PORR GmbH & Co. KGaA | 33311 Gütersloh
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Es gibt Berufe, bei denen schmutzige Hände fast schon zum guten Ton gehören – Maurer im Bereich Restaurierungsarbeiten etwa. Aber wer hier an schnödes Mauern im Akkord denkt oder an armselige Schutthaufen am Stadtrand, der hat Bielefeld nicht gesehen. Schon gar nicht das, was Restaurierungsfachleute in dieser Stadt erwartet – ich spreche von Gründerzeitfassaden mit Patina, verwinkelten Jugendstil-Treppenhäusern und diesen Altbau-Kellern, bei denen so mancher Bauingenieur die Luft anhält und liest “Baujahr 1898”. Klingt romantisch? Manchmal. Oft ist's auch schlicht Knochenarbeit.
Das eigentliche Herzstück des Berufs: das Verständnis für baugeschichtliche Zusammenhänge, handwerkliche Details, Materialkunde – und, ja, Geduld. Wer als Berufseinsteiger oder Branchenwechsler meint, Stuckprofile, Sandstein und Backsteingelege ließen sich mal eben mit Standardmörtel auf Stand bringen, wird rasch vom Gegenteil überzeugt. Die Arbeit am Bauwerk vergangener Jahrzehnte (und in Bielefeld oft: Jahrhunderte) verlangt technisches Können und ein Händchen für Unplanbares. Denn keine Mauer ist wie die andere, jede Fuge hat ihre Geschichte. Um ehrlich zu sein: In der Praxis ist vieles weniger planbar als in Fachlehrbüchern. An manchen Tagen rätselt man mehr mit dem Zollstock als mit dem Kopf.
Die Bielefelder Altstadt, Schildesche, Gadderbaum – überall Baubestand, der Respekt einflößt. Wer aus anderen Regionen kommt, wundert sich vielleicht: Es gibt erstaunlich viele Denkmalschutzauflagen, lokale Richtlinien, und dabei einen gefühlt endlosen Beratungsbedarf zwischen Behörde, Handwerker und Eigentümer. Was das für den Alltag bedeutet? Man jongliert mehr mit traditionellen Techniken – Mineralputze, Kalkmörtel, Ziegel, manchmal historische Farbrezepturen – und weniger mit Schnellbeton und Fertigmischung à la Neubaugebiet. Und mal ganz ehrlich: Der Stolz, wenn nach Wochen Kratzputz, Fugenarbeit und Kleinkrieg mit altem Mauerwerk ein Blick auf die fertige Fassade fällt – unbezahlbar. Oder, um in Zahlen zu sprechen: Mit einer üblichen Einstiegsvergütung rund um 2.700 € bis 2.900 € kann man leben. Wer sich spezialisiert oder den Meister macht, landet sogar bei 3.200 € bis 3.600 € – und das in einem Feld, das regional vergleichsweise stabil dasteht.
Trotz der Traditionen bleibt das Geschäft erstaunlich dynamisch. Ob Schimmelsanierung, Feuchtigkeitsmessung, energetische Ertüchtigung alter Mauern – neue Techniken ziehen ein. Schulungen zu historischen Baustoffen, Anwendung moderner Messgeräte oder Qualifizierungen im Bereich Denkmalschutz werden in Bielefeld durchaus nachgefragt. Und bei aller Schwärmerei für den Charme bröckelnder Fassaden: Wer den digitalen Wandel ignoriert, bleibt stehen – Baustellen-Tablet, 3D-Laserscanner, digitale Dokumentation sind Teil der Zukunft, auch wenn das abends am Stammtisch noch als „Firlefanz“ belächelt wird. Manchmal ertappe ich mich selbst dabei, das Handy zu zücken, um nach einer bestimmten Fuge oder Steinsorte zu suchen – vor Jahren undenkbar.
Bleibt zu sagen: Kein Job für Eilige und auch keiner für wetterängstliche Feingeister. Die Arbeit am denkmalgeschützten Bestand erfordert Toleranz für unregelmäßige Arbeitszeiten, gelegentlich überraschende Längenzuschläge beim Feierabend – und Frustrationstoleranz, wenn das Einlassen von neuen Steinen doch wieder technische Probleme bringt. Aber irgendwann, beim Blick durch staubiges Licht auf ein gerettetes Portal, merkt man: Es lohnt sich. Vielleicht fragt man sich: Würde ich es wieder machen? Wahrscheinlich ja – mit der nötigen Portion Pragmatismus und viel Respekt vor jahrhundertealtem Handwerk. Und nicht zuletzt: Bielefeld belohnt Durchhaltevermögen und Offenheit für Neues. Das schaffen nicht alle Berufe.
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