Vienna House Easy by Wnydham Frankfurt Airport | 65451 Kelsterbach
- Relevanz
- Titeltreffer
- Datum
Relais & Chateaux Hotel Burg Schwarzenstein | 65366 Geisenheim
Vienna House Easy by Wnydham Frankfurt Airport | 65451 Kelsterbach
Relais & Chateaux Hotel Burg Schwarzenstein | 65366 Geisenheim
Manchmal frage ich mich, ob Menschen überhaupt wissen, was ein Oberkellner jenseits der weißen Schürze und dem höflichen „Empfehlen darf ich Ihnen…“ eigentlich macht. In Mainz, dieser an Ecken und Kanten reichen Stadt zwischen Studententrubel, Weinburgen und Geschäftsleuten, entpuppt sich der Beruf als alles andere als Routine. Wer einsteigt, merkt schnell: Hier reicht es nicht, Wein in Gläser zu kippen und dabei freundlich zu lächeln. Es ist vielmehr ein Handwerk, das Präzision, Organisationstalent und dieses berühmte Quäntchen Taktgefühl verlangt. Oder, wie ein Kollege mal lakonisch sagte: Wer Kaffee allein nach Duft beurteilt, hat den Job nie von innen erlebt.
Die Anforderungen? Knackig. Oberkellner sind nicht bloß Bedienung mit schickem Jackett. Sie orchestrieren. Tische vergeben, Speisen und Getränke raussenden, Beschwerden sachlich abfangen (gerne mal nach knapp einem Glas Riesling zu viel), und nebenher noch ein Team aus jungen Aushilfen und alten Gastro-Füchsen motivieren. Da hilft es nicht, sich hinter dem Tresen zu verstecken. Man muss vorne stehen – im Blickfeld der Gäste, der Kollegen, manchmal auch des Chefs, der zu spät von der Mittagspause kommt. In Mainz, besonders in den Weinstuben der Altstadt oder den ambitionierten Bistros am Rheinufer, ist der Ton freundlich, aber fordernd. Wer nicht dynamisch umschalten kann – von frotzeln zu formal, von souverän zu, naja, Notfall – der bekommt rasch Gegenwind.
Ein oft verdrängtes Thema: das Geld. Die Spanne ist ehrlicherweise ziemlich breit. In Mainz lässt sich als Oberkellner mit 2.500 € bis 3.200 € monatlich rechnen – Schwankungen nach Saison, Weingeschäft und Betrieb inklusive. Wer Verantwortung übernimmt, einen guten Draht zum Team entwickelt und auch die kniffligen Extraschichten nicht scheut, darf im Ausnahmefall an der 3.600 €-Marke kratzen. Aber: Trinkgeld ist eine launische Diva. Feiertage toppen, Fußballabende tropfen nach. Was wirklich zählt, ist die Mischung aus Grundgehalt und Extra – und da trennt sich in Mainz dann tatsächlich das Schnäppchenlokal vom ambitionierten Restaurant mit Auszeichnung.
Was viele unterschätzen: Mainz ist nicht Berlin, aber auch nicht die Gastro-Provinz. Die Stadt lebt von Tourismus, von der Uni, von großen Festen und kleinen Stammtischen. Man muss sich mit Regionalem auskennen – ein trockener Rheinhessen kommt hier selbstverständlich vor einem floral-bunten Spätlese-Chardonnay. Technisch verändert sich der Alltag freilich auch: Moderne Kassensysteme, digitale Tischpläne, Apps für Teamkommunikation – das alles ist längst mehr als Zukunftsmusik in Mainz. Wer sich hier nicht weiterbildet und offen bleibt, merkt beim nächsten Software-Update schnell, wie altmodisch sich Routine anfühlen kann. Weiterbildung gehört also ungeschönt dazu; mal als verpflichtende Schulung zum Allergiemanagement, mal als Weinverkostung auf Einladung des Chefs. Man lernt nie aus, nicht in dieser Branche – und in Mainz schon gar nicht.
Natürlich fragt man sich als Berufseinsteiger oder wechselwilliger Kellner manchmal: Lohnt sich das? Was macht den Unterschied? Für mich – und das klingt jetzt vielleicht zu poetisch – sind es die kleinen Situationen, die man nur hier erlebt: Ein Gast, der mit Mainzer Mundart nach einer herzhaften Empfehlung fragt. Ein Kollege, der nach der Schicht noch „en Schoppen“ anbietet. Oder der Moment, in dem man nach einem vollbesetzten Freitagabend erschöpft, aber zufrieden am Tresen steht – und weiß: Man hat heute nicht nur serviert, sondern für ein paar Stunden einen kleinen Mikrokosmos am Laufen gehalten. Das ist keine Raketenwissenschaft, aber auch kein Spaziergang. Wer das will, der findet in Mainz einen Beruf, der mehr ist als nur Gastgeberschaft. Eher eine Mischung aus Menschenkenntnis, Handwerk und einer Prise Lokalstolz. Doch manchmal frage ich mich dennoch: Warum reden eigentlich so wenige über unseren Berufsalltag? Vielleicht, weil er so vielschichtig ist, wie ein richtig guter Rheinhessen – am Anfang spritzig, im Nachgang überraschend komplex.
Das könnte Sie auch interessieren