CeramTec GmbH | 95615 Marktredwitz
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Neue Materialien Fürth GmbH | Fürth
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Wer bei „Keramik“ an Blumenkübel denkt, hat vermutlich seit dem letzten Dorffest keine Fachzeitschrift mehr angefasst. Denn in Nürnberg – ausgerechnet dieser Stadt, die jahrhundertelang Ziegel und Fayence in feinster Manier hervorbrachte – spricht heute kein Mensch mehr vom dekorativen Zierrat, sondern von Präzisionsbauteilen, Hochleistungskeramiken und manchmal ganz offen vom Kampf um molekulare Grenzwerte. Willkommen im Alltag eines Keramikingenieurs, wie ihn die wenigsten von außen vermuten würden.
Manchmal frage ich mich selbst, ob unser Beruf nicht zwischen zwei Extremen steckt. Einerseits: unendliches Innovationspotenzial – von medizintechnischen Komponenten, die in künstlichen Hüftgelenken stecken, bis zu Sensorik für Industrie 4.0. Andererseits: der bodenständige, fast störrisch beharrliche Alltag in fränkischen Werkhallen, wo Optimierungen, Silifizierung oder Sinterzyklen besprochen werden, als wäre es ein Sonntagsspaziergang – aber wehe, der Ofen läuft schief. Und Nürnberg? In puncto Standort ein Schmelztiegel: historisch gewachsen, dicht an wichtigen Zulieferern für Automotive und Maschinenbau, aber gleichzeitig ein Magnet für Start-ups im Bereich additive Fertigung oder Materialentwicklung.
Die Mischung macht’s. Wer glaubt, dass man als Keramikingenieur tagein, tagaus im Labor sitze und nur an Formeln feile, verkennt die Praxis: Mal geht’s um die Chargenqualität, mal um Prozessstabilität oder die Umsetzung digitaler Prozessdatenerfassung. Es gibt diese Momente, in denen du mit Handschuhen bis zum Ellenbogen in Rohstoffanalysen steckst und – ehrlich gesagt – manchmal denkst: „Die Theorie auf dem Papier interessiert hier gerade nur den Ofen, und der gibt keine Widerworte.“ Gleichzeitig fliegen im Büro hochtrabende Begriffe wie „funktionalisierte Oberflächen“ oder „Zirkonoxid-Matrix“ durch die Luft, während im Werk die eigentliche Frage lautet: Wie erreichen wir die Serie bei minimaler Ausschussrate?
Fachlich? Die Latte hängt nicht niedrig, das kann ich bestätigen. Werkstoffkunde, Thermodynamik und Fertigungstechnologien sind Grundausstattung; digitales Prozessverständnis und Kreativität werden allerdings immer wichtiger. Gerade in Nürnberg, wo neben klassischen Mittelständlern auch überraschend viele Forschungskooperationen im Gange sind – da ist Durchblick gefragt. Einsteiger werden zwar gern genommen (frischer Wind, Willen, keine Betriebsblindheit), aber unterschätzen sollte man den intensiven Praxisanteil nicht: Die beste Modellierung nützt wenig, wenn bei der Werkstoffprüfung das Bauteil platzt.
Was den Verdienst angeht, bewegt sich Nürnberg im soliden Bereich. Einstiegsgehälter landen meist zwischen 3.500 € und 3.900 €. Wer einige Jahre Erfahrung und Spezialisierung (Stichwort: Medizintechnik, E-Mobilität) vorzuweisen hat, kann auch 4.200 € bis 5.100 € erwarten – wobei das selten linear verläuft. Im Mittelstand gelten noch die alten Gesetze: Qualifikation ist wichtig, Kontakte und Beharrlichkeit niemals zu unterschätzen.
Persönlich sehe ich, dass die Branche vor einer doppelten Herausforderung steht. Zum einen: Nachwuchsmangel – die Generation, die neben feinstem Porzellan auch Cloud-Datenbanken versteht, ist rar und heftig umworben. Zum anderen: Technologisches Neuland, von alternativen Rohstoffen über Recycling bis zu AI-gestützten Prozessen. Viele Betriebe experimentieren inzwischen mit additiven Fertigungsverfahren oder Hybridmodulen – nicht alle sind damit glücklich. Nürnberg hat dabei einen Standortvorteil: Die Nähe zu wissenschaftlichen Einrichtungen und eine überraschend anpackende Mentalität. Wer sich ehrliche Fragen traut und auch mal Unbequemliches anspricht, wird hier nicht weggegrinst, sondern eingeladen, es besser zu machen (was nicht überall selbstverständlich ist …).
Manchmal scheint es mir, als stehe man als Keramikingenieur in Nürnberg täglich an einer Gabelung: Bleibt man beim Bewährten – also soliden, aber technisch konservativen Ansätzen? Oder nimmt man das Wagnis, neue Rezepte auszuprobieren und sich durch kleine Katastrophen (Ofen aus, Mischung daneben, Kunde ungeduldig) zu kämpfen? Langweilig wird’s selten. Und das sage ich, obwohl ich schon so manches Mal abends die Schutzbrille an den Rückspiegel gehängt habe und dachte: „Vieles klappt hier, weil Kollaboration mehr zählt als Ellenbogen.“ Ist doch was wert, oder?
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