OWB Wohnheime Einrichtungen Ambulante Dienste gem. GmbH | 88636 Illmensee
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Es gibt Berufe, in denen die Romantik so dicht am Alltag klebt, dass man sie förmlich riechen kann. Der Pferdepfleger in Tübingen – eine Stadt, die ohnehin gerne zwischen Tradition und studentischer Aufbruchsstimmung pendelt – ist so ein Fall. Ob Einsteiger mit ganz frischem Stallgeruch an den Händen, erfahrene Fachkräfte mit Wechselabsichten oder mehr oder weniger verzweifelte Jobsuchende: Am Ende sortiert die Realität im Stall schneller, als jede Theorie es könnte.
In Tübingen trifft ein erstaunlich lebendiges Spektrum an Betrieben aufeinander – vom strukturierten Reitverein am Stadtrand bis zu halbprivaten Zuchtpensionen irgendwo im weitläufigen Ammertal. Die Tätigkeiten? Wer glaubt, den Tag mit sanften Fellstrichen und endlosen Ausritten zu verbringen, irrt: Der Tagesablauf besteht aus Füttern, Misten, Bewegung – aber eben auch medizinischer Kontrolle, Stallhygiene, Gerätekunde. Wer den Umgang mit Mistgabel und Traktor scheut, ist fehl am Platz. Was viele unterschätzen: Hier braucht es ein Auge fürs Ungewohnte. Ein Pferd, das heute fressen verweigert, bleibt vielen verborgen – außer denen, die wirklich hinsehen. Genau das macht den Unterschied aus.
Die Frage nach dem Gehalt ist wie ein Huftritt ins Eingemachte. Tübingen unterscheidet sich etwas von den großen Zentren, aber auch von den meist niedrigeren Löhnen des ländlichen Umlands. Wer hier anfängt, landet oft bei einem Gehalt zwischen 2.200 € und 2.600 €. Mit Fachwissen, Lehrabschluss oder Spezialisierung – zum Beispiel in Richtung therapeutisches Reiten oder Zucht – sind durchaus 2.800 € oder etwas mehr realistisch. Illusionen sollte sich allerdings niemand machen: Reich wird hier keiner, aber Armut bleibt im Stall selten, wenn man mit Herzblut bei der Sache ist. (Und ja, Überstunden, Samstagsdienste, Feiertage – sie kommen vor. Wer meint, Sonntags wäre pferdefrei, steht wohl auf der Zuschauertribüne.)
Was an Tübingen reizvoll, manchmal auch fordernd ist: Die Nähe zur Uni – mit Veterinärmedizin und reitenden Studenten – sorgt für eine umtriebige Klientel. Nicht selten stehen Pferdepfleger plötzlich zwischen Stallroutine und der Nachfrage nach modernen Haltungsformen, Bewegungsställen oder digitalen Arbeitsplänen. Selbst altgediente Fachkräfte kommen da gelegentlich ins Staunen. Digitale Dienstpläne? GPS auf dem Traktor? Jüngere Kolleginnen mit eigenen Social-Media-Kanälen fürs Hofleben – das alles gibt’s wirklich. Es ist nicht alles schlecht: Wer Lust auf Weiterentwicklung hat, findet hier mehr als bloßes Stallgefälle. Fortbildungen – etwa in Pferdegesundheit, moderner Maschinenbedienung oder im Bereich Tierwohl – werden nachgefragt, manchmal sogar gefördert. Aber Hand aufs Herz: Wer technologische Neuerungen verabscheut, bleibt besser beim Altbewährten; Digitalisierung hält auch in den Stall Einzug, langsam, aber spürbar.
Manchmal fragt man sich, warum Leute trotzdem bleiben. Oder gerade deshalb. Vielleicht, weil sich im Stall die Spreu vom Weizen trennt – nicht in Zahlen, sondern in kleinen Gesten. Ein zugelaufener Hund, eine kollegiale Geste, ein anerkennender Blick nach getaner Arbeit: Das zählt, auch wenn es selten in den Arbeitsvertrag passt. Ich habe den Eindruck, dass dieser Beruf mehr gibt, als man je am Monatsende sieht – aber sicher auch mehr fordert. Und nein, die ewige Stallluft macht nicht immun gegen Sehnsucht nach Feierabend, aber doch irgendwie widerstandsfähig gegen Oberflächlichkeit.
Wer fachlich interessiert ist, Geduld mit Menschen und Tieren verbindet und, tja, keine Angst vor harter, oft undankbarer Arbeit hat, findet in Tübingen durchaus anständige Perspektiven. Der Markt ist stabil, neue Konzepte der Pferdehaltung entstehen, das Bewusstsein für Tierwohl wächst. Wer dagegen Dienst nach Vorschrift sucht oder Flexibilität als Zumutung empfindet, wird es schwer haben. Vielleicht bin ich da zu streng… aber genau diese raue Ehrlichkeit – im Team, beim Wetter, im Umgang mit Vierbeinern – ist letztlich das beste Argument für diesen Beruf. Zumindest für die, die es ernst meinen.
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