TÜV Rheinland Group | 55116 Mainz
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vav Fischer-Bumiller GbR | Frankfurt am Main
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Wer heute in Mainz in den schwarzen Overall steigt und sich den feinen Rußstaub aus den Ärmelmanschetten klopft, bekommt einen Beruf mit dickem Erbe, aber auch frischer Heimatluft. Die Schornsteinfegerzunft, uralt und angeblich glücksbringend – hat hier viele Gesichter. Wer noch glaubt, dass man als Einsteiger brav nur mit dem Rußbesen durch verwinkelte Altbaukamine klettert, der unterschätzt diesen Job gewaltig. Ich habe in den letzten Jahren mehr als einmal gesehen, wie vielfältig, anstrengend, aber auch unerwartet modern das Handwerk im Rhein-Main-Gebiet geworden ist.
Schornsteinfeger, das klingt nach Ruß und Romantik, nach einem Lächeln auf dem Hausdach. Und ja, die Aussicht auf Mainz an einem Frühlingsmorgen – kleine Anekdote: Da oben weht nicht nur der Wind, sondern manchmal auch der Geruch frisch gebackener Brötchen durch die Altstadt. Aber unter uns: Dieser Beruf bringt eine Verantwortung mit, die nicht jeder gern mit sich herumträgt. Es geht hier nicht nur ums „Kehren“, sondern um geprüfte Sicherheit für Familien, für Nachbarn, für ganze Straßenzüge. Wer in alten Mainzer Mietshäusern CO-Messungen verpennt oder Feuerstätten nicht mit dem prüfenden Blick eines erfahrenen „Ofenflüsterers“ checkt, der bringt im Zweifel Existenzen in Gefahr. Und das sage ich ohne Pathos.
Klar, moderne Abgasmesstechnik und Kunden-Software – längst Teil der täglichen Arbeit, auch wenn manch alter Kollege sich gegen das Tablet wehrt wie gegen einen schiefen Regenabweiser auf dem Dachfirst. Wärmepumpen, Pelletheizungen, Solarthermie: Alles mittlerweile Mainzer Alltag. Es überrascht mich immer wieder, wie schnell die schlichte Rußbeseitigung im Gespräch verschwimmt, wenn es um Energieberatung, Emissionswerte oder baurechtliche Auflagen geht. Das Handwerk wächst an der Technik, und Mainz gibt genug Stoff dazu: Die Dächer der Neustadt sind selten rechteckig und der Denkmalschutz, sagen wir es so, hat eigene Vorstellungen. Manchmal bleibt nur ein Schulterzucken: „Schon wieder eine Anlage, die auf dem Papier besser aussieht als im Altbau.“ Aber genau da trennt sich das Können von der Routine.
Eines will ich nicht beschönigen: Die Startbedingungen für Einsteiger sind solide, aber Mainz ist kein Schlaraffenland. Ganz im Gegenteil. Wer als Berufsanfänger – vielleicht mit mittlerem Bildungsabschluss und ordentlicher Lehrzeit – hier startet, kann mit einem Einstiegsgehalt von etwa 2.400 € bis 2.800 € rechnen. Wer die Branche wechselt und einige Jahre Erfahrung mitbringt, kratzt schnell an 3.200 € bis 3.600 € – aber nur, wenn zusätzliche Qualifikationen wie Energieberater oder technische Fachweiterbildungen vorhanden sind. Einigen mag das wenig erscheinen, gemessen am hohen Verantwortungsanteil und den teils skurrilen Arbeitszeiten. Aber: Das Image als Glückbringer wirkt, je nach Straßenzug, manchmal sogar als Kündigungsschutz. Denn Schornsteinfeger sind – das merkt man spätestens beim plötzlichen Wintereinbruch – so schnell nicht zu ersetzen.
In Mainz spielt das Menschliche eine größere Rolle als Zahlenkolonnen oder Preiskalkulationen – das spürt man, wenn ein älterer Herr aus Gonsenheim einem nach dem Kontrollgang einen kleinen Schnaps anbietet (angeblich gut für die Rußlunge). Manchmal fragt man sich wirklich, welche Lebenskunst im Alltag zwischen Altbaumief und Neubauglas liegen kann. Was viele unterschätzen: Die besten Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger hier vor Ort sind nicht die Schnellsten, sondern die mit feinem Takt. Wer den Spagat zwischen Fachwissen, Handfestigkeit und Mainzer Lebensfreude schafft, hat bessere Karten als jede Extra-Urkunde. Vielleicht ist das ein Grund, warum Mainz unter Kollegen beliebt bleibt – selbst wenn mal wieder ein Ziegel im Nacken landet.
Ob Wärmewende, Klimadiskussion oder Sanierungswelle in Altbauten – der Beruf steht nicht still. Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es zuhauf. Gelernte Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger, die technikoffen sind, finden in Mainz auch morgen eine Herausforderung. Wer meint, der Beruf sei verstaubt, hat vermutlich seit Jahren keinen Ruß mehr an den Händen gehabt. Mein Eindruck: Die Mischung aus Tradition, Technik und Mainzer Lebensart verlangt Mut – aber es lohnt sich, wenn man es ernst meint. Und wenn man einmal das Glück hatte, von einem Kind am Straßenrand zugewinkt zu werden, weiß man, warum man eigentlich nie ganz unsichtbar ist – trotz Ruß.
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