Varius Werkstätten Lebenshilfe Rhein-Kreis Neuss gGmbH | 41569 Rommerskirchen
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Manchmal frage ich mich, ob Krefeld nicht längst ein wenig unterschätzt wird. Wer an Textilien denkt, denkt vielleicht an portugiesische Küsten, oder an asiatische Metropolen voller schimmernder Stoffballen. Aber kaum jemand an die Stadt am linken Niederrhein, in der die Tradition des Textildrucks – und damit meine ich nicht den reinen Broterwerb, sondern fast schon eine Art Handwerkskunst – über zwei Jahrhunderte immer wieder auf neue Weise zum Leben erwacht. Der Beruf des Textildruckers wirkt da fast wie ein Bindeglied: zwischen alt und neu, Technik und Handwerk, Stillstand und Innovation. Und weil ich selbst schon erlebt habe, wie rasch aus einem Job ein Beruf wird, bei dem Herz und Hand auf ganz eigene Weise zusammenspielen, hier meine sehr persönliche Bestandsaufnahme für alle, die überlegen, in Krefeld einzusteigen – oder weiterzumachen, aber anders.
Fangen wir nicht bei den Maschinen an, sondern bei dem, was im Kopf passiert: Der Textildrucker in Krefeld hantiert zwar mit modernem Equipment – Digitaldruck, Rakel, Schablone, Automatisierung wohin man schaut. Aber da reicht technisches Know-how eben nicht. Stoffe fühlen, Fehler riechen, manchmal sogar hören, wie ein Druck „sitzt“ – das ist kein Werbegesülze. Wer einmal das feine Zittern in der Luft gespürt hat, wenn Kilometerware auf den zweiten Laserdruck läuft und ein unmerklicher Versatz droht, weiß: Der Teufel sitzt im Detail. Manche sagen, das werde durch die neuen Drucksysteme alles leichter. Vielleicht stimmt das, vielleicht aber geht auch was verloren.
Und was verdient man da nun eigentlich? Es kursieren genug Zahlenspiele, aber nach meinen eigenen Gesprächen und all den offiziellen wie halboffiziellen Zahlen bewegt sich der Lohn als Einsteiger in Krefeld meist zwischen 2.500 € und 2.900 € – mit der Aussicht, bei Erfahrung, Schichtzulagen oder gelegentlichen Projektaufträgen auch mal die 3.200 € zu überschreiten. Klingt ordentlich? Sagen wir: solide. Aber auch fordernd, zumal die Produktionsdichte hoch und der Termindruck allgegenwärtig ist. Krefelder Textildruckereien bekommen eben nicht mehr die Aufträge von Weltkonzernen im Dutzend, sondern kämpfen in Nischen – direkt, schnell, flexibel. Viele kleine und mittlere Betriebe, wenig Puffer. Das sorgt für lebendige Teams und einen engen Draht zum Chef, aber auch für dünnere Nerven in heißen Wochen.
Man kommt in Krefeld (eigentlich nirgendwo mehr) um das Thema Digitalisierung nicht herum. Böse Zungen behaupten, in den Hallen von Linn, Fischeln oder Uerdingen riecht es noch nach den Farben von 1978. Stimmt vielleicht für die Gänge, aber nicht für die Produktionshallen selbst. Dort stehen Maschinen, mit denen kaum einer vor fünf Jahren gerechnet hätte. Wer ein Faible für neue Software und den Mut zu kleinteiliger Justierung hat, kann ganz neue Rollen im Betrieb übernehmen. Wer dagegen dem klassischen Siebdruck ohne LED-Kreuzlaser und QR-basiertes Chargenmanagement nachtrauert, dürfte sich dagegen gelegentlich fragen, ob es nicht doch ein Fehler war, in Krefeld zu bleiben. Die Wahrheit: Wer sich weiterbildet, bleibt gefragt. Auch, weil die Schnittstelle zwischen Hand und Maschine immer diffiziler wird. Was viele unterschätzen: Der echte Mehrwert entsteht oft erst dann, wenn digitale Prozesse ausgebremst werden – zum Beispiel, um einen Kopierfehler mit Hand auszubügeln, nicht mit Systemmeldung.
Ein Wort noch zu dem, was kaum einer in Statistiken liest: Loyalität und Leidenschaft. Krefeld ist, trotz aller Veränderungen, noch heute ein Ort, an dem sich Textilbetriebe gern mal gegenseitig aushelfen. In mancher Kantine sitzen Drucker der Konkurrenz, schenken sich einen Kaffee aus – weil fast jeder schon mal im anderen Betrieb war oder jemanden kennt, der es war. Das sorgt für eine Form von Gemeinschaft, die zwar altmodisch wirkt, aber gerade jungen Leuten einen Einstieg verschafft, der anderswo nicht selbstverständlich ist. Zugegeben: Der Sprung ins Wasser bleibt kalt. Und wer nur Dienst nach Vorschrift will, findet auch im Jahr 2024 sicher weichere Jobs. Aber wer Herz für Stoff, Farbe und Maschinen hat – und sich nicht scheut, ständig Neues zu lernen –, wird in Krefeld nicht so leicht an die Wand gedrückt.
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