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Rohrisolierer nennen ihren Beruf selten laut. Vielleicht, weil zwischen polierten Imagekampagnen und Alltagsrealität eben doch Welten liegen – zumindest in Wiesbaden, wo die Thermalbäder aus den Böden dampfen und der Altbau nicht nur historische Fassade, sondern auch ewige Quelle undichte Leitungen ist. Wer hier, im Schatten der Bankenmetropole Frankfurt, ins Handwerk einsteigt, entscheidet sich bewusst für ein Feld, das zwischen den Polen „elementar“ und „unsichtbar“ pendelt. Ich sage das nicht aus Distanz – auch ich stand mal auf dem Gerüst, mit Glaswolle in der Kehle und viel zu großer Jacke.
Den meisten Menschen fällt ein Rohrisolierer erst auf, wenn es klappert, tropft oder sich irgendwo im Keller ein unerklärlicher Schimmelherd ausbreitet. Die Palette der Aufgaben reicht freilich viel weiter: Heizungsleitungen dämmen, Kälteanlagen isolieren, Brandschutzschotten frickeln – immer auf Abruf, selten in Luxuswohnungen. In Wiesbaden spürt man das im Besonderen: Ob in den renovierungswütigen Gründerzeitgebäuden, in neuen Bürokomplexen in der Mainzer Straße oder bei der energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude – überall braucht’s Hände, die wissen, wie und warum man Dämmschalen sägt, Manschetten setzt oder mit Armaflex nicht gleich das halbe Rohr umspult wie einen Turnschuh. Kleinigkeiten, die ein ganzes Haus energetisch dumm oder schlau dastehen lassen – glauben viele nicht, ist aber so.
Nun, warum Wiesbaden? Wer die Stadt kennt, weiß um ihre Kontraste. Hier geht‘s nicht nur ums klassische Dämmen, sondern um das Patchwork aus hundertfünfzigjährigem Eisenrohr und modernen Kunststoffleitungen. Neue Verordnungen, energetische Auflagen und die bundesweit vorangetriebene Wärmewende spielen gerade im Ballungsraum eine entscheidende Rolle. Hand aufs Herz – manchmal kommt einem die Flut an Neuerungen vor wie ein endloser Sanierungsmarathon, der nie endet: Energetische Nachweise, Brandschutzvorschriften oder neue Materialien, die mal angeblich giftfrei, mal angeblich besonders clever sein sollen.
Was viele unterschätzen: Kein Haus ist wie das andere, keine Isolierung passt von der Rolle. Wiesbaden, mit seiner Mischung aus Altstadt, Plattenbau und Hightechbüro, zwingt einen förmlich zur Improvisation. Fachwissen ist gefragt, ja – aber Routine ersetzt hier wenig, Neugier und Ausdauer umso mehr. Und manchmal – das sagt einem aber keiner im ersten Lehrjahr – braucht es schlicht einen robusten Magen, wenn man wieder mal in den Keller muss und die Zeitschaltuhr für das Deckenlicht nach vier Minuten abläuft.
Über Geld spricht man nicht? Schwierig, wenn jede zweite Handwerkerrunde davon dominiert wird. Realistisch liegen die Einstiegsgehälter in Wiesbaden aktuell meist bei etwa 2.800 € – die Spanne bei erfahreneren Kräften reicht hoch bis etwa 3.400 €. Wer die Verhältnisse in Frankfurt kennt, ahnt, dass der Markt durch die Nähe zur Großstadt einen Tick dynamischer, aber auch fordernder ist. Nicht selten begegnet man als Einsteiger dem Phänomen: zu wenig Leute für zu viele Aufträge und trotzdem zu hörbaren Aufschlägen beim Altmeister, der gern mal durchblicken lässt, wer hier den längeren Schraubenschlüssel hat. Ganz ehrlich: Wer sich weiterbildet – etwa im Bereich Brandschutz, Anlagenbau oder im Umgang mit Hightech-Schaumstoffen – merkt rasch, wie das Gehalt anzieht und der Respekt der Kollegen, und mittlerweile auch Kolleginnen, steigt.
Natürlich, der Beruf ist robust. Die Last kann abends im Kreuz stecken, das Klebeband an den Händen sowieso. Dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – spürt man den Stolz, wenn unter den eigenen Dämmschichten ein halbes Gebäude im Winter warm und im Sommer angenehm kühl bleibt. Die jüngsten Diskussionen um Klimaschutz haben dem Berufsfeld einen neuen Drive verpasst. Plötzlich reden selbst Energieberater am Kneipentresen über ausreichende Dämmdicke, und in den Fachmärkten wird mit smarter Sensorik experimentiert, als ginge es um das Internet der Dinge auf Heizungsrohren. Wer mitzieht, dem stehen Fachrichtungen offen: von nachhaltiger Kältetechnik bis hin zur industriellen Großbaustelle. Zugegeben, Routine gibt es selten – und das ist vielleicht auch gut so. Denn manchmal – das sage ich aus Erfahrung – sorgt eben diese ständige Anpassung an Neues dafür, dass der Beruf auch nach Jahren selten schwerfällig wird. Oder wie mein damaliger Kollege sagte: „Heiß wird’s immer. Nur wie du’s dämmen willst – das ist jedes Mal deine eigene Baustelle.“
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