RWTH Aachen University | 52062 Aachen
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Leverkusen, eine Stadt, die viel mit Chemie assoziiert wird – zugegeben. Aber Gießerei? Wer genauer hinschaut, entdeckt hinter den Kulissen der bekannten Werke eine überraschend widerstandsfähige Branche mit beachtlicher Tradition. Gießer-Handwerk und Prozesssteuerung auf Meisterebene – das klingt erstmal nach rußigem Blaumann und alter Werkshalle. Stimmt aber nur zur Hälfte. Denn gerade hier, zwischen Werkstor und Rheinufer, ist der Industriemeister Gießerei eine Figur im Wandel – jemand, der alte Fähigkeiten und neue Technologien zusammenbringt. Wer heute in diesen Beruf einsteigt oder den Wechsel ansteuert, steht vor einem relativ unscheinbaren, auf den zweiten Blick aber ziemlich spannenden Aufgabenfeld.
Was macht eigentlich ein Industriemeister Gießerei? Die Erwartungen reichen von klassischer Personalführung bis hin zu digital unterstützter Prozessüberwachung. Wer da an Schichtpläne und Materialfluss denkt, liegt nicht falsch – aber eben nicht ganz richtig. In Leverkusen gewichtet man mittlerweile anders: Die Betriebe, von Mittelständlern im metallverarbeitenden Gewerbe bis zu spezialisierten Zulieferern, suchen Leute, die sowohl mit dem Werkzeugkasten als auch mit dem Tablet umgehen können. Es ist ein Spagat. Die Herausforderungen? Vielschichtig, manchmal sogar widersprüchlich. Auf der einen Seite verlangt das Tagesgeschäft Kontrolle und Effizienz – etwa die Überwachung von Gussergebnissen unter Zeitdruck, 3D-Simulationen zur Qualitätssicherung, die Einbindung energieeffizienter Technologien. Auf der anderen Seite prallen Generationen aufeinander. Noch immer dominiert die Erfahrung der Älteren, aber die „digitalen“ Jungen machen Druck. Das kann Reibung geben, aber auch Tempo.
„Typisch Leverkusen“ – das ist hier kein leeres Schlagwort. Wer als Berufseinsteiger oder erfahrener Gießereifachmann umsteigt, merkt rasch: Die Chemie – im wörtlichen wie übertragenen Sinn – bestimmt das Tempo und die Zusammenarbeit. Die Nähe zu den großen Konzernen, dieser Sog nach Effizienz, schlägt durch bis in die Produktionshallen der Gießer. Eine Abweichung im Produktionsablauf? Schnell erreicht das den Geschäftsführer. Damit steigt der Druck, aber auch die Chance, etwas zu bewegen. Wer sich hier einbringt, kann mitgestalten – vorausgesetzt, er bringt eine gewisse Standfestigkeit und Lust auf technische Veränderung mit. Regelmäßig tauchen Forderungen nach nachhaltigen Werkstoffen und emissionsarmen Prozessen auf. Da wird schon einmal diskutiert, ob der nächste Ofenumbau nicht gleich die CO2-Bilanz mit verbessert. Klingt anstrengend? Ist es manchmal auch. Aber: Das bringt eine gewisse Modernität gerade in alte Fachdiskussionen, die ich anderswo selten erlebt habe.
Und das Geld? Klar, niemand redet gern darüber, alle wissen aber, wie schnell das auf der Gefühlsebene kippt. In Leverkusen startet der Industriemeister Gießerei je nach Betrieb oft im Bereich von 3.200 € bis 3.800 € – die realistische Hauptachse, erfahrungsabhängig, versteht sich. Mit steigender Verantwortung und Betriebsgröße sind Werte über 4.000 € möglich. Mag sein, dass der Osten günstiger fertigt und im Ruhrgebiet mal ein Hunderter mehr geht – die regionale Konkurrenz bewegt sich aber auf Augenhöhe. Was viele unterschätzen: Die Verantwortung ist hoch. Ein Gussfehler? Schnell wird er zum Politikum, weil der Kunde ein Ersatzteil braucht – und zwar gestern. Gleichzeitig nimmt die Bedeutung von Personalführung zu, weil Branchenerfahrung nicht mehr automatisch mit Betriebszugehörigkeit zusammenfällt. Das ist kein Selbstläufer – aber auch kein Grund zur Panik. Wer sich durchsetzen, aber auch zuhören kann, punktet meist doppelt.
Was bleibt? Ein Beruf, der wie eine unscheinbare Legierung alles zusammenhält: Wer als Industriemeister in der Gießerei startet, braucht Härte wie Flexibilität. Die Fortbildungslandschaft in und um Leverkusen bietet reichlich Gelegenheit, sich etwa in modernen Gießverfahren oder digitaler Prozesssteuerung fit zu machen – was, nebenbei bemerkt, oft ein echtes Unterscheidungsmerkmal im Lebenslauf wird. Wer nach Feierabend noch Energie übrig hat, findet genug Seminare zu Themen wie Arbeitssicherheit, Lean Production oder nachhaltige Werkstoffkunde. Mal ehrlich: Was bringt’s? In einer Branche, die zwischen Handwerk und Hightech pendelt, entscheidet Offenheit fürs Lernen manchmal über alles. Wer steif am Althergebrachten klebt, wird irgendwann vom nächsten Messlauf überholt. Oder, um es mit einem Augenzwinkern zu sagen: Der beste Guss gelingt erst, wenn beides stimmt – Technik und der Mut, aus Fehlern zu lernen.
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