BGBA Hanau - University of Cooperative Education | 63405 Hanau
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Berufliches Schulzentrum Odenwaldkreis AöR | 64720 Michelstadt
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Wiesbaden. Soweit so mondän. Hier gibt es Altbau-Fenster, durch die das Licht morgens genau diesen goldenen Schimmer wirft, den sich viele Handwerker in Berlin nur wünschen können. Wer jetzt aber meint, als Schmuckdesigner schwebt man hier zwischen Jugendstilfassaden und Promi-Events nur so hindurch – der irrt. Ich habe vielmehr den Eindruck: Die wahre Grazilität dieses Berufs liegt eben nicht im Funkeln der Auslage, sondern im ziemlich robusten Alltag dazwischen. Wer frisch einsteigt, spürt das ziemlich schnell.
Das Berufsbild? Facettenreich. Ja, so drückt man das gern aus – klingt nach Hochglanzkatalog, meint aber in Wahrheit: Man muss hier einiges zusammenbekommen, und zwar gleichzeitig. Entwurf, Materialkunde, handwerkliche Umsetzung, Kundenkontakt, Kalkulation und (man glaubt es kaum) manchmal auch Psychologie. In typischen Wiesbadener Ateliers – ob nun am Biebricher Rheinufer mit Blick aufs Wasser oder versteckt in einer Seitengasse der Innenstadt – findet die Arbeit selten unter sterilen Bedingungen statt. Feilen, Sägen, das Spiel mit Edelsteinen und Metallen, mal wagemutig, mal pedantisch. Mehr Werkstatt als Showcase, das sollte niemand unterschätzen.
Was Wiesbaden unterscheidet? Einerseits die Nähe zu Frankfurt und damit die Chance, am Puls technologischer und modischer Entwicklungen zu bleiben – andererseits dieser etwas behutsamere, fast gediegene Kundengeschmack vor Ort. „Mut zur Eleganz, aber nicht zum Übermut“, höre ich öfter, wenn ich die Szene betrachte. Viele Kundinnen (ja, auch Kunden; wir sind ja nicht in den 70ern) erwarten nicht plakativen Statement-Schmuck, sondern Feinarbeit mit Persönlichkeit. Was viele unterschätzen: Ohne ein Gespür für regionale Trends – vielleicht eine dezente Prise Art déco hier, ein Hauch Mid-Century dort – bleibt der Entwurf bestenfalls Liebhaberei. Ob das immer Spaß macht? Hm. Ich meine: Es ist anspruchsvoll, manchmal nervig. Aber gerade das hebt den Beruf doch aus dem Katalog-Raster.
In puncto Verdienst – reden wir Klartext. Die Spanne in Wiesbaden reicht, grob geschätzt, von 2.300 € für Einsteiger bis zu 3.600 € bei erfahreneren Kräften oder in spezialisierten Nischen. Klar: Wer sich mit Edelmetallen, Manufakturtechniken oder Unikaten einen Namen macht, stößt nach oben vor. Doch der Weg dorthin ist keine gerade Strecke. Ich habe das Gefühl, man könnte zu jedem zweiten Berufseinsteiger sagen: „Geduld ist keine Tugend, sondern Voraussetzung.“ Mit hängenden Schultern aus der Werkstatt, Hände rau wie die Kanten eines Rohdiamanten – das gehört dazu. Aber (und diesen Satz sage ich mir selbst gelegentlich): Mit jedem Auftrag wächst die Hand, nicht das Ego.
Eines der großen Missverständnisse: Technologie bedroht den Traditionsberuf. Aber ehrlich? CAD-Design, 3D-Druck, neue Legierungen – das sind in Wiesbaden eher Werkzeuge als Feindbilder. Die, die sich wirklich trauen, setzen digitale Methoden neben das klassische Handwerk, nicht darüber. Ein Lehrstück für alle, die nach Orientierung suchen: Geht der technische Fortschritt der eigenen Kreativität voraus, wird’s beliebig. Geht die Persönlichkeit voran, ordnet sich die Technik ein. Wiesbaden lebt diesen Balanceakt, weil hier handwerkliche Maßarbeit genauso zählt wie experimentelle Spielräume im Design. Ganz ohne Techno-Ehrenmord.
Was bleibt hängen? Wenn ich ein Bild zeichnen müsste: Schmuckdesigner in Wiesbaden jonglieren mit Fantasie und Fingerspitzengefühl – und das bezieht sich auf mehr als Werkzeuge. Wer sich hineinstürzt, entdeckt wenig Glamour, dafür jede Menge Ambivalenz. Es wird nicht jeden Tag glitzern. Aber für den, der Freude an kleinen, handgemachten Siegen hat, der zwischen Feinschliff und Erschöpfung auch mal lachen kann, empfiehlt sich dieser Arbeitsalltag eher als Lebenseinstellung denn als bloßer Job. Oder, wie mir eine Kollegin neulich zuraunte: „Wer hier aufgeben will, muss das wenigstens mit Stil tun.“
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