HSR GmbH - ein Unternehmen der Würth Group | 99084 Bad Hersfeld, Kassel
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Was ist eigentlich ein Ingenieurpädagoge? Als mir vor einigen Jahren ein Bekannter erklärte, er unterrichte angehende Fachkräfte im Metallbau, aber eben „mit Hochschuldiplom und Didaktik-Schwerpunkt“, war mir sofort klar: Da steckt mehr drin als bloß Kreide und Tafelschwamm. Und tatsächlich – irgendwo zwischen Maschinenraum und Seminarraum, das ist, grob gesagt, das Revier der Ingenieurpädagogen. Vor allem in Erfurt, wo die industrielle Tradition auf Digitalisierung und demografischen Wandel prallt, nimmt der Berufskern noch einmal eine eigene Färbung an.
Ein Klischee gleich vorweg: Wer glaubt, pädagogisch veranlagte Ingenieure wären primär Schulmeister für angehende Dreherinnen oder Mechatroniker, der irrt gewaltig. Klar, Erfurt lebt von traditionellem Maschinenbau, Ernährungswirtschaft, zarten Hightech-Trieben im Umland – und mittendrin die berufsbildenden Schulen, Fachoberschulen und überbetriebliche Bildungsstätten. Aber mittlerweile spielen Ingenieurpädagogen eine Rolle, die sich kaum noch in eine einfache Stellenbeschreibung pressen lässt. Das reicht von der konzeptuellen Entwicklung praxisnaher Schulungsunterlagen für Automatisierungstechnik über die digitale Kompetenzvermittlung im Klassenzimmer hin zur ganz praktischen Werkstattanleitung für Auszubildende und Umschüler.
Und das braucht Fingerspitzengefühl. Einen Tag gibt man sich als Teamplayer mit gestandenen Facharbeitenden, am nächsten ist man plötzlich Didaktiker, Krisenmanager, Motivationscoach – oder, mit Verlaub, IT-Support in Personalunion. Wer dabei nicht flexibel bleibt, hat irgendwann das Gefühl, im falschen Film zu sitzen.
Manchmal fragt man sich: Braucht Erfurt wirklich noch mehr Ingenieurpädagogen? Die nüchternen Zahlen sprechen eine überraschend deutliche Sprache. Viele Industriebetriebe und Bildungseinrichtungen der Region klagen über Nachwuchsmangel. Gleichzeitig – das muss man dazusagen – sind die Personalbudgets endlich. Das Einstiegsgehalt liegt – ehrlich, manchmal flucht man leise – oft nur bei 2.900 € bis 3.400 €. Erfahrene Fachkräfte mit Hochschulabschluss, Praxis und pädagogischer Zusatzqualifikation können auch auf 3.600 € bis 4.100 € kommen, sprunghafte Sprünge Richtung Industrieniveau sind aber die Ausnahme.
Was viele unterschätzen: Die Arbeitszufriedenheit hängt weniger vom „dicken Zaster“ als vom eigenen Spielraum ab. Wer gestalten, experimentieren, eigene Programme aus der Taufe heben will, findet hier mehr Freiheit als in mancher Fertigungshalle. Auf einen soliden Stundenplan, wie man ihn von klassischen Lehrern kennt? Nein, eher ein bunter Mix aus Unterricht, Projektbetreuung und kollegialem Notfalldienst am 3D-Drucker.
Natürlich, der Alltag kann manchmal zäh sein. Die Bürokratie? Ein Kapitel für sich. Lehrpläne, Prüfungsordnungen, ständig wechselnde Techniktrends – da braucht man Nerven aus Drahtseilen. Und doch… es gibt kaum einen Ort, wo sich die gesellschaftlichen Herausforderungen so konkret zeigen wie an einer Erfurter Bildungsstätte. Digitalisierung, Energiewende, Nachwuchssorgen: Wer jungen Menschen hilft, sich in dieser Zeit zurechtzufinden, merkt plötzlich, warum die eigene Tätigkeit Substanz hat.
Apropos Substanz. Erfurt selbst beweist mit seinen Bildungscampus-Initiativen und regionalen Branchenkooperationen durchaus Innovationspotenzial – trotz aller Schrulligkeiten im System. Für Berufseinsteigerinnen und wechselwillige Techniker lohnt das fast mehr als kurzfristige Gehaltsvergleiche: Die Schule wird zum Labor für Zukunftstechnologien, die Berufsschule zur Spielwiese für lebenslanges Lernen. Wer neugierig bleibt, sich mit schnarrenden Bohrmaschinen gleichermaßen anfreundet wie mit didaktischen Tools am Whiteboard, hat hier – ehrlich – eine Nische gefunden, die spannender ist als es manchem Außenstehenden scheinen mag.
Ist das der berühmte „Job mit Sinn“? Kommt darauf an, wie viel Wert man auf selbst gestaltete Entwicklung legt und wie sehr man sich mit kleinen Erfolgen begnügen kann. Perfekt ist der Beruf nicht, aber – und das ist meine Erfahrung – manchmal reicht „gut mit Ecken und Kanten“ einfach aus.
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