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Man muss schon ein wenig gestrickt sein wie alter Sandstein, um sich freiwillig den Herausforderungen der Heidelberger Restaurierungsbaustellen zu stellen. Stichwort: Mauern, Verputzen, Ausbessern – das klingt erst mal nach knochenharter Arbeit. Ist es manchmal auch. Aber diese Mauern erzählen Geschichten. Sie widerstehen dem Zahn der Zeit, krümeln nicht nur, sondern atmen Vergangenheit. Und wir sind diejenigen, die dafür sorgen, dass sie noch viele Generationen standhalten können. Oder zumindest: es versuchen.
Wer denkt, dass Restaurieren ein Abklatsch von „normaler“ Maurerei sei, dem möchte ich einen Tag zwischen Neckargemäuer und Barockfassaden empfehlen. In Heidelberg trifft man auf alles – zerbröselnder Sandstein am Kornmarkt, Fugen so marode wie alte Buche, kapriziöse Bauaufsichten oder Eigentümer, die es ganz genau wissen wollen. Das Fachwissen ist dabei fast halb so wertvoll wie das Fingerspitzengefühl: Welche Mischung taugt für Mörtel an einer 300 Jahre alten Mauer? Wann repariert, wann ergänzt man? Was viele unterschätzen: Jede Bausubstanz hat ihren Eigensinn. Altbau ist kein IKEA-Schrank. Einfach was rauskloppen und neuen Stein rein? Nicht in Heidelberg, Freunde. Manchmal stehen wir stundenlang vor einer Wand, reden mit ihr (ja, das hilft – zumindest dem Seelenfrieden), tasten, riechen, schaben. Fast wie Archäologie, nur ohne Pinsel.
Die technische Entwicklung hat auch vor den Restaurier-Maurern nicht Halt gemacht. Manche glauben ja, wir schießen immer noch mit Kalklehm und Trassmörtel aus Autos auf gotische Mauern. Richtig ist: Altbewährtes bleibt, aber digitale Feuchtigkeitsmessung, 3D-Scans von Verzierungen und lasergestützte Schadenskartierung gehören heute oft dazu. Nicht zu vergessen: Vorschriften ohne Ende. Denkmalschutz, Nachhaltigkeit, Energieeffizienz – so viele Begriffe, dass man gelegentlich einen eigenen geprüften Übersetzer für Bauprosa bräuchte. Wer jetzt einsteigt, sollte keine Angst vor Technik oder Papierkram haben. Oder vor dem gelegentlichen Kopfschütteln der alten Hasen auf der Baustelle, wenn man mit dem Tablet anrückt.
Wie sieht’s aus mit dem Kontostand? Tja, Luft nach oben gibt’s immer. In Heidelberg, mit seinen Prestigeprojekten und dem ständigen Bedarf an Sanierung, bewegt sich das Einstiegsgehalt für Maurer in der Restauration meist zwischen 2.600 € und 3.100 € – je nach Erfahrung, Qualifikation und, seien wir ehrlich: Verhandlungsgeschick. Mit ein paar Jahren auf der Uhr, zusätzlichen Zertifikaten (zum Beispiel im Bereich Naturstein oder Baudenkmalpflege) und einer ordentlichen Portion Leidenschaft sind 3.300 € bis 3.900 € durchaus drin. Aber. Es bleibt Knochenarbeit, oft draußen, staubig und unter Beobachtung von Denkmalschützern, Architekten und Touristen, die schon vor Feierabend wissen wollen, was denn hier so lange dauert.
Was bringt Leute wie mich dazu, sich tagein, tagaus mit krummen Wänden, meckernden Bauleitern oder Märkten auseinanderzusetzen, auf denen Billiganbieter den Wert von echter Handwerkskunst untergraben? Vielleicht ist es Lokalpatriotismus, vielleicht Neugier, oder die Freude, am Wochenende am Philosophenweg entlangzuschlendern und sagen zu können: „Seht ihr das da? Das hab ich gemacht. Und keiner sieht’s – aber alles hält.“ Manche Kollegen wechseln nach ein paar Jahren lieber in die Industrie oder in die Modernisierung. Verständlich. Wer aber bleibt, weiß, dass Restaurieren keine Routine, sondern Berufung ist. Und – seien wir ehrlich – manchmal fragt man sich abends, ob man der Stadt nicht doch ein bisschen was gibt zurück.
Restaurierungsarbeiten in der Mauerei – das ist in Heidelberg mehr als ein Job. Es fühlt sich an wie ein Spagat zwischen den Jahrhunderten, manchmal wie ein Kampf gegen Windmühlen (die hier eh nie standen), manchmal wie ein Heimspiel. Zwischen Hightech und Handarbeit, zwischen Vorschriftensalat und echtem Teamgeist. Und immer mit dem Gefühl, ein kleines, unsichtbares Stück Stadt mitzugestalten. Man muss es wollen, keine Frage. Aber für die, die bleiben, ist es mehr als ein Beruf. Es ist ein Stein, den man der Stadt zurücklegt – in der Hoffnung, dass er bleibt.
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