KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft | 30159 Hannover, Leipzig, Nürnberg, Berlin, Bielefeld, Bremen, Essen, Mannheim, Mainz
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Thüringer Aufbaubank, AöR | 99084 Erfurt
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Wer sich als Mathematiker in Halle (Saale) einen Arbeitsplatz sucht – und damit meine ich alle, die frisch von der Uni kommen, aber auch Wechsler aus anderen Branchen oder erfahrene Fachkräfte mit einem Faible für Zahlen – landet früher oder später bei einer entscheidenden Frage: Lohnt es sich, sich hier zu verankern? Die ehrliche Antwort? Je nachdem, was man erwartet – und wie leidensfähig man mit Blick auf regionale Eigenheiten ist. Halle ist nicht Berlin, und das ist beileibe kein Nachteil. Der Spirit ist anders, der Markt kleiner, ja. Aber dafür atmet die Stadt eine – wie soll ich sagen – gewisse Gelassenheit, eine Wissenschaftstradition, die kurz davor ist, ins temperamentvolle Murren umzuschlagen, wenn Spardruck und Stellenkürzungen am Horizont auftauchen.
Eines fällt sofort ins Auge: Hier lebt Mathematik nicht nur im (zugegeben imposanten) Hauptgebäude der Uni, sondern auch an Schnittstellen, die man als Erstsemester so gar nicht auf dem Schirm hat. Von der Biostatistik am Weinberg Campus bis zu mathematischen Modellen bei Softwarefirmen – die typische Jobausschreibung ist in Halle selten auf reine Theorie beschränkt. Es ist die Anwendung, die zählt. Und nicht selten landet man in einem bunten Dunstkreis aus IT, Wirtschaftsanalyse, Datenmodellen. Wer nur Beweise liebt, wird leise überrumpelt. Wer aber bereit ist, sich Daten, Codes und Algorithmen zuzumuten, kann zwischen Firmen und Forschung relativ flexibel pendeln. In gewisser Weise zwingt Halle einen, die Komfortzone zu verlassen, aber – und das mag die entscheidende Pointe sein – spart einem auch den ganz großen Jobzirkus, den es andernorts gibt. Das kann befreiend sein. Oder frustrierend. Kommt darauf an, worauf man baut.
Beim Geld hört übrigens die Mathematik nicht auf, spannend zu sein. Vieles ist hier Verhandlungssache, und die Gehälter? Realistisch gesprochen: Wer als Absolvent startet, sieht meist zwischen 2.800 € und 3.200 €. In Unternehmen, die datengetriebene Modellierung oder IT-Dienstleistungen anbieten, lassen sich mit etwas Erfahrung auch schnell 3.500 € bis 4.200 € erreichen. Im Hochschulapparat dagegen – vorsicht, jetzt wird’s trocken – kann das Einstiegsgehalt durchaus auf ernüchternde 2.600 € absinken. Was viele unterschätzen: Der Sprung in die Versicherungs- oder Bankenwelt fällt lokal kleiner aus als im Westen, weil die großen Zentralen schlicht anderswo sitzen. Dafür sind die Lebenshaltungskosten erträglich, der Mietmarkt übersichtlich. Nicht zu vergessen: Samsung-Handytarife und barocke Kneipengespräche kosten auch hier nicht mehr als in anderen Städten, die sich Großstadt schimpfen.
Ein kleiner Einwurf zur Anpassungsfähigkeit: Was in Halle zählt, ist Wandlungsbereitschaft. Wer mit dem Anspruch herumläuft, nur als reiner Mathematiker (im Sinne von – ich will nur beweisen, klassifizieren, im Elfenbeinturm forschen) durchzukommen, bleibt oft außen vor. Firmen suchen kommunikative Vermittler, die Regressionsanalysen ebenso überzeugend erklären wie sie ausführen. An der Uni? Klar, da gibt es die Freude am Beweis, aber sie wird zunehmend ergänzt durch interdisziplinäre Projekte – Biophysik, Data Science und alles, was man heute „Querschnittsthemen“ nennt. Vielleicht bin ich da zu kritisch, aber die goldene Zeit der puren Theorie wankt. Man kann das schlecht finden, muss sich aber bewegen, will man nicht unversehens zum Relikt werden.
Was viele vergessen: Halle hat jenseits des Mainstreams eine erstaunlich wache Community mathematisch Interessierter. Wissenschaftliche Vorträge, interdisziplinäre Arbeitsgruppen, Start-ups, die in der Nische operieren und trotzdem regelmäßig Impulse setzen – solche Möglichkeiten sind nicht Lautsprecher, schon gar nicht Selbstläufer wie in München oder Hamburg. Aber sie sind da. Man muss sie nur wollen – oder finden wollen. Und manchmal, in den windigen Gassen zwischen Marktplatz und Saaleufer, stellt man fest: Die schwierigste Gleichung ist nicht die, die im Seminar bewiesen wurde, sondern jene, die zwischen fachlichem Anspruch und regionaler Realität aufgeht. Oder halt eben nicht – aber das ist ein anderes Thema.
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