Getzner Spring Solutions GmbH | Bietigheim-Bissingen
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Wieland-Werke AG | 77871 Ulm
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Wieland-Werke AG | 77871 Ulm
Wer in Stuttgart an Ingenieurberufe denkt, landet oft allzu schnell bei Autos, eventuell noch Windkanal, 3D-Druck oder fancy E-Mobilität. Nur Hüttentechnik? Fällt gern mal durchs Rostgitter der landläufigen Wahrnehmung. Für mich – und für viele Kolleginnen und Kollegen, die nicht gleich im ersten Semester das Handtuch warfen – bleibt das Arbeitsfeld ein eigenartiges Biotop: konservativ? Vielleicht. Wegweisend, wenn’s um Green Steel und Recyclingquoten geht? Absolut. Und vor allem: hier passiert noch physische Wertschöpfung, kein PowerPoint-Bingo. Wer das sucht, ist in Stuttgart erstaunlich gut aufgehoben.
Zunächst das Offensichtliche: Hüttentechnik-Ingenieure kümmern sich mitnichten nur um die blanke Produktion von Stahl. Das ist schon seit den Tagen, als der Cannstatter Hochofen noch wahrnehmbar dampfte, nur ein Teil der Wahrheit. Klar, Anlagenplanung, Prozessoptimierung und Materialprüfung – irgendwo zwischen Labor und Leitstand – spielen immer noch die Hauptrolle. Die Region Stuttgart ist Haus und Hof für verschiedene Betriebe vom Großen bis zum feinen Spezialanbieter: Automobilindustrie, Maschinenbau oder der stählerne Apparat der Zulieferer – sie alle brauchen Metalle, die halten, was sie versprechen. Wer also Werkstoffkunde für trockene Materie hält, war noch nie dabei, wenn im Walzwerk mal eben ein Band „abbricht“ und zwanzig Kollegen in Schutzkleidung den heißen Tanz aufführen müssen. Hornbrillen helfen übrigens wenig.
Ehrlich gesagt: So direkt, wie Stuttgarts Börse auf Konjunkturmeldungen anspringt, so sensibel hängt auch die Nachfrage nach Hüttentechnikern am Puls von Wirtschaft und Politik. Die Automobilindustrie mag als Auftraggeber schwanken, doch der Trend zu nachhaltigem Bauen, leichte Metalle und vor allem zu effizientem Recycling mischt die Karten kräftig neu. Das Stuttgarter Umland ist mit einigen Hidden Champions gesegnet, von Edelstahl über NE-Metalle bis zu Hightech-Legierungen für die Luftfahrt. Offenbar schätzen gerade mittelständische Unternehmen Bewerber, die sich nicht zu schade sind, einmal Handschuhe statt Aktenmappe in die Hand zu nehmen.
Hand aufs Herz: Einen Schweißkurs oder wenigstens Grundkenntnisse im Umgang mit Prüfständen – das erwartet jede zweite Personalabteilung. Dazu Softwarebeherrschung (Stichwort Simulation, Prozessleittechnik), aber eben auch das greifbare Verständnis fürs Material. Wer von der Vorlesung kommend meint, nach zwei Jahren sei nur noch Management gefragt, erlebt hier ab und an sein blaues Brennerwunder. Nein, du wirst nicht immer sofort mit Prozessverantwortung oder millionenteuren Optimierungsprojekten bombardiert. Aber man wächst; und das nicht, weil man vor lauter Kälte im Winter an der Halle festfriert, sondern, weil Stuttgarter Kollegen selten ein Blatt vor den Mund nehmen. Mögen andere Regionen Höflichkeit pflegen – hier zählt der Werkstoff, und ob du lieferst.
Über Geld spricht man angeblich nicht. Was für ein Quatsch. Gerade Berufseinsteiger von außerhalb sind baff: Selbst mit klassischem Uni-Abschluss (TU, DHBW oder Dual) kann man in der Region Stuttgart meist zwischen 4.000 € und 4.600 € monatlich rechnen – zumindest wenn man sich weder um Schichtdienst drückt noch zu fein für Montageeinsätze ist. Mit angesammelter Erfahrung und einer gewissen Spezialisierung – etwa in Werkstoffprüfung, Prozessautomatisierung oder Qualitätsmanagement – sind 5.200 € bis 6.100 € keine Illusion. Aber auch das muss man sagen: Die Zeiten, in denen jeder Aufstieg automatisch mit großem Karrieresprung verbunden war, sind vorbei. Die Nische bleibt Nische – und Weiterbildungen, etwa im Bereich Digitalisierung, Sustainability oder Prozesskontrolle, geben mittlerweile eher den Ausschlag als die altväterlich aufgesetzte Routine.
Ob Hüttentechnik Herz- oder Verstandesangelegenheit ist? Vielleicht eine Frage, die in der schwäbischen Arbeitskultur nicht mal gestellt wird. Wer gern mit echten Werkstoffen arbeitet, Reibung nicht nur mechanisch versteht und herausfinden will, wie man aus Dreck Geld macht (und dazu noch bereit ist, sich den Staub von Industriehallen aus den Haaren zu schütteln), findet in Stuttgart ein widerborstiges, aber herzliches Revier. Schneller Ruhm ist eher selten – aber eine gewisse Standsicherheit, der Respekt der Kollegen und das Gefühl, wirklich Teil der industriellen Transformationsbewegung zu sein, das ist am Ende mehr wert, als mancher IT-Bonus. Und eigentlich wollte ich nie anders arbeiten.
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