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Wer heute in Kiel das Steuer eines Taxis übernimmt – sei es als Neuling, als gestandener Quereinsteiger oder, seltener, als Aussteiger aus anderen Dienstberufen auf der Suche nach Sinn, Unabhängigkeit oder schlicht regelmäßigem Lohn –, der ist mittendrin in einer Branche, die auf leisen Sohlen einen Wandel vollzieht. Taxifahren in der Hafenstadt ist weder das Klischee eines trägen Laberberufs noch bloßer Broterwerb in der Nische. Eher eine Melange aus städtischer Geduldsprobe, Straßenintelligenz, Anpassungsvermögen und – nicht vergessen – einer dicken Portion Frustrationstoleranz. Aber fangen wir lieber vorne an.
Dass man den ganzen Tag im Sitzen verbringt – ja, das stimmt. Aber in den wenigen Sekunden zwischen Kundeneinstieg und Hupen auf dem Wilhelmsplatz, da passiert etwas Unterschätztes: Man wird zum urbanen Übersetzer. Regeln, Verkehrsaufkommen und Baustellen – das ist eine Sache. Die andere: das Verständnis für unterschiedlichste Fahrgäste, von der frühstücksmüden Nachtschichtlerin bis zum nervösen Kreuzfahrttouristen. Auch Kiel hat Ecken, da will keiner anhalten, aber manchmal ist der Auftrag, wie man sagt, „da hinten im Niemandsland“.
Worüber viele Einsteiger und gestandene FahrerInnen leise fluchen: Die Digitalisierung macht auch vor dem Taxistand am Hauptbahnhof keinen Bogen. Digitale Fahrtenvermittlung, Ortung per App, automatisch abgerechnete Touren – die moderne Kieler Taxi-Flotte wird effizienter, aber nicht automatisch menschlicher. Für manchen ein Segen („Endlich weniger Funk-Chaos“), für andere ein Stressfaktor: Wer mit Technik nichts am Hut hat, lernt entweder oder sucht sich was Neues. Den alten Spruch von „Navigation aus dem Bauch“? Den glaubt einem heute kein Fahrgast mehr, wenn das Navi piept und dann doch noch die Einbahnstraße kommt.
Will man wirklich Taxi fahren in Kiel, muss man ehrlich auf die Rahmenbedingungen blicken. Die Arbeitszeit? Im Schichtsystem, oft weit jenseits der Kernzeiten, Feiertage inklusive. Ein gewisser Durchhaltewillen – ja, der wird gebraucht. Gehaltsangaben schwanken: Wer fest angestellt arbeitet, bewegt sich meist zwischen 2.300 € und 2.700 €, wobei Extras, Zuschläge oder Trinkgeld schwankende Größen sind. Selbstständige mit eigenem Wagen träumen gern von höheren Summen – 3.000 € bis 3.600 € sind bei viel Eigeninitiative drin, aber wehe, Kiel spielt wieder einmal Wetterroulette oder die Saison läuft schleppend. Sicher ist der Verdienst selten, berechenbar schon gar nicht. Zugespitzt: Reich wird in der Fördestadt eher, wer beim Lotto die richtigen Zahlen hat, als auf dem Taxameter.
Was viele unterschätzen: Kiel ist kein Synonym für rund um die Uhr brummenden Innenstadtverkehr wie Berlin oder München. Stattdessen gibt es Bananenrouten zu Fähre, Uni oder in die wuchernden Randgemeinden. Frühmorgens, bevor die Pendlerströme anschwellen, fragt man sich gelegentlich, warum man den Wecker überhaupt gestellt hat – und dann, plötzlich, brennt die Stadt, als ob alle gleichzeitig zum selben Ziel wollen. Markant ist die deutlich maritime Durchmischung: Manche Stammkunden reden mehr über Schiffspropeller als über Fußball. Wer da ins Plaudern kommt, hat schon manches extra Trinkgeld abgestaubt.
Vielleicht bin ich da altmodisch, aber ganz ehrlich: Für alle Jobeinsteiger – es geht nicht nur ums Geld. Die Mischung aus Beweglichkeit im Kopf, Unabhängigkeit (zumindest gefühlt) und dem Puls einer Stadt am Meer – das kann süchtig machen, auch wenn die Schicht mal stockfinster und der Regen waagerecht durchs Fenster peitscht. Manchmal sind es die kurzen Gespräche oder das Gefühl, gerade einem spät dran seienden Studenten den Tag gerettet zu haben. Was dieser Beruf verlangt? Dickes Fell, Geduld, Offenheit für Technik und einen gewissen Kieler Pragmatismus. Sich darauf einzulassen, ist nicht für jeden etwas. Aber für die, die es tun: ein Beruf, der jede Schicht neu herausfordert.
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