TÜV Rheinland Group | 65183 Bad Muskau, Ludwigshafen, Köln, Hamburg, Mainz, Hechtsheim, Herne, Hildesheim, Leipzig
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vav Fischer-Bumiller GbR | Frankfurt am Main
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Wer in Wiesbaden morgens die Tür öffnet und einen schwarzen Zylinder mit kupfernem Funkeln in den Augen auf dem Treppenabsatz stehen sieht – nein, das ist keine Altwiener Filmkulisse. Hier arbeitet jemand, der einerseits so traditionsverwoben ist wie kaum ein anderer – und sich andererseits seit Jahren neu erfindet: der Schornsteinfeger. Ein Handwerksberuf mit tieferem Innenleben, besonders hier in Wiesbaden, wo Barockvillen neben Gewerbehöfen stehen und Immobilienpreise jede Fassade glänzen lassen. Wer jetzt einsteigen will, braucht Offenheit, Grips und einen gewissen Pragmatismus. Nur rußige Romantik? Weit gefehlt.
Ja, Kehren, Reinigung, Kontrolle – all das stimmt. Aber auf die reine Routine lässt sich heute niemand mehr reduzieren. Die wenigsten Neulinge ahnen, wie viel Vorschriften-Flickenteppich und technische Innovation auf einen wartet. Gerade in Wiesbaden, wo Altbauten mit Kaminen neben Neubau-Ensembles mit Pellets, Wärmepumpen und Solarthermie stehen. Im Alltag heißt das: Wer es gerne klar, ordentlich und immer gleich hat, ist hier möglicherweise auf verlorenem Posten. Denn die Aufgaben wechseln gefühlt im Stundentakt: einmal Treppenhaus rauf, Dorn im Schornstein, technische Beratung bei der Seniorin von gegenüber, nachmittags Energieberatung für Familien, die glauben, ihr Pelletofen wie von Zauberhand zu bedienen.
Manchmal frage ich mich, wer beim Anblick unserer schwarzen Arbeitskleidung eigentlich mehr staunt: Kinder, weil der „Glücksbringer“ kommt, oder Hausbesitzer, denen wieder mal eine Feuerstätten-Schau droht. Das Arbeitsumfeld in Wiesbaden ist so gemischt wie die Stadt selbst – vom stuckverzierten Dachboden bis zum ultra-moderner Energie-Showroom ist alles dabei. Wer frisch einsteigt, wird schnell merken: Hier geht es zwar bodenständig zu, aber auf Technik darf und muss man sich einlassen. Moderne Messgeräte, Digitalisierung von Prüfprotokollen, Brennwertanalyse – das gehört zum Alltag.
Jetzt mal Klartext: Wer hier einsteigt, darf keine überzogenen Gehaltsträume hegen, wird aber auch nicht am Hungertuch nagen. Einstiegsgehälter bewegen sich in Wiesbaden meist im Bereich von 2.800 € bis 3.200 € – je nach Betrieb, Aufgabenbandbreite und persönlichem Engagement. Mit ein paar Jahren Erfahrung und Spezialisierung – beispielsweise als mitarbeitender Meister oder Energieberater – sind auch 3.200 € bis 3.700 € drin. Klingt solide, ist aber angesichts der Wiesbadener Lebenshaltungskosten keine Lizenz zum Luxus. Wer’s clever anstellt und Weiterbildungen nutzt, kann regional durchaus zu den „besser aufgestellten“ Handwerkern zählen. Aber: Das erarbeitet sich niemand im Vorbeigehen.
Was viele unterschätzen: Der Beruf des Schornsteinfegers entwickelt sich still und heimlich weiter. Während draußen die Debatte um Wärmewende, Feinstaub und neue Verordnungen tobt, sitzt man selbst abends bei Kursen zu Digitaltechnik, Umweltberatung oder Recht. Wiesbaden bietet ein durchaus reges Angebot, wer sucht, findet Schulungen, Mastersclasses, zum Teil sogar Kooperationen mit Heizungs- und Energieunternehmen. Immer wieder begegnen mir Kollegen, die von sich sagen: „Eigentlich bin ich halber Energieberater, halber Handwerker.“ Daran merkt man – wer hier längerfristig Erfolg haben will, muss sich bewegen. Ja, klar, das kann belasten; immer neue Prüfungen, immer wieder neue Vorschriften – aber auch das kann motivierend sein. Stillstand? Gibt’s selten, höchstens in der Warteschlange bei der Handwerkskammer.
Der Beruf des Schornsteinfegers in Wiesbaden schwankt zwischen selbstironischer Nostalgie und nüchterner Sacharbeit. Für Neulinge, wechselwillige Handwerker oder solche, die einen echten Wechsel im Kopf und Herz wollen, gibt’s hier echtes Potenzial. Wer Politik, Temperaturen und Baustile aushält – und sich nicht scheut, in 35 Meter Höhe bei Regenwetter einen Schornsteinkopf zu inspizieren – der kommt gut zurecht. Der Rest? Wird von der Realität der wärmenden, aber manchmal widerspenstigen Heiztechnik eingeholt. Aber wer seinen ersten Tag nach Ruß, Wind und einem Lächeln aus dem Dachfenster abschließt, weiß: Es war keine Zeitverschwendung.
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