Seeßle Fußgesund GmbH | 85435 Erding
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Manchmal frage ich mich, wie viele Berufe es eigentlich noch gibt, die mit einer Mischung aus Fingerspitzengefühl, handwerklichem Ehrgeiz und knallharter Praxis an der Schnittstelle Mensch-Technik arbeiten. In Berlin – wo die Zwischentöne zwischen Prenzlauer Berg und Hohenschönhausen lauter sind als anderswo – hat der Berufsbereich Orthopädietechnikermeister so seine eigenen Gesetze. Ein bisschen wie ein Uhrmacher, nur eben für diejenigen, die jeden Tag auf ihre Mobilität angewiesen sind; und ganz sicher kein reines Schusterhandwerk, wie Außenstehende manchmal glauben mögen.
Orthopädietechnikermeister – wer sich den Titel erarbeitet, landet selten zufällig in diesem oft unterschätzten Feld. Eigentlich müsste man sagen: Es ist eine Sparte, in der man keine halben Sachen machen kann. Die Kombination aus Technik, Medizin, Materialwissen und Empathie macht den Reiz aus. Gerade in Berlin, wo jede Straße ein anderes Bedürfnis offenbart und der demografische Mix von der jungen Parkour-Truppe bis zum Senior immer neue Herausforderungen bringt. Und ja, Berlins knarzige Altbautreppen sind manchmal härter als jede Meisterprüfung.
Worauf man vorbereitet sein muss? Die Bandbreite reicht von der klassischen Anfertigung maßgeschneiderter Prothesen oder Orthesen – was noch den Stallgeruch des traditionellen Handwerks versprüht – bis zur Nutzung digitaler CAD/CAM-Technologien und moderner 3D-Druckverfahren. Wer glaubt, es ginge nur um bloßes Anpassen von Schienen, dem fehlt ein entscheidendes Stück Realität: Jede Versorgung ist ein Einzelfall, kein Mensch gleicht dem anderen, und schon gar nicht in Berlin. Das verlangt Tüftlergeist und Feingefühl auf Augenhöhe mit Ingenieurskunst. Eine gelungene Anpassung ist manchmal wie ein kleines Wunder, nicht weniger. Und gerade für Berufseinsteiger: Fehler kann hier niemand gebrauchen, aber man muss sie aushalten – Lernkurven sind steil, und manche Tage lang.
Berlin ist, wirtschaftlich betrachtet, durchaus ein guter Boden für die Orthopädietechnik. Das liegt nicht zuletzt am vielfältigen und stetig wachsenden Bedarf: Die Stadt altert, Unfallzahlen sind stabil hoch, und bunte Lebensläufe führen viele Menschen hierher, die auf Hilfsmittel angewiesen sind. Dennoch: Die Lohnstruktur ist wie so oft in der Hauptstadt etwas zäh. Klar, 2.800 € zum Einstieg sind realistisch, und mit etwas Erfahrung lässt sich das auf 3.200 € bis 3.700 € schrauben – allerdings, mal ehrlich, mit der Wohnsituation und Lebenshaltung in Berlin ist das auch keine Gelddruckmaschine. Ehrlich gesagt – der Ansporn, weiterzumachen, kommt meist aus einer anderen Richtung: dem Stolz auf die eigene Arbeit, dieser seltenen Verbindung aus Zweck und Wertschätzung, wenn der Patient den Laden auf eigenen Füßen verlässt.
Was sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt hat, sind die Anforderungen an interdisziplinäres Denken. Wer als Orthopädietechnikermeister eine Rolle spielen will, braucht den Draht zur Klinik, zum Therapeuten, zum Hilfsmittelhersteller. Die Zeit der stoischen Werkstatteinsamkeit ist vorbei, jedenfalls in der Großstadt. Mich überrascht immer wieder, wie selbstverständlich sich Kolleginnen und Kollegen heute in Meetings mit Ärzten oder sogar bei Entwicklungskooperationen wiederfinden. Wer da noch an reinen Schraubendreher-Romantik hängt, wird schnell abgehängt. Stichwort: Weiterbildung – Ein Muss, kein Bonus. Wer die Digitalisierung ignoriert oder auf das nächste „Wird-schon-nicht-so-schlimm“ setzt, könnte bald unter Wert spielen.
Ich glaube, viele unterschätzen nicht nur die fachliche, sondern auch die emotionale Komponente dieses Berufs. Klar, das Know-how zählt. Aber die täglichen Begegnungen, manchmal kurz vor der Verzweiflung, oft voller Hoffnung, verlangen ein Maß an Einfühlung, das so leicht nicht zu lernen ist. Und, Hand aufs Herz: Es gibt Tage, an denen ist die Werkstatt kein sicherer Hafen, sondern ein wogendes Boot auf dem Großstadtmeer. Dann helfen weder Gehaltstabellen noch QR-Codes, sondern nur die innere Überzeugung, dass es sich lohnt, weiterzumachen. Berlin ist dafür – trotz allem Getöse, manchmal sogar wegen des Lärms – ein verdammt guter Ort.
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