Deutsche Bahn | 10115 Berlin
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Vor ein paar Jahren habe ich mich selbst gefragt: Was reizt eigentlich daran, als Pizzabäcker zu arbeiten? Klar, Pizza geht immer. Und irgendwie verbinden viele den Job mit Studentenjobs oder Italienschwärmereien. Spätestens nach einem Jahr im Tagesgeschäft ist klar: Wer denkt, das sei Kinderkram zwischen Tomatensoße und Käsehobel, täuscht sich gewaltig. Gerade in Potsdam – wo sich Ketten, Edelrestaurants und Familienbetriebe wie Pilze nach dem Regen ausbreiten – kommt es auf Können, Improvisation und manchmal dickes Fell an.
Pizzabäcker, das klingt zunächst nach Ofen auf, Teig rein, fertig. Die Realität ist komplexer – und je nach Laden auch ganz unterschiedlich. Teigruhezeiten, Temperaturführung, die Auswahl der Mehle… das sind keine Lifestyle-Gags, sondern echte Qualitätsfaktoren. Wer einen Blick in die Küchen einiger Potsdamer Betriebe wirft, merkt schnell: Die Liebe zum Detail trennt den routinierten Teigflüsterer vom reinen Fließbandjobber. Manche Kollegen schwören auf die klassische neapolitanische Methode mit hochfeuchtem Teig. Andere setzen auf rustikale Varianten, Sauerteig-Experimente oder kreative Beläge – manchmal fragt man sich, ob das noch Pizza oder schon eigenständige Kunstform ist. Aber gut, Potsdam gilt ja nicht gerade als Hauptstadt der Essenslangweiler.
Keine Frage: Der Arbeitsplatz eines Pizzabäckers ist selten das Paradies. Hitze am Ofen, schnelle Takte, volle Tische – besonders abends und am Wochenende. Multitasking muss man können, auch wenn man’s partout nicht mehr hören will. Aber zwischen Schichtplänen, plötzlichem Personalausfall und launischer Technik wächst man. Wer neu einsteigt: Keine Angst vor dreckigen Händen, schroffen Sprüchen oder Improvisation – das gehört dazu. Die Kollegen? Zwischen italienischer Herzlichkeit und märkischer Direktheit – charmant, aber manchmal gnadenlos ehrlich.
Tacheles: Im Vergleich zu vielen Gastroberufen steigt das Gehaltsniveau auch in Potsdam spürbar an – zumindest in ordentlich laufenden Betrieben. Wer fest angestellt ist, darf mit 2.200 € bis 2.900 € rechnen. Wer Verantwortung trägt oder als Chefpizzaiolo arbeitet, kommt auf 2.900 € bis 3.300 €, teils auch mehr. Angefangen wird ehrlicherweise manchmal tiefer – Tarifbindung ist ein frommer Wunsch, aber im Raum Potsdam keine Selbstverständlichkeit. Gleichzeitig tut sich hier was: Viele Betriebe setzen John auf Weiterbildung. Pizzabäcker absolvieren heutzutage zertifizierte Kurse zu Allergenen, Hygiene oder modernen Backtechnologien, falls sie fachlich neugierig bleiben wollen. Aus meiner Sicht: Wer in einer Stadt wie Potsdam ein paar Stationen macht, merkt schnell, wie unterschiedlich die Betriebe ticken. Mal brodelnde Hektik unter kitschigen Vespa-Bildern, mal experimentelle Küche voller Quereinsteiger-Geist.
Nun ja, auch hier ist der Fortschritt nicht aufzuhalten: Selbstbedienungskassen, digitale Bestellprozesse, Lieferplattformen – die Schatten- und Glanzseiten merkt man am eigenen Leib. Vieles wird dadurch schneller und strukturierter, manches aber auch seelenloser. Kochen mit QR-Code statt Gästekontakt? Für viele ein Reizthema. Andererseits bietet Technik auch Chancen auf bessere Workflows und mehr Zeit fürs eigentliche Handwerk. Überdobendes Handwedeln vorm Steinofen kann man digital eben (noch) nicht ersetzen. Vielleicht ist das ja der letzte Rest Zauber in diesem Job.
Das Berufsbild Pizzabäcker in Potsdam ist kein nostalgischer Sonnenuntergang über der Toskana. Sondern Handwerk, viel Pragmatismus – und eine Prise Selbstironie. Wer bereit ist, zu lernen, sich auf Tempo, Team und Teige einzulassen, findet hier einen Job mit bodenständigem Stolz. Nicht ohne Ecken, aber mit manchmal überraschend großer Befriedigung. Oder liegt das nur an der Hefe? Wer weiß das schon.
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