Momente macht man es.
Manchmal frage ich mich, ob das Berufsbild noch unterschätzt wird. Ich sehe viele junge Leute, die sich anfangs bloß mit dem Gedanken beschäftigen, weil sie Kosmetik „cool“ finden – bis sie merken: Es geht nicht nur um Tuben und Tiegel. Es geht um Empathie, Geduld, ein gewisses Durchhaltevermögen. Wer wechseln möchte – etwa aus dem Service, Einzelhandel oder Tourismus – findet einige Überschneidungen: Kommunikationsstärke, Belastbarkeit, Flexibilität. Aber es gibt auch Stolpersteine: Produktkenntnis fällt nicht vom Himmel, Allergie- und Tierschutzthemen führen regelmäßig zu hitzigen Diskussionen – und die Position zwischen Kundenerwartung und betrieblichem Spardruck zieht sich wie ein roter Faden durch den Alltag.
Was also tun? Wer länger am Ball bleibt, merkt: Der Beruf ist im Umbruch. Die Zahl an Weiterbildungen wächst, vom Hautpflegeberater bis zur Visagistin. Einige Drogeriemärkte setzen sogar auf digitale Schulungen, andere wiederum holen sich Trainer für Duft- und Verkaufskompetenz ins Haus. Kleine Läden nutzen Social Media, posten Live-Beratungen, und irgendwie nimmt die Mischung ihren ganz eigenen Lauf. Für mich bleibt das Wichtigste: Offenheit – nicht nur für neue Produkte oder Kundentypen, sondern auch für das, was Kiel speziell macht. Draußen weht oft Wind. Drinnen schwappt die Stimmung zwischen Hektik und hanseatischer Gelassenheit. Und manchmal, ganz selten, vergisst man dabei glatt, dass man gerade eigentlich „nur“ verkauft. Ist das nicht wunderbar schräg?
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