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Motorräder und Gelsenkirchen – das klingt im ersten Moment nicht nach Bilderbuchidylle. Wer hier auf zwei Rädern unterwegs ist, weiß: Der Asphalt ist rau, aber der Zusammenhalt unter Biker:innen fast schon familiär. Überhaupt: Motorradtechnik im Ruhrgebiet, das ist keine romantische Schrauberei in Omas Garage, sondern handfestes Handwerk am Puls der Region. Für Einsteiger:innen und wechselbereite Fachkräfte, die mehr als nur Benzingeruch suchen, bleibt der Beruf des Kfz Mechatronikers für Motorradtechnik eine eigenartige Mischung aus Präzisionsarbeit, Alltagskampf und – wenn alles gut läuft – echtem Stolz.
Wer glaubt, Motorradtechnik sei schlicht Auto, nur kleiner, irrt kolossal. Es gibt diesen Moment, wenn man den Korpus einer alten Yamaha zerlegt und feststellt, wie viel Mechanik hier auf engstem Raum ineinandergreift: Gabelöl, Riemenspanner, Steuerketten – alles, was bei Autos durch Verkleidung und Elektronik kaschiert wird, liegt beim Motorrad offen, schutzlos, quasi nackt. Und dann soll alles nicht nur halten, sondern auf der Straße funktionieren und im Zweifel einen Sturz verhindern. Da reicht’s eben nicht, einfach mal anzuklemmen oder einen Sensor weiterzuwerfen. Nein, hier ist echte Handarbeit gefragt – und Geduld. Ich kann mich noch erinnern (vergessen werde ich’s vermutlich nie), wie ich bei knisternder Luft in der Werkstatt zum ersten Mal die Zündung an einer Harley eingestellt habe. Das Herz schlug schneller als das Aggregat.
Die eigentliche Überraschung liegt in der Entwicklung der Branche – gerade hier in Gelsenkirchen. Trotz aller Klischees über alternde Biker und drohenden Nachwuchsmangel bleiben die Auftragsbücher voll, manchmal voller, als einem lieb ist. Klar, die jüngeren Jahrgänge ticken anders. Aber spätestens seit Retro-Customizing und E-Bikes boomen, gehören plötzlich auch Studierende, Quereinsteigerinnen, ITler (ja, ernsthaft!) und passionierte Schrauber:innen zur Kundschaft, die mehr erwartet als den schnellen TÜV-Stempel. Elektromobilität reißt Lücken ins altehrwürdige Schrauberleben. Manche sehen darin bloß neues Spielzeug, andere eine düstere Vorahnung. In meinen Augen? Mal ehrlich: Wer sich ohne Neugier auf Technik fortbildet, bleibt irgendwann auf der Strecke – im übertragenen wie im wörtlichen Sinn.
Gelsenkirchen mag als Industriestandort in der Nachkriegszeit geboomt haben, die Spuren des Strukturwandels lassen sich nicht wegdiskutieren. Dennoch: Gerade Motorräder taugen hier als Vehikel für Selbstbestimmung. Werkstätten wie meiner einen Kaffeekenner zum Kunden machen? Eher selten. In Gelsenkirchen bringt man einen Pott Kaffee („schwarz, wie’s Öl“), ein paar ehrliche Worte und möglichst wenig Tamtam. Kontakte laufen direkt, und wer nach Feierabend im Blaumann auf dem Hof steht, merkt schnell: Biker und Bastler kommen meist schneller ins Gespräch als Personalabteilungen in so mancher Großindustrie. Die Werkstätten untereinander? Konkurrenz, ja – aber auch eine Art verschworener Club. In der Großstadt kann das anders laufen, aber hier… bleibt die Sache bodenständig.
Was viele – vor allem Berufseinsteiger:innen – unterschätzen: Die Gehaltsschraube dreht sich in Gelsenkirchen oft etwas langsamer als in direkter Nachbarschaft zum großen Ruhrmetropolen-Kuchen. Einstiegsgehälter bewegen sich meist zwischen 2.300 € und 2.700 €; mit ein paar Jahren Erfahrung (und der richtigen Werkstatt, versteht sich) sind 2.900 € bis 3.300 € machbar. Klingt im bundesweiten Vergleich eher unspektakulär, dafür ist das Miteinander in kleineren Betrieben meist direkter – plus: Fortbildungen, etwa für alternative Antriebe oder Spezialumbauten, werden hier fast schon als Lebensversicherung gehandelt. Es muss ja nicht immer der nächste Schritt zum Meister sein. Wer sich spezialisieren will, stößt etwas schneller auf offene Ohren, auch weil der Fachkräftemangel zum Running Gag der ganzen Branche geworden ist. Und wenn’s mal wieder länger dauert, bis ein Ersatzteil auftaucht? Willkommen im Alltag.
Manchmal, am Ende eines langen Tages, fragt man sich: Warum eigentlich mache ich diesen Job? Dann sitzt du im Blaumann, irgendwo zwischen Zündkerzensatz und Diagnose-Laptop, und es wird klar – weil sich hier große Technik und kleine Menschengeschichten kreuzen. Motorräder in Gelsenkirchen? Das ist nie nur ein Job. Es ist – mit all seinen Macken und Momenten – eine Art gelebter Pragmatismus. Und ja, manchmal reicht ein Schulterklopfen vom Stammkunden oder die erste Probefahrt nach einer Marathonreparatur, um zu wissen: Genau dafür lohnt sich das ganze Theater.
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