Gerhard D. Wempe GmbH & Co. KG | Glashütte (Sachsen)
- Relevanz
- Titeltreffer
- Datum
Gerhard D. Wempe GmbH & Co. KG | Glashütte
Gerhard D. Wempe GmbH & Co. KG | Glashütte (Sachsen)
Gerhard D. Wempe GmbH & Co. KG | Glashütte
Man stellt sich einen Beruf oft glamouröser vor, als er ist. Kommt jemand frisch aus der Ausbildung – sagen wir als Uhrmacher, vielleicht auch als Juwelier – und landet in einem alteingesessenen Dresdner Fachgeschäft, prallt Realität schon mal mit Hochglanzbroschüren zusammen. Es riecht nach Öl, nicht nach Parfüm. Unter der Handlupe zeigt sich vieles – Kratzer in Gold, winzige Fehler in Werksteilen, Staub, noch und nöcher. Dresden, so charmant die Fassade, ist eben auch Werkstatt: Tradition und Späne, elegantes Handwerk mit ganz eigenem Tempo. Wer sich hier beweisen will, braucht mehr als eine ruhige Hand.
Ich habe mich lange gefragt, warum eigentlich viele gerade in der Region Sachsen, speziell in Dresden, nach wie vor so viel Wert auf klassische Uhrmacher- und Juwelierkunst legen. Klar, die Stadt lebt von ihrer Geschichte, von den Dynamiken zwischen Semperoper und Elbtal. Aber: Es gibt dieses merkwürdige Bedürfnis, Dinge zu erhalten – nicht bloß zu ersetzen. Das bringt eine gewisse Kundschaft mit sich, die Wert auf erstklassige Reparatur legt, auf Beratung, auf diskrete Expertise, gern mit altmodischer Höflichkeit (ist gar nicht so leicht, wenn man knapp über zwanzig ist und sich an gestandene Sammler heranwagt).
Der Alltag? Widersprüchlich. Mal winzige Schrauben, dann wieder wuchtige Schmuckstücke – Gefrickel, bei dem eine zittrige Hand alles zunichtemachen kann. Ein falscher Dreh, und das Werkstück ist ruiniert. Gleichzeitig läuft im Hintergrund das Geschäft: Verkauf, Beratung, Inventur, komplizierte Gespräche über Wertentwicklung von Uhrenmarken, die andere nicht mal aussprechen können. Viele unterschätzen, wie technikaffin man sein muss. Und wie nervig es sein kann, wenn sich die Digitalisierung anschleicht. Manchmal fragt man sich: Muss wirklich jeder Prozess jetzt digital protokolliert werden? Wo bleibt das analoge Bauchgefühl, die kleine Improvisation zwischen Feder und Zahnrad?
Hier in Dresden liegt das Durchschnittsgehalt für angehende Fachkräfte und junge Mitarbeitende im Uhrmacher- oder Juwelierbereich häufig zwischen 2.300 € und 2.800 € – je nach Laden, Erfahrung, Kundenklientel. Hand aufs Herz: Ein Selbstläufer ist das nicht. Wer eine Meisterqualifikation anstrebt oder sich auf die Restauration seltener Stücke spezialisiert, kann – mit wachsender Verantwortung – auch die 3.000 € bis 3.600 € knacken. Großverdiener werden die Wenigsten, aber es gibt Nischen für Spezialist:innen, die ihr Handwerk kultivieren und von Mundpropaganda neue Kundschaft bekommen. Und ja: Weiterbildung ist am Leben. Insbesondere das Zusammenspiel aus klassischer Handwerkskunst und modernen Technologien ist gefragt, mehr denn je. Wer sich mit computergestütztem Design auskennt, der hat einen klaren Vorteil – auch in traditionell anmutenden Betrieben. Manchmal staune ich, mit welchem Selbstverständnis die neue Generation von Uhrmacher:innen den 3D-Druck einsetzt, selbst für Gehäuseteile. Hätte vor zehn Jahren noch kaum jemand gedacht.
Was bleibt? Vielleicht dieser Spagat zwischen Beharren und Aufbruch. Man will das Echte bewahren – diese fast meditative Präzision am Werktisch –, und muss doch ständig neue Tools und Materialien begreifen. Nein, man verdient hier nicht wie im Bankwesen, und die Prestige-Glitzerwelt ist im Alltag oft ernüchternd. Aber: Wen das Faszinosum Mechanik und die Lust am Werkstoff packen, dem bietet Dresden eine Zwischenwelt – irgendwo zwischen sächsischer Teezeremonie und digitalem Werkstattlabor. Ich wünschte manchmal, mehr Leute sähen die Gabelung zwischen reiner Tradition und Innovationswillen. Wer Lust auf beides hat, der findet in diesem Beruf mehr als nur einen Job. Eher eine Art Berufung, um es pathetisch zu sagen. Oder, um es flapsig zu formulieren: Ohne Macken für Perfektion wird man hier nicht glücklich.
Das könnte Sie auch interessieren