ThiesMediCenter GmbH | Raum 25524 Itzehoe, Pinneberg, Hamburg
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Manchmal frage ich mich, was wohl in der öffentlichen Wahrnehmung schiefläuft, wenn ich erklären soll, was ein Orthopädieschuhmachermeister eigentlich tut. Nein, es geht nicht nur um Schuhe. Und nein, mit dem klassischen Schuster, der mal eben ein Loch in der Sohle flickt, hat das nicht viel zu tun. Schon gar nicht in Kiel, dieser eigentümlichen Mischung aus maritimer Weltläufigkeit und norddeutschem Pragmatismus. Hier, wo das Meer Wind und Wetter den Takt vorgeben, sind Füße und Gelenke oft mehr als nur Mittel zum Zweck – manchmal schlicht existenziell fürs Wohlgefühl.
Orthopädieschuhmachermeisterinnen und -meister stehen heute am Schnittpunkt von Tradition und Hightech. Ihre Werkstatt: halb Fräslabor, halb Beratungsraum, gewürzt mit einem Hauch von Werkstattromantik. Mal stehen sie an computergesteuerten Fußdruckmessplatten, dann wieder mit Lederschürze am Leisten, die Hand voller Werkzeug, das mancher Nachwuchs nicht auf Anhieb benennen könnte. Standardfälle? Gibt’s kaum. Mal kommt der Marathonläufer mit Plantarfasziitis, dann das siebenjährige Kind mit Klumpfuß oder die Rentnerin, die barrierefrei durchs Leben will.
Kiel bietet dafür ein spezielles Umfeld. Die Nähe zu Reha-Kliniken und die Überschneidung mit der maritimen Arbeitswelt bringen Patienten mit ganz eigenen Ansprüchen in die Werkstätten: Seeleute, Werftarbeiter – oft geprägt von Überlastung und verschleppten Wehwehchen. Und dann die Studierenden. Man mag meinen, junge Leute seien kein typisches Klientel. Von wegen: Wer viel auf den Beinen ist, merkt irgendwann, dass individuelle Einlagen mehr sind als eine Quengel-Lösung aus der Drogerie.
Jetzt einmal Butter bei die Fische – um ein norddeutsches Klischee zu bemühen: Das Gehalt, mit dem Einsteiger oder wechselwillige Fachkräfte rechnen können, liegt meist im Bereich von 2.800 € bis 3.400 €. Wobei der Sprung in Richtung Meistertitel spürbar mehr Gestaltungsspielraum eröffnet – fachlich wie finanziell. Zwar gibt es immer noch Läden, in denen nach Stundenlohn abgerechnet wird und das Budget enger ist als die Schuhe mancher Patienten. Dennoch: Wer eigenverantwortlich arbeitet, sich regelmäßig mit Medizinern kurzschließt und den Überblick über Abrechnungen und neue technische Verfahren behält, wird meist ordentlich entlohnt – für norddeutsche Verhältnisse allemal solide. Aber Millionär wird hier niemand. Muss ja auch nicht.
Was viele unterschätzen: Hier in Kiel konkurriert man nicht nur mit Billigimporten oder industrieller Massenware, sondern auch mit hochspezialisierten Reha-Zentren und – teils – mit digitalem 3D-Druck aus dem Off. Die Nische wird kleiner, aber dafür anspruchsvoller. Wer mitzieht und weiterlernt, findet die Branche erstaunlich lebendig. Digitalisierung? Jaja, die ist da. Fräst heute aber kein Glück. Die Erfahrung, die Hände, der Draht zum Menschen – das bleibt.
Ich sehe in Kiel eine Handvoll kleiner Familienbetriebe und ein paar größere Häuser, in denen das Klima erstaunlich kollegial ist – meistens jedenfalls. Die Bereitschaft zur Weiterbildung ist spürbar gewachsen. Ob Myonetik, Feinmotoriktraining, diabetische Fußversorgung oder die Integration von Smart-Implantaten: Wer neugierig bleibt, wird nicht abgehängt. Und ja, das Handwerk genießt bei den meisten Ärzten einen gewissen Respekt. Nicht zuletzt, weil sich die Grenzen zur orthopädietechnischen Versorgung immer wieder verschieben – ein bisschen wie Ebbe und Flut, nur fahriger.
Für Neulinge und wechselwillige „alte Hasen“ bleibt’s spannend. Kiel ist kein leichter Ort für großspurige Selbstdarsteller, aber einer, an dem Beständigkeit, Fingerspitzengefühl und ein Schuss praktischer Intelligenz geschätzt werden – von Patienten wie von Kollegen. Wer hier auf dem Holzweg ist, merkt’s fix, aber genauso schnell merkt man auch: Fachkompetenz und Menschlichkeit sind noch immer ein unschlagbares Duo. Vielleicht ein wenig unspektakulär, aber glücklich macht’s manchmal gerade deswegen.
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