Professional Scientists GmbH & Co. KG | 88045 Friedrichshafen, Konstanz, Stuttgart, Ulm
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Hensoldt | 77871 Ulm
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Irgendwann stolpert man als Mathematikinteressierter unweigerlich über die entscheidende Frage: Was macht ein Mathematiker eigentlich, abseits von bleichen Uni-Fluren und kryptischen Tafelbildern? Gerade in Freiburg im Breisgau, diesem charmanten Zwitter aus kleinstädtischer Lässigkeit und forschungsintensiver Hightech-Insel, entwickelt das Berufsbild eine bemerkenswerte Eigenart – zwischen Lebensqualität, Wissenschaft und dem Versuch, die Mathematik mit dem echten Leben zu versöhnen.
Die romantische Vorstellung des Mathematikers als weltfremder Theoretiker, der vor lauter Formeln den Schlüsselbund verlegt – geschenkt. In Freiburg hält einen die Praxis schneller auf Trab, als einem lieb ist. Wer heute einsteigt, landet selten in muffigen Rechenstuben. Viel häufiger verschlägt es einen in die Schnittstellen zwischen datenhungrigen mittelständischen Unternehmen, Software-Schmieden, Banken oder – wirklich wahr – in Kliniken, wo die Datenanalyse Leben retten kann.
Die Rolle: mal Zahlenflüsterer, mal analytischer Sparringspartner. Ob es nun um Risikomodelle bei einem Versicherer am Rand des Schwarzwalds geht, um Python-Skripte für die lokale Energiewende oder um Bildauswertungen, die der Freiburger Pathologieer kennt – Mathematiker werden gebraucht, wenn Denkarbeit mehr zählt als Routine. Ehrlich, die beste Vorbereitung auf den Alltag sind nicht immer die stundenlangen Beweise im Masterseminar, sondern die Fähigkeit, zwischen den Welten zu wandern. Das sagt einem vorher nur keiner.
Viele zieht es in hippe Metropolen; Freiburg wird gerne unterschätzt. Ein Fehler – zumindest, wenn man ein Faible für forschungsnahe Arbeit, kurze Wege und den sprichwörtlichen „breiten Horizont“ hat. Die Stadt lockt nicht durch Massenindustrie, sondern durch Diversität im Kleinen. Es gibt bundesweit beachtete Forschung am Fraunhofer, starke Nähe zur Universität, dazu ein Sammelsurium an Data-Science-Start-ups, Medizin- und Umwelttechnikern, die ständig nach analytischer Verstärkung lechzen – ja, auch Start-ups, die bei allem Idealismus gern das Salär knausern. Aber dazu gleich mehr.
Apropos: Die Bezahlung. Das ewige Knackpunkt-Thema. Wer einen klassischen Job im angewandten Bereich ergattert, muss mit viel Varianz rechnen: Zwischen 3.200 € und 4.400 € für Einsteiger sind in Freiburg realistisch – je nach Sektor, Abschluss und Verhandlungsgeschick. Klar, die Lebenshaltungskosten sind kein Pappenstiel. Aber: Wer auf Forschung oder öffentliche Stellen schielt, landet oft im Bereich von 2.900 € bis 3.600 €. Die Wirtschaft? Da blitzt gelegentlich auch ein Angebot jenseits von 5.000 € auf – doch das bleibt eher die Ausnahme als die Regel. Und, Hand aufs Herz: Die Leidenschaft, mit der hier so mancher ins Risiko denkt, wiegt manches Defizit auf. Aber eben nicht jedes.
Was viele unterschätzen: Reines Zahlenkönnen reicht längst nicht mehr. Wer als Mathematiker in Freiburg Fuß fassen will, stolpert früher oder später über die weichen Kriterien – Teamkommunikation, schmutzige Daten, wechselnde Anforderungen. Da hilft kein Lösen von Differentialgleichungen, sondern ein Gefühl für Menschen – und der Mut, auch mal mit Halbwissen ins Meeting zu gehen. Gut, manchmal schmerzt das. Aber es öffnet Türen.
Gerade dieser Spagat macht den Reiz aus. Während der eine sich in Simulationsmodellen für regenerative Energien verliert, tüftelt die andere an Algorithmen, die dem lokalen Einzelhandel (ja, so etwas gibt es hier noch) einen Ast vor der Online-Konkurrenz verschaffen sollen. Keine Goldgräberstimmung, aber viele Nischen – und ein Klima, das ausprobieren erlaubt. Nicht zu vergessen: Gerade die Nähe zu Umwelt-, Medizin- oder Klimainformatik bringt eine ganz eigene Dynamik. Wer Wandel will, findet hier Spielwiese genug.
Es gibt Tage, da fragt man sich: Ist das jetzt Mathematik, was ich hier tue – oder irgendwas zwischen Beratung, Code und Kaffeemaschine? Die Antwort, so meine Erfahrung: Es ist beides. Oder nichts davon. Der Beruf in Freiburg ist ein Chamäleon. Weiterbildung? Ein Muss – und zwar nicht nur akademisch, sondern in all den Nischenthemen, die zwischen Statistik, Künstlicher Intelligenz und dem nächsten Startup-Pitch oszillieren.
Manchmal wünscht man sich die Klarheit der Nullstellen zurück. Aber: Wer wach bleibt, kann hier aus schrägen Projekten Berufung ziehen. Einen Zauberschlüssel gibt es nicht. Aber für diejenigen, die den Sprung ins Unbekannte wagen wollen – und keine Angst vor gelegentlicher Ratlosigkeit haben – bleibt der Mathematiker in Freiburg eine Berufsdecouvrierung mit überraschend viel Spielraum.
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