Drägerwerk AG & Co. KGaA | 23539 Lübeck
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Drägerwerk AG & Co. KGaA | 23539 Lübeck
Manchmal frage ich mich, ob es irgendeinen besseren Ort geben könnte, um im Bereich Robotik wirklich handfest durchzustarten, als den Nordosten – konkret: Rostock. Die Stadt ist nicht bloß ein hübsches Aushängeschild für Ostsee-Postkarten. Wer hier als Ingenieur im Feld der Robotik Fuß fasst (oder neu dazukommen will), wird relativ schnell merken: Zwischen Seehafen, Werften, Forschungscampus und Industrievierteln steckt ein ziemlicher Überraschungsmix an Technologien, Branchen und – zugegeben – auch an mentalen Hürden.
Ein Bild, das sich nicht sofort aufdrängt, wenn man mit dem Zug ankommt. Im ersten Moment liegt noch der Geruch von Algen und Brötchenständen in der Luft. Später – spätestens wenn man das erste Mal in eines der rauen Industriegebiete abbiegt oder im Technologiepark vor den Glasfassaden steht – merkt man: Hier bewegt sich was. Und es ist meistens kein Zufall.
Das Wort Routine scheint im Berufsfeld kaum Fuß zu fassen. Wer als Ingenieur im Bereich Robotik in Rostock unterwegs ist, muss bereit sein, die üblichen Schubladen einfach mal zur Seite zu schieben. Klar, das Engineering als Basis – Steuerungs- und Regelungstechnik, Embedded Systems, Sensorintegration, Software, mechanische Konstruktion. Das übliche Vokabular. Aber dann, im Projekt, pendelt das Ganze ständig zwischen „theoretischer Überlegung“ und „akuter Schrauberwerkstatt“: Heute optimiere ich vielleicht Algorithmen für autonome Unterwasserfahrzeuge; morgen sitze ich in der Produktionshalle von Liebherr oder norddeutschen Zulieferern, wo ganz andere Dinge wichtig werden – plötzliche Materialengpässe, Sicherheitsauflagen, eine Handvoll improvisierter Lösungen. Das ist kein Spaziergang, gewiss – aber gerade deshalb reizvoll.
Typisch mecklenburgerisch ist der „Experimentiergeist“ mit einer angemessenen Portion Skepsis gepaart: Erst mal schauen, wie das läuft. Gleichzeitig gibt es Teams mit hoher Diversität – jung, alt, aus dem Maschinenbau oder direkt von der Uni, vereinzelt auch Quereinsteiger. Und: Fehler zugeben zu können, ohne dass einem der Himmel auf den Kopf fällt, ist ein unterschätztes Talent in der hiesigen Branche. Meine persönliche Beobachtung – vielleicht bin ich da kleinlich –, aber wer bereit ist, Fragen zu stellen, fährt selten gegen die Wand.
Vergleicht man’s mit München, Hamburg oder Stuttgart, wirkt Rostock auf den ersten Blick wie ein robustes Mittelfeld: Das Einstiegsgehalt liegt häufig bei 3.200 € bis 3.800 €, mit einigen Aufwärtsausreißern – besonders, wenn spezifisches Spezialwissen (etwa maritime Robotik oder Automatisierung für erneuerbare Energien) mitgebracht wird. Konservativ gerechnet pendeln erfahrene Ingenieure hier meist zwischen 4.200 € und 5.500 €, wobei die Spreizung nach oben offen ist – ein wenig Hauptstadtbonus gibt’s eben nicht.
Doch, und das ist mehr als eine Fußnote: Die Lebenshaltungskosten, die Arbeitswege, das so selten ausgesprochene Gefühl, nicht Teil einer urbanen Hektik-Maschine zu sein. Das wird bei der Gehaltsbetrachtung oft vergessen. In Rostock kauft man keine U-Bahn-Jahreskarte; man schultert windige Tage am Meer oder eine abenteuerliche Fahrradstrecke durch den Stadthafen. Klingt nach Klischee? Mag sein, aber so lebt’s sich eben auch ein wenig ruhiger, abseits der lärmigen Metropolen – ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Bleibt die Frage: Wird Robotik in Rostock unterschätzt? Mein Eindruck: Wenn man nicht explizit hinsieht, schon. Vieles passiert jenseits von Hochglanzprospekten. Beispielsweise treiben Kooperationen zwischen der Uni, Forschungseinrichtungen und Firmen wie Datenlotsen oder großen Werften die Robotik voran – nicht laut, nicht aggressiv, aber stetig. Besonders spannend wird’s an der Schnittstelle von klassischem Schiffbau, maritimer Unterwassertechnik und moderner Automatisierung. Wer Lust auf Meereserkundung, autonome Systeme oder industrielle KI-Implementierungen hat, kommt hier kaum an einer Handvoll Pilotprojekte vorbei, die bundesweit für Aufsehen sorgen – auch wenn sie selten ins Rampenlicht gezerrt werden.
Zukunftssorgen? Sicher, manchmal fragt man sich: Kommt das Wachstum an? Wandern die Fachkräfte nicht doch ab, wenn es anderswo glänzender scheint? Dennoch wird kontinuierlich in Weiterbildung, in moderne Infrastruktur und (man glaubt’s kaum) in die Sichtbarkeit investiert – mit Erfolg, wie man an wachsenden Laborflächen und neuen Projektinitiativen sieht.
Was unterm Strich bleibt? Wer in Rostock als Ingenieur für Robotik arbeitet, braucht Neugier, Ausdauer – und, ja, manchmal auch einem gewissen Pragmatismus, um Probleme zu lösen, auf die im Lehrbuch niemand so recht vorbereitet hat. Man wird herausgefordert, nicht überrannt. Und: Wer hier Wurzeln schlägt, erlebt das Berufsleben nicht als anonymen Sprint, sondern als gemeinsames Weiterbauen an einer individuellen, oft widersprüchlichen, Technologie-Landschaft. Das ist keine Raketenwissenschaft – aber eben auch kein Sonntagsspaziergang. Irgendwie typisch norddeutsch.
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