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Wer morgens in Essen durch das Lärmknäuel an der B224 zur Arbeit fährt, rechnet eigentlich mit vielem – marode Straßen, grummelnde Lieferwagen, ein wenig Ruhrpott-Melancholie. Was man meist nicht sieht: Mitten in dieser urbanen Kulisse basteln und entwickeln sie, die Orthopädietechnik-Ingenieurinnen und -Ingenieure. Stets ein bisschen zwischen den Stühlen – irgendwo zwischen Maschinenbau, angewandter Biomechanik und dem altbekannten Werkstattduft, der sich manchmal noch an den Kitteln festkrallt. Ob das für einen Berufseinsteiger eine Abschreckung oder eher der Reiz ist? Schwierig zu sagen. Vielleicht von beidem ein bisschen.
Überraschung: Orthopädietechnik ist längst nicht mehr nur Schuheinlagen und Rollatoren zusammenschrauben. Wer in Essen, zwischen Uni-Klinik und Technologiestandort, einen Fuß in die Branche setzt, sieht das ziemlich schnell. Sensorische Prothesen, CAD-Messverfahren, 3D-Drucker, smarte Orthesen – alles keine Zukunftsmusik. Nahezu jede größere Werkstatt im Stadtgebiet tüftelt an Hightech-Lösungen, deren Prototypen teils noch nach warmem Kunststoff riechen und schon mit Algorithmen aus der Cloud schnacken. Ein bisschen „Start-up-Mentalität“ mitten in der alten Werkhallenkultur. Was viele unterschätzen: Die Bandbreite reicht vom millimetergenauen Fräsen bis zum Datenmodell am digitalen Zwilling – und keiner kommt drum herum, sich immer mal wieder in beides einzuarbeiten.
Ich habe den Eindruck, dass Neugier im Spiel sein muss – andernfalls, ehrlich gesagt, wird’s hart. Routinejobs sind die Ausnahme, und der Spagat zwischen Präzisionstechnik, direkten Patientenkontakt und kniffeligen Sonderwünschen aus dem OP ist nichts für Einzelgänger. Wer allerdings Spaß daran hat, nach einer Woche Schulung eine neue Sensorprothese zu testen und dann doch wieder mit dem Orthopädie-Schreiner die Schraubstockfeder nachzustellen, findet hier Sinn. Es hilft, auch mal auf Schwäbisch, Türkisch oder „Essenerisch“ erklären zu können, was die neue Knieorthese besser macht als das alte Modell. Kein Scherz: Der menschliche Faktor steht immer noch – trotz Digitalisierung – ziemlich weit oben.
Essen steht, zumindest gefühlt, ein wenig zwischen den großen Messen des Rheinlands und der klinischen Innovationswucht aus Münster oder Bochum. Die Jobchancen sind grundsätzlich solide – und wie das Ruhrgebiet nun mal tickt, werden ausgerechnet die mit Nervenstärke und echtem Gestaltungswillen gesucht. Das Einstiegsgehalt? Beginnt meist bei 3.200 € und kann – mit ein, zwei Jahren Erfahrung plus vielleicht einer Weiterbildung zur Produktentwicklung – locker auf 3.800 € und mehr klettern. Manche Nischen – etwa die Entwicklung smarter Hilfsmittel fürs Reha-Zentrum – bieten sogar Spielraum nach oben. Realistisch muss man bleiben: Kleine Betriebe zahlen oft weniger, große Medizintechnikunternehmen (die in Essen durchaus wachsen) locken mit besseren Bedingungen, aber auch mehr Bürokratie. Die regionale Besonderheit? Hier gibt’s kurze Wege zwischen Ärzten, Technikern, Patientinnen und den Entwicklerköpfen. Man kennt sich, stolpert sich über den Weg und redet oft schnörkellos Tacheles, bevor der Antrag auf den zweiten Kostenvoranschlag überhaupt durch ist.
Ehrlich, es gibt Branchen, in denen Weiterbildungen ein hübsches Extra sind. Hier? Ein Muss. Neue Normen, medizinische Erkenntnisse, Software-Updates – wer nach fünf Jahren noch auf dem Stand der Ausbildung ist, dürfte spätestens bei der dritten Ausschreibung mit den Ohren schlackern. Viele nutzen Angebote der lokalen Fachhochschulen oder praktischer Seminare, die thematisch von Bewegungsanalyse bis hin zu Materialinnovationen reichen. Was sonst noch? Manchmal, ganz selten, gönnt man sich für den Kopf eine inspirierende Fachveranstaltung beim Industrieverein. Die Themen gehen eben nie aus: Ob das smarte Exoskelett oder der hochfeste Leichtmetallfuß – das Wissen veraltet in den Regalen schneller, als einem lieb ist.
Vielleicht ist die Orthopädietechnik gerade hier in Essen ein bisschen unprätentiös, bodenständig und dennoch mutig. Für Menschen, die Alltagshelden mit Sinn für Technik sein wollen, ist das seltene Gleichgewicht aus Hightech, Handarbeit, Kopfarbeit und Menschlichkeit ein spannendes Spielfeld. Wer gern Dinge anfasst, anpackt und sich dabei nicht zu schade ist, immer wieder neue Pfade zu gehen, dürfte sich im Ruhrgebiet zwischen Rehazentrum, Werkbank und CAD-Labor auf Dauer nicht verloren fühlen. Vielleicht stimmt sogar das alte Klischee: Man wächst hier mit seinen Aufgaben. Zwischen Kantine, Kaffeeautomat und Prothesenwerkbank sowieso.
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