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Wer je barfuß über einen frisch verlegten Trockenestrich gelaufen ist – ja, die meisten versuchen es irgendwann –, der weiß: Trockenbau ist nichts für Träumer. Es sind die schnellen, aber keineswegs leichtfertigen Eingriffe ins Skelett von Wohnungen, Büros, Hotels. Gipskartonplatten statt massiver Wände. Konstruktion, Präzision, dann Staub, noch mehr Staub – und am Ende? Ein völlig neuer Raum. Doch was bedeutet es genau, als Trockenbaumonteur:in im hessischen Wiesbaden den Alltag zu verbringen? Wer sich das fragt, sei gewarnt: Ganz so schnörkellos, wie der Beruf vielleicht klingt, ist die Sache nämlich nicht.
Wiesbaden wirkt auf den ersten Blick saturiert; schmucke Gründerzeithäuser, manchmal ein Hauch von Kurhaus-Nostalgie. Die Baustellen erfordern Fingerspitzengefühl, denn oft steht man mitten im Spagat: ein denkmalgeschütztes Altbaujuwel, das Lärmschutz oder Brandschutz nach neuester Norm verlangt – und daneben ein hochmodernes Wohnquartier, in dem flexible Trockenbauwände in Nullkommanichts Räume strukturieren sollen. In beiden Fällen gilt: Der Trockenbauer ist oft erster am Bau und – warum auch immer – gefühlt letzter, der das Licht ausknipst.
Das Berufsbild klingt zunächst nach Handwerk von der Stange. Schrauben, bohren, messen, dämmen. Doch schon nach drei Wochen auf der Baustelle merkt man: Trockenbau ist wie Schach. Mit besserem Werkzeug, klar, aber genauso viel Voraussicht. Jede Platte, die nicht exakt sitzt, ist irgendwann eine Stolperfalle fürs Gewerk nebenan. Es sind eben diese Kleinigkeiten, die den Unterschied machen – Millimeterarbeit mit Latte, Wasserwaage, dann stimmt’s oder man hört’s ewig klappern. Wer meint, eine Trockenbauwand sei schnell gezogen, sollte einmal versuchen, in einem Altbau Maurerwerk, Balkendecken und verwinkelte Bögen auf eine Linie zu bringen. Immer eine Nummer zu groß, immer Handarbeit.
Wer vor 15 Jahren begonnen hat, weiß: Da gab’s Handzeichnung, vielleicht mal eine Polaroid für die Dokumentation. Heute? Sind digitale Aufmaßsysteme Standard. Gebäudescanner, 3D-Planung, digitale Bautagebücher. In Wiesbaden merkt man verstärkt, dass die großen Generalunternehmer auf BIM (Building Information Modeling) setzen. Wer da vorne mitspielen will, braucht nicht nur geschickte Hände, sondern auch ein Smartphone, das am Ende des Arbeitstags nicht in Gipsstaub getunkt wurde. Das Wissen, wie man Profile zuschneidet, reicht eben nicht, wenn die Plandaten digital reinkommen und das nächste Aufmaß schon im Tablet wartet.
Kommen wir zum schnöden Mammon. Viel zu oft ein Tabuthema, aber hier braucht es keine rosa Brille: Wer als Einsteiger:in in Wiesbaden startet, landet meist irgendwo bei 2.400 € bis 2.800 €. Wer Erfahrung mit Speziallösungen, Akustikdecken oder großvolumigen Projekten mitbringt, und vielleicht noch den Ausbau- und Trockenbauer-Meistertitel in der Tasche hat, kann durchaus 3.000 € bis 3.600 € verlangen – Punkt. Klingt ordentlich, aber: Die regionale Bautätigkeit schwankt, Materialpreise sind ein Lottospiel, Termindruck ist Dauerzustand. Klar, der Fachkräftemangel spielt in die Karten, aber niemand kann sich sicher sein, dass die Welle ewig trägt. Und trotzdem – oder gerade deshalb – setzen viele auf Weiterbildung: Trockenbau braucht heute Teamplayer, die mitdenken, Verantwortung übernehmen oder irgendwann in die Bauleitung reinwachsen. Wer es wagt, wächst an den Baustellen.
Sich heutzutage in Wiesbaden als Trockenbaumonteur:in aufzustellen, ist ein bisschen wie ein gutes Mauerprofil zu setzen: Es braucht Standvermögen, Lust auf Veränderung und einen gewissen Gleichmut für die Unwägbarkeiten dazwischen. Ein Beruf mit Ecken, mit Schnitten, durchaus mit Rückenschmerzen – aber auch mit Momenten, in denen man sieht, was eigene Hände schaffen können. Manchmal, wenn die Wand dann steht und der Architekt lobt, weiß man: Genau hier ist mein Platz. Oder doch nicht? Vielleicht – aber das kann man halt immer erst nach der nächsten Baustelle sagen.
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