Wieland-Werke AG | 77871 Ulm
- Relevanz
- Titeltreffer
- Datum
Wieland-Werke AG | 77871 Ulm
Wenn ich ehrlich bin: Wer in Freiburg nach Hüttentechnik fragt, stößt oft erst mal auf Stirnrunzeln. Und das hat fast schon System – die Stadt am Rand des Schwarzwalds verbindet man gemeinhin eher mit grünen Zukunftsphantasien, Nachhaltigkeits-Slogans und dem allgegenwärtigen E-Bike-Geklingel als mit Schmelzöfen, Legierungstabellen oder Lärmpausen im Schichtbetrieb. Und doch gibt es sie, diese Welt „in der Tiefe“: Materialwissenschaften, metallurgische Verfahren, Recycling-Innovationen – und: Ingenieurinnen und Ingenieure, die sich zwischen Stahlschlacke und Werkstoffanalyse abmühen, manchmal sogar begeistert darin aufgehen. Klingt widersprüchlich? Vielleicht, aber hier beginnt es interessant zu werden.
Klassisch denkt man bei Hüttentechnik an imposante Industriekomplexe, lodernde Roheisenerzeugung, kilometerlange Förderbänder – Duisburg, Linz, Salzgitter. Freiburg? Ein bisschen anders gestrickt. Tatsächlich siedeln am Oberrhein und im Breisgau seit jeher kleinere, teils hochspezialisierte metallverarbeitende Betriebe oder Mittelständler: von Gießereien, die Präzisionsbauteile für Medizintechnik oder Automotive anfertigen, bis zu innovativen Recyclinganlagen, die aus Altmetall Zukunft bauen wollen. Die Zeiten, in denen ein Ingenieur der Hüttentechnik hier nur als „alter Schmelzer“ galt, sind vorbei – heute braucht es Fingerspitzengefühl, modernste Simulationssoftware und (das ist nicht zu unterschätzen) eine gewisse Resilienz gegen institutionelles Understatement.
Hand aufs Herz: Wer neu einsteigt, erwartet vielleicht noch die eiserne „Hierarchie“ der alten Hochöfen. Doch längst prägen digitale Prozessleitsysteme, ressourcenschonende Verfahren und agile Projektteams die tägliche Arbeit. Klar, thermodynamische Grundgesetze gelten immer noch, aber ohne Einarbeitung in Datenauswertung, Automatisierungstechnik oder Umweltmanagement ist heute kaum Land zu gewinnen. Besonders in Freiburg spielt das Thema Nachhaltigkeit eine Schlüsselrolle – kaum ein Arbeitgeber hier kommt an der Diskussion um Emissionsgrenzen oder Kreislaufwirtschaft vorbei. Was viele unterschätzen: Diese Herausforderungen sind ein echter Innovationsmotor. Wer meint, hier würde bloß Stahl gekocht wie anno dazumal, merkt schnell, dass Werkstoffentwicklung ein Experimentierfeld ist – mit überraschend viel Gestaltungsfreiraum.
Ich möchte nichts beschönigen: Die goldenen Zeiten massenhafter Neuverträge in der Hüttentechnik sind – zumindest in Freiburg – kein Selbstläufer mehr. Die Branche ist kleiner, die Einstiegschancen abhängig von Spezialwissen und natürlich: von der Bereitschaft, sich auch mal auf Ungewohntes einzulassen. Dafür lockt gerade hier am Rande der Industrieregion Baden jedoch der Reiz, Projekte von der Idee bis zur fertigen Legierung mitzudenken. Im Schnitt liegt das Einstiegsgehalt für Ingenieure im Bereich Hüttentechnik in der Region zwischen 3.200 € und 4.200 € – nach ein paar Jahren und mit entsprechender Spezialisierung pendelt es sich gern Richtung 4.500 € bis 6.000 € ein. Wohlgemerkt: Wer den Sprung in Forschung, Entwicklung oder Nachhaltigkeitsmanagement schafft, reißt in Ausnahmefällen sogar die 7.000 €-Marke. Geld ist nicht alles, sagt man – stimmt öfter, als einem lieb ist. Aber das Gefühl, in einem Bereich zu arbeiten, der stofflich, ökologisch und technologisch Zukunft prägt, wiegt manchmal schwerer.
Was erwartet Berufseinsteigerinnen oder Quereinsteiger in Freiburg wirklich? Ehrlich gesagt, ein ziemlicher Spagat: einerseits klassische Materialanalytik, Prozessoptimierung, Qualitätsmanagement. Andererseits die Bereitschaft, mit Technikern zu tüfteln, Schichtpläne zu verstehen – um am nächsten Tag im Besprechungsraum für Recyclingkreisläufe zu argumentieren. Manchmal fühlt es sich so an, als führe kein Weg gleichzeitig nach oben und unten – zwischen bodenständigem Werk und universitärer Innovationsromantik. Aber genau das macht den Reiz aus. Vielleicht ist es diese Mischung aus Moderne und Tradition, die den Beruf nicht aussterben lässt. Mag sein, dass Freiburg keine Stahlhauptstadt ist – als Standort für Menschen mit Innovationsdurst und Neugier auf technische Querdenker-Lösungen hat es (und das merke ich immer wieder) mehr zu bieten, als viele glauben.
Das könnte Sie auch interessieren