Varius Werkstätten Lebenshilfe Rhein-Kreis Neuss gGmbH | 41569 Rommerskirchen
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Wer sich für den Beruf des Textildruckers entscheidet, stolpert früher oder später über Leverkusen. Die Stadt – sonst eher bekannt für Bayer, Bundesliga-Fußball und Industriecharme – ist in Sachen Textilveredelung fast so etwas wie ein unterschätztes Biotop. Dass sich hier Technikbegeisterung, Handwerkskönnen und ein gewisses Maß an Kreativität wie auf einer alten Tupfschürze mischen, spürt man schnell. Was viele nicht wissen: Zwischen spröden Industrieanlagen und dem Glanz der Großbetriebe existiert eine kleine, feine Textildruckszene, die sich in den letzten Jahren erstaunlich wandelbar gezeigt hat – und das, trotz Digitalisierung, Fachkräftemangel und dem üblichen Spardruck.
Manche, die neu einsteigen, erwarten eintöniges Durchschieben von T-Shirts auf Paletten. Schnell merkt man: Ganz so simples Stempelspiel ist es nicht. Sei es im kleinen Familienbetrieb in Opladen oder bei einem der größeren Textildienstleister im Chempark – die Arbeitsplätze sind über die Jahre hoch technisiert. Zwar riecht es manchmal noch nach Lösungsmitteln oder Emulsionen, aber daneben surren Digitaldrucker, Laservorstufen und automatisierte Trocknungsanlagen, als wäre man in einer Start-up-Werkstatt. Es ist diese Mischung aus klassischem Siebdruck und neuen digitalen Verfahren, die dem Beruf in Leverkusen eine eigentümliche Dynamik verleiht. Und irgendwo zwischen Pantone-Fächern, RIP-Software und „Achtung, heiß!“ beginnt der echte Arbeitsalltag.
Früher war vieles tatsächlich händischer – nicht unbedingt besser, aber anstrengender. Heute fragt man sich, spätestens beim dritten Farbprofilabgleich: Ist das alles noch Handwerk? Bleibt überhaupt noch Platz für Handgefühl und Erfahrung, wenn der Plotter nahezu lautlos Schablonen schneidet? Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits wächst der Anspruch: Farben müssen stimmen, Übergänge fließen, Qualität muss messbar sein. Andererseits bieten sich Chancen, quer einzusteigen und mit technischem Grundverständnis schnell produktiv zu werden. Man muss nicht alles von der Pike auf können – aber wissen, wann man nachfragt. Wer meint, nach der dritten Woche alles im Griff zu haben: Irrtum. Die kleinen Fehler lauern zwischen Farbviskosität und Belichtungszeit. Und am schlimmsten: die Unterbrechung bei Stückzahlen über 500, wenn plötzlich der Abzug nicht hält – das ist keine Katastrophe, aber es prüft die Nerven.
Was verdient man denn nun? Schwierig, absolute Beträge zu nennen, ohne dem nächsten Stammtischargument in die Hände zu spielen, aber so viel: In Leverkusen starten Berufseinsteiger meist mit etwa 2.300 € bis 2.800 €. Für erfahrene Kräfte oder Schichtarbeiter, die sich nicht zu schade für Überstunden sind, klettern die Einkommen teils auf 3.200 € oder etwas darüber. Klingt solide – solange man nicht nach München schielt oder teure Designerträume pflegt. Dafür ist die Arbeitsmarktlage bemerkenswert robust. Wer flexibel bleibt (Stichwort: Bereitschaft für Sonderproduktionen oder kurzfristiges Umdisponieren), kann sich mit etwas Glück über saisonale Spitzen hinaus eine stabile Anstellung sichern. Aber: Die Branche verlangt Anpassungsfähigkeit – Wer routiniert in den Tag stolpert und Neuerungen umgeht, wird im Schatten der Digitaldruckmaschine schnell alt aussehen.
Weiterbildungen? Ja, die gibt es – und zwar nicht nur im Rahmen klassischer Lehrgänge. Lehrmeister von gestern tüfteln heute mit den Azubis an Meshfeinheiten, experimentieren mit nachhaltigen Tinten und kämpfen, mal mehr, mal weniger erfolgreich, gegen den Schicht-Kaffee-Blues. Wer sich spezialisieren will – etwa im Textildesign, im nachhaltigen Druck oder Prozessmanagement –, dem stehen in Leverkusen erstaunlich viele Türen offen. Die Nähe zur Chemieindustrie hat Auswirkungen: Wer heute die technischen Abläufe im Blick hat, kann morgen in Entwicklung oder Qualitätskontrolle landen. Es ist beileibe kein Job ohne Herausforderungen. Aber auch keiner, der bei Routine erstickt. Zwischen chemischer Präzision, Tastsinn und Software-Updates bleibt immer dieses eigentümliche Gefühl: Man druckt keine Raketen – aber eben auch nicht bloß bunte T-Shirts. Und manchmal, wenn alles zusammenpasst und am Schluss das Ergebnis stimmt, weiß man genau, warum man hier gelandet ist.
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