Coeur De Lion Schmuckdesign GmbH | Neumünster
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Coeur De Lion Schmuckdesign GmbH | Neumünster
Wer schon mal an einem verregneten Novembermorgen durch die kleine Altstadt von Lübeck geschlendert ist, weiß: Die Hansestadt verkauft sich nicht auf den ersten Blick. Aber unter der Oberfläche brodelt es. Auch und gerade beim Thema Schmuckdesign. Ich frage mich manchmal, ob diese Stadt eigentlich weiß, dass hinter den gotischen Fassaden und dem Ziegelrot so etwas wie eine kreative Szene existiert? Vielleicht verirrt sich ab und zu eine neugierige Schulklasse ins St.-Annen-Museum – auf den Spuren von Bernstein und Hansekunsthandwerk. Aber der Alltag der heutigen Schmuckdesigner? Das ist eine andere, stillere Welt.
Die Vorstellung, dass man bloß hübsche Steinchen an Silberdraht fädelt, hält sich überraschend hartnäckig. Die Wahrheit sieht weniger romantisch aus: Materialkunde, CAD-Entwürfe, Gießerei, Schleifarbeiten – und, ja, auch ein Haufen Papierkram. Wer als Einsteiger oder Umsteiger in Lübeck loslegt, merkt schnell: Zwischen maritimer Motivik und norddeutscher Zurückhaltung steckt echte Finesse. Die Kunden, nicht selten traditionsbewusst, erwarten etwas Eigenständiges, aber nicht zu gewagt. Das kann nerven. Doch genau diese Gratwanderung – Tradition versus künstlerische Handschrift – ist, was den Beruf in Lübeck so besonders macht. In Berlin oder Hamburg, da ist Experimentierfreude Programm; hier aber bedeutet „modern“ oft: behutsam modernisieren.
Manchmal frage ich mich, ob der Beruf fürs 21. Jahrhundert gemacht ist – immerhin wächst der technische Druck. 3D-Printing, Laserschweißen, Simulationen am Rechner: Was gestern noch nach Zukunft klang, ist heute Pflichtprogramm. Wer zwanzig Jahre Pause hatte und dann aufs Lübecker Pflaster zurückkommt, staunt nicht schlecht. Die klassischen Techniken verlieren nicht an Wert – ganz im Gegenteil, die Meisterschaft im Feilen, Löten, Fassen bleibt das Eintrittsticket. Doch ohne digitale Entwurfsmethoden fährt man heutzutage auf halber Strecke. Und dann ist da noch das regionale Spezifikum: Die Lübecker Kunden – ja, mit ihren feinen Antennen für Authentizität – erwarten oft einen lokalen Bezug. Seegras, Mauerziegel, Ostseefundstücke. Es wäre gelogen zu behaupten, dass man mit Standardware weit kommt.
Jetzt bin ich beim Geld – dem nicht ganz unwichtigen Thema, auch wenn kaum jemand darüber so richtig sprechen mag. Wer frisch von der Ausbildung oder aus einer anderen Branche kommt, muss sich mit relativ bescheidenen Summen anfreunden. Einstiegsgehälter? Sieht man in Lübeck meist irgendwo zwischen 2.000 € und 2.600 €, je nachdem, wieviel handwerkliches Geschick und welche Zusatzqualifikation im Gepäck sind. Mit Erfahrung kann man sich dann Richtung 3.000 € bis 3.400 € vorarbeiten. Aber: Wer die eigene Werkstatt aufmacht, trägt nicht nur Verantwortung für den Goldvorrat, sondern auch für das wirtschaftliche Überleben. Der Markt ist kleinräumig – und die Konkurrenz, sagen wir mal, zurückhaltend freundlich. Wer als Designer auf den lokalen Märkten oder in festen Läden Fuß fassen will, braucht nicht nur eine wache Nase für Trends, sondern auch Durchhaltevermögen. Kaufkräftige Kunden gibt es, aber billige Importware nagt am Preisniveau. Marzipan bringt in Lübeck schneller Geld – leider.
Ich gebe zu: Lübeck ist für Schmuckdesigner in Vielem ein neuralgischer Punkt. Die Nähe zur Ostsee, ein Hang zum Understatement, die Präsenz gut vernetzter Ateliers, dazu eine traditionsreiche Handwerkskammer, die Weiterbildung nicht als lästige Pflicht, sondern als Stilfrage begreift – das formt Menschen und Möglichkeiten. Workshops zu regionalen Materialien, Fortbildungen zu digitalen Fertigungstechniken, gelegentlich Kooperationen mit ansässigen Goldschmieden oder Kunstschulen – das Spektrum ist breiter, als es auf den ersten Blick scheint. Lübeck zwingt einen, sich zu positionieren: Zwischen Hanse-Geist und digitalem Handwerk, zwischen unaufgeregter Eleganz und leiser Eigensinnigkeit. Für Unentschlossene ist das nichts. Doch wer Lust auf künstlerischen Eigensinn gepaart mit solidem Handwerk hat, wird hier häufig nicht enttäuscht – auch wenn die großen Lorbeeren oft ausbleiben. Aber, ehrlich: Wer will schon Berliner Blendwerk, wenn er im Schneematsch am Koberg echte Charakterstücke schmieden kann?
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