TECHNOSEUM Landesmuseum für Technik und Arbeit | 68159 Mannheim
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TECHNOSEUM Landesmuseum für Technik und Arbeit | 68159 Mannheim
Wer heute an Ingenieure denkt, hat vermutlich sofort Bilder von Tüftlern, CAD-Spezialisten oder Menschen mit sicherem Griff zum Drehmomentschlüssel vor Augen. Und Pädagogen? Nun ja, meistens irgendwo an der Tafel. Aber die Schnittmenge, also der Ingenieurpädagoge – das ist schon eine ziemlich eigenwillige, zu unterschätzte Spezies. Vor allem in einer Stadt wie Wiesbaden, die in ihrem Kern alles andere als eine klassische Industriemetropole, aber eben auch keinesfalls technologiefremd ist. Genau das macht es so spannend.
Was macht man als Ingenieurpädagoge eigentlich? Die kurze Antwort: Komplexe technische Inhalte so vermitteln, dass nicht nur Wissen, sondern auch Verständnis und Handlungsfähigkeit entstehen. Die längere: Im beruflichen Schulwesen – etwa an technischen Berufsschulen, Fachoberschulen oder in der betrieblichen Weiterbildung – sind sie die Brückenbauer zwischen Theorie und dem, was draußen in den Werkstätten wirklich gefragt ist. Die Anforderungen? Es reicht längst nicht, „nur“ studierter Ingenieur zu sein. Oft wird zusätzlich ein pädagogisches Studium oder eine gleichwertige Qualifikation verlangt, nicht selten flankiert von praktischen Industrieerfahrungen. Klingt nach doppeltem Handstand, ist es manchmal auch.
Anders als etwa in Karlsruhe, wo die industrielle Schlagseite offensichtlicher ist, präsentiert sich Wiesbaden als Mischform: viele mittelständische Technologieunternehmen, ein starker Dienstleistungssektor, aber auch guter alter Maschinenbau. Die Nachfrage nach Ingenieurpädagogen schwankt genau entlang dieser Achse. Gerade die lokalen Berufsschulzentren berichten regelmäßig über Engpässe bei qualifiziertem technischem Lehrpersonal – insbesondere, wenn es um moderne Maschinenbauprozesse oder erneuerbare Energien geht. Es gibt sogar Stimmen, die behaupten, in den nächsten Jahren werde „pädagogisches Fingerspitzengefühl mit technischem Tiefgang“ in der Region der seltenste Rohstoff. Vielleicht mit etwas Übertreibung, aber das Grundproblem bleibt.
Viele, die den Sprung ins Berufsfeld wagen – frisch von der Uni oder aus der Industrie heraus –, unterschätzen das Zusammenspiel aus didaktischer Empathie, technischer Aktualität und formalen Bildungsanforderungen. Das Offensichtliche: Wer zehn Jahre im Betrieb Maschinen ausrichtet, ist nicht zwangsläufig in der Lage, einem 18-jährigen Industriemechaniker-Azubi den Unterschied zwischen Fräsen und Drehen so zu erklären, dass er es wirklich kapiert. Umgekehrt sind viele hervorragende Lehrer an Bildungseinrichtungen fachlich irgendwann abgehängt, wenn sie den Draht zu neuen Technologien verlieren. Die Kunst liegt im ständigen Nachschärfen – fachlich und menschlich.
Ganz ohne das liebe Geld kommt auch dieser Beruf nicht aus. Im öffentlichen Schuldienst steigen die Gehälter meist bei etwa 4.000 € ein – aber mit starkem Gefälle je nach Ausbildung, Erfahrungsjahren und Trägerschaft. In der betrieblichen Weiterbildung ist von 3.200 € bis 4.800 € vieles möglich, aber längst nicht garantiert. Nebenbei: Die Unterschiede nach Arbeitgeber sind, ehrlich gesagt, manchmal grotesk – vor allem, wenn man sieht, wie groß die gesellschaftliche Bedeutung pädagogisch souveräner Technikvermittler inzwischen geworden ist.
Wiesbaden bietet ein erstaunlich breites Spektrum an Fortbildungsmöglichkeiten – ob an Hochschulen, bei Bildungswerken der Kammern oder im Rahmen betrieblicher Entwicklungsprogramme. Aber das reicht noch nicht. Wer sich in der Rolle als Ingenieurpädagoge behaupten will, muss von innen heraus neugierig bleiben, vielleicht sogar manchmal stur sein, wenn es um den Fachdiskurs oder die eigene Weiterqualifikation geht. Viele unterschätzen, wie anstrengend es ist, immer am Puls technischer und didaktischer Entwicklungen zu bleiben. Aber – und das ist vielleicht der einzige Rat, den ich geben kann: Wer Freude daran findet, den Spagat auszuhalten, für den kann der Beruf zu einer unverhofften Spielwiese werden. Zwischen Labor, Klassenzimmer und Werkbank. Oder, wenn man Glück hat, überall zugleich.
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