Textillaborant Jobs und Stellenangebote in Rostock
Beruf Textillaborant in Rostock
Zwischen Faser und Fakten: Ein ehrlicher Blick auf den Textillaboranten in Rostock
Wie oft spricht man mit Freunden über seinen Beruf und merkt: Aha, Textillaborant – da zucken die meisten mit den Schultern. Irgendwas mit weißen Kitteln, Reagenzgläsern und Stoffmusterchen? Klingt erst mal unscheinbar, vielleicht ein bisschen angestaubt. Aber wer hier in Rostock einsteigt oder überlegt, von einem anderen Job umzuschwenken, merkt ziemlich schnell, dass hinter dem Berufsbild eine Menge mehr steckt – und dass es alles andere als eine Nische für Staubwischer ist.
Textil – das bedeutet nicht nur „Jeansstoff“ oder „Gardine“. Hier oben an der Ostsee, zwischen marodem Plattenbau und makellosem Unicampus, entwickelt sich seit Jahren eine eigene Textilkompetenz. Forschende Institute, kleinere Produktionsbetriebe und auch die großen Player haben kapiert: Wer Innovation will, braucht die Leute, die ganz genau nachmessen. Die Faserstärke. Die Reißfestigkeit. Die Materialzusammensetzung. Was viele unterschätzen: Ohne den prüfenden Blick im Labor hat kein Trikot, keine medizinische Kompresse und schon gar kein Segeltuch aus der lokalen Bootsindustrie eine Chance, eine Zertifizierung zu bekommen. Und dass ausgerechnet Rostock – eine Stadt, die in den 1990er Jahren fast alle Textiljobs verloren hatte – heute wieder bei technischen Geweben eine tragende Rolle spielt, hätte ich auch nicht vermutet. Ganz ehrlich.
Was passiert da also konkret täglich im Labor? Man prüft, misst, wägt ab und dokumentiert beinahe pingeliger als ein Museumsrestaurator. Nein, langweilig wird’s selten. Neue Materialien, immer komplexere Anforderungen aus der Industrie, dazu die strammer werdenden Nachhaltigkeitsvorgaben von EU & Co. – viel Spielraum für Routineaufgaben bleibt da nicht. Je nachdem, wo man landet – klassischer Betrieb, Prüfgesellschaft oder forschungsnaher Akteur –, können die Aufgaben von der Mikroskopie über Farbmetrik bis hin zu Versuchsreihen zu Waschbeständigkeit reichen. Bei mir sind’s manchmal textile Autositze, dann wieder Medizintücher für die Kliniken vor Ort. Und wer denkt, das ist alles Laborromantik: Die wenigsten erzählen davon, dass man nach stundenlangen Prüfserien durchaus mürbe werden kann. Oder dass man regelmäßig im Kopf umrechnen muss, wie diese oder jene Norm jetzt schon wieder angepasst wurde.
Die Verdienstfrage? Kommt regelmäßig auf – und zurecht. Wer nach Rostock zieht und auf die Gehaltstabelle schielt, sieht Werte irgendwo zwischen 2.600 € und 3.200 €, je nach Erfahrung und Betrieb. Nicht sensationell, aber auch kein Abstiegsmodell. Die Tarifbindung ist solide, viele Betriebe gehen sogar in Richtung 3.300 € bis 3.500 € bei entsprechender Qualifikation. Das ist für Mecklenburg-Vorpommern gar nicht so übel, auch wenn der Vergleich zu westdeutschen Standorten an manchen Tagen zwickt. Aber – kleine Notiz am Rande – das Preisniveau der Stadt ist zwar gestiegen, bleibt aber unterhalb der meisten Großstädte, sofern man kein Penthouse vor dem Hafen braucht.
Noch ein Punkt, der oft untergeht: Weiterbildung. Wer denkt, der Textillaborant sei ein aussterbender Beruf wie die Bleisatzdrucker von früher, liegt falsch. In Rostock sind in letzter Zeit einige Institute und Bildungsträger entstanden, die speziell für Textilprüftechnik, Textilchemie oder technische Textilien Kurse fahren – und zwar nicht bloß für Azubis. Wer als Quereinsteiger oder erfahrener Kollege dazugelernt hat, kann sich rasch als Nadelöhr in der Qualitätssicherung der maritimen Industrie etablieren. Womit wir wieder beim Reiz des Berufs wären: Viel Tradition, Eigenverantwortung im Alltag und – das gibt’s selten – die Möglichkeit, an neuen Entwicklungen mitzuschneiden, ehe sie in der breiten Masse ankommen.
Natürlich bleibt manches fordernd. Die Erwartungen an Präzision steigen jährlich, manchmal fühlt man sich im Konkurrenzkampf mit automatisierten Prüfsystemen, die allzu große Versprechungen machen. Aber solange Innovationen wie abbaubare Textilfasern, funktionalisierte Gewebe für die Medizintechnik oder technische Lösungen für den Seeverkehr vor Ort gebraucht werden – wird auch der Mensch im Labor gebraucht. Zumindest ist das mein Gefühl. Wer also Lust hat auf einen Beruf, der im Schatten steht, aber das Licht der regionalen Wirtschaft trägt, der sollte nicht zögern: Im Textillabor von Rostock geht’s nicht um Wattestäbchen – hier geht’s um Substanz.