PORR GmbH & Co. KGaA | 33311 Gütersloh
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Man kann es drehen und wenden, wie man will: Wer als Maurer oder Maurerin in die Restaurierungsarbeiten einsteigt, landet schnell mitten im Spannungsfeld zwischen handwerklicher Präzision, Respekt vor jahrzehntealten (oder gar mittelalterlichen) Bauwerken und den oft messerscharfen Vorgaben von Architekten, Bauherrschaften und Denkmalpflegern. In Rheine ist das ein Berufsfeld mit Ambitionen. Und – so viel nehme ich schon vorweg – es ist mit mehr als bloßem Steineklopfen oder Fugenkratzen getan.
Zwischen Sandstein und Seelenpflege – was den Job hier ausmacht? Er überrascht mich immer wieder. Mal stehst du in einer unspektakulären Seitenstraße – plötzlich öffnet sich der Blick auf ein Haus, das schon die Schweden gesehen hat. An anderen Tagen friert dir auf der Kirchenbaustelle fast die Hand ein, aber im Winter ist eben wenig mit Kalkmörtel und Klinkern. Kurz: Alltag gibt’s selten, Routine nur in Dosen, und Langeweile wäre das Gegenteil von dem, was hier wartet.
Was viele unterschätzen: Der Maurerberuf in der Restaurierung verlangt nicht nur nach Muskelkraft. Klar, der Umgang mit Hammer, Sanierkelle und Fugenkratzer ist Grundausstattung. Wirklich gefragt ist das Zusammenspiel aus Materialkunde, Gefühl fürs Detail (ich sage nur: wechselnde Steinqualitäten, Lochziegelfunde, seltene Mörteltypen) und einem gewissen Sinn für die Aura des Bauwerks – ob es dabei um einen alten Hof am Gellendorf oder die Turmhaube der St. Dionysiuskirche geht. Kniebeuge und Körpereinsatz gehören dazu. Aber halt eben auch – und hier zögere ich kurz, es klingt so nach Sonntagsrede – eine echte Portion Verantwortungsgefühl. Schließlich kann ein falscher Handgriff schnell unwiederbringlich sein.
Rheine – zwischen Ems und Vergangenheit, Handwerk und Industrie – bietet keine Überfülle an Großaufträgen, aber einen stabilen Stamm an Sanierungsprojekten. Wer sich auf Restaurierungsarbeiten spezialisiert oder darin einsteigt, findet eine Nische, in der man seltener von wirtschaftlichen Krisen voll getroffen wird. Historische Gebäude gibt’s genug, und die Nachfrage nach qualifizierten Maurern, die mehr als Reparatur können, bleibt bemerkenswert hoch. Man munkelt sogar, dass einige Betriebe bereits heute händeringend nach Nachwuchs suchen und unerwartete Karrierechancen bieten – wenn auch ohne Hollywood-Glanz.
Die Gehaltslage? Ehrlich, sie ist solide, aber nicht schillernd – jedenfalls zu Beginn. Einstiegsgehälter bewegen sich meist zwischen 2.600 € und 2.800 €, Tendenz mit Weiterqualifikation steigend. Wer Verantwortung übernimmt, sperrige Erbstücke mit Gespür und Sachverstand anfasst, der kann in Rheine durchaus auf 3.200 € bis 3.600 € und mehr kommen. Das klingt nach Handwerk starre Tarifbindung, ist aber durch regionale Abweichungen, individuelle Tarifverträge und gewerkschaftliche Einflüsse geprägt. Und, ja – das Plus an Verantwortung und Erfahrung macht sich oft wirklich erst nach Jahren bemerkbar.
Warum springen junge Leute überhaupt auf diesen Zug auf? Die Antwort darauf ist so wenig eindeutig wie das Mauerwerk im Untergrund eines Altstadthauses. Für die einen ist es das Greifbare: Der Satz, am Ende des Tages tatsächlich zu sehen, was man mit den eigenen Händen geschafft hat, klingt für Außenstehende abgedroschen – aber er stimmt. Andere schätzen die Mischung aus Tradition und unerwarteter Hightech, etwa wenn digitale Feuchtigkeitsmessungen oder Wärmebildkameras mit ins Spiel kommen. Überraschung am Rande: Digitalisierung findet inzwischen auch bei Maurern in der Restaurierung ihren Platz – wenngleich Papierlisten und handschriftliche Skizzen tapfer dagegenhalten.
Was man aber klar sagen muss: Die Arbeit ist oft unbequem. Zugige Hallen, fragwürdige Gerüste, manchmal Zeitdruck wegen strengem Denkmalschutz oder knappen Budgets. Nicht jeder Tag ist ein Geschenk. Doch wer am alten Rathaus eine Fuge repariert, wird schnell Teil einer kleinen Gemeinschaft, in der man voneinander lernt – nicht nur handwerklich, sondern auch menschlich. Manchmal fragt man sich, ob diese Sturheit, mit der Details ausgebessert, Steine gereinigt und Bögen neu gesetzt werden, nicht ein kleiner Rebellionsakt gegen die Wegwerfmentalität unserer Zeit ist.
Berufseinsteiger müssen keine Angst vor der Komplexität haben – im Gegenteil! Wer aus dem klassischen Neubau kommt und sich langfristig weiterentwickeln will, findet im Bereich Restaurierung einen Arbeitsalltag voller Lernkurven. Technologische Entwicklungen, etwa spezialisierte Mörtelsysteme oder 3D-Scans historischer Fassaden, zwingen einen förmlich dazu, am Ball zu bleiben. Zum Glück gibt es in Rheine und Umgebung immer wieder Fortbildungen, Kooperationen mit Fachschulen oder spontane Lerngemeinschaften auf der Baustelle. Den eigenen Horizont kann man hier also stetig erweitern; stehenbleiben geht – aber ist eigentlich verschenkt.
Ich selbst habe erlebt, wie ein Kollege nach zwanzig Jahren Neubau auf der Suche nach Sinn und Abwechslung zur Sanierung wechselte – ein Schritt, der Mut braucht, aber belohnt werden kann. Seine Bilanz: Weniger Hektik, dafür mehr Köpfezerbrechen, manchmal auch mehr Streitereien um die „richtige“ Lösung, aber am Ende abends ein Lächeln im Gesicht. Das macht den Unterschied aus.
Letztlich sind Maurerinnen und Maurer in der Restaurierung ein wenig wie stille Chronisten: Sie wahren das, was Generationen vor uns gebaut haben, mit Respekt, Geschick und dem Willen, nicht alles dem Kalkül oder der Modernisierung zu opfern. Rheine ist vielleicht kein Hotspot – dafür aber ein Labor für echte Baukultur. Wer sich auf dieses Spannungsfeld einlässt, bekommt nicht nur einen Beruf, sondern ein Handwerk, das den Alltag würzt. Nicht ohne Macken, selten mit Applaus, aber immer mit bleibender Handschrift im Stadtbild. Chapeau, sage ich – und wer weiß, vielleicht liest das ja morgen schon die nächste Generation Steinmetz mit einer Portion Neugier.
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