d-kn GmbH | 50667 Köln
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Manchmal frage ich mich, ob eigentlich je jemand rein zufällig in dieses Handwerk stolpert. Motorrad-Mechatroniker – das ist kein Beruf, den man im Vorbeigehen wählt. Zumindest niemand, den ich in Oberhausen je getroffen habe. Die meisten, die sich für diesen Pfad entscheiden, teilen einen eindeutigen Hang: Benzin im Blut, ein Faible für Handschmutz und ein schwer erklärbares Bedürfnis, technische Probleme so lange neu zu denken, bis der Motor tatsächlich wieder schnurrt. Und klar: ein klitzekleiner Hang zum Querdenken. „Geht nicht, gibt’s nicht!“ – hat mir mal ein älterer Kollege entgegengeschleudert. Ich weiß nicht, ob das immer stimmt, aber die Haltung ist Gold wert.
Wovon lebt das Berufsbild hier vor Ort? Um ehrlich zu sein: Allzu viele Motorradwerkstätten gibt es in Oberhausen nicht mehr – Kleinstbetriebe, selten große Filialketten und eine Mischung aus Traditionsläden und ruppigen Newcomern prägen das Bild. Die Aufgaben reichen vom planmäßigen Reifenwechsel bei der 125er über Stoßdämpferaustausch an alten Choppern bis hin zu stundenlangem Diagnose-Krimi an einer modernen 800er Maschine mit Bordcomputer. Digitalisierung? Nun, sie hält Einzug, auch wenn sie in manchen Betrieben noch als notwendiges Übel gesehen wird. Denn wer die Elektronik nicht kapiert, ist raus. Punkt.
Betrachtet man die Zahlen, landet man rasch auf dem Boden der Tatsachen. Das Einstiegsgehalt für Motorrad-Mechatroniker hier im Ruhrgebiet liegt meist im Bereich zwischen 2.400 € und 2.800 €; mit Erfahrung, Zusatzqualifikation oder Spezialisierung (etwa auf bestimmte Marken oder Leistungsdiagnostik) gehen auch 3.000 € bis 3.600 € durch. Utopisch ist das nicht, aber auch kein Desaster. Den ganz großen Reichtum holst du dir anderweitig – hier zählt vielmehr die Freude an echter, schmutziger, nie endender Schrauberei. Wer das liebt, nennt es Freiheit. Wer’s nüchterner nimmt, wälzt Montageanleitungen.
Regionale Besonderheiten? Ja, sogar mehr, als man auf den ersten Blick ahnt. Der typische Kundenstamm in Oberhausen ist durchmischt – junge Fahrer, Alteisen-Schrauber, Alltagsfahrer genauso wie Wochenend-Abenteurer mit Hang zur Selbstinszenierung. Im Frühjahr gibt’s einen Run auf Werkstätten, wegen der Hektik vorm Saisonstart. Schon erlebt, dass ein Kunde nervös neben der Bühne auf und ab tigert, während du den Bremsflüssigkeitswechsel vornimmst? Alltag. Und dann diese Tage, an denen die Motorradszene sich zum Treffen am Kanal sammelt, der Klang von Triebwerken über den Asphalt schallt und du weißt: Mindestens zwei von denen siehst du nächste Woche wegen Kettenriss oder Anlasserdefekt an deiner Hebebühne wieder.
Was viele unterschätzen: Die Anforderungen sind in den letzten Jahren spürbar gestiegen. Statt stumpfem Teiletausch erwarten Kunden heute handfeste Beratung, Mitsprache bei der Auswahl von Komponenten und sicher auch mal ein offenes Ohr für abenteuerliche Umbauwünsche. Dazu: Umgang mit Diagnosesoftware, Updates und diesem eigenartigen Spagat zwischen Hightech und uraltem Handschweiß. Einerseits brauchst du den Kopf eines Technikers, andererseits die Hände eines Handwerkers – und ab und zu eine dicke Haut für ruppige Kundenkommentare. Wäre alles easy, gäbe es mehr Leute, die’s machen wollen.
Wie sieht’s mit Perspektiven aus? Durchwachsen, aber nicht aussichtslos. Wer gerade einsteigt, findet in Oberhausen durchaus offene Türen – erfahrene Kräfte werden immer gebraucht, vor allem, wenn sie sich nicht nur für den Standard interessieren. Der Markt für Serviceleistungen rund um das Motorrad wächst, getrieben von einer erstaunlich regen Szene, die trotz allen Trends zur Elektromobilität nicht ans Abtreten denkt. Die Kunst besteht darin, mit der Technik Schritt zu halten, sich nicht von jeder Cloud-Lösung nervös machen zu lassen – und noch das kleine Quäntchen Leidenschaft zu bewahren, das einen abends zufrieden nach Hause fahren lässt. Oder auch mal frustriert, weil der Fehler wieder partout nicht auffindbar war. Gehört dazu. Also: Kein Spaziergang. Aber auch keine Sackgasse.
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