RWTH Aachen University | 52062 Aachen
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Wer heute in Bonn über Gießereien spricht, stößt unweigerlich auf ein Bild voller Gegensätze. Hier der harte Maschinenklang, das dumpfe Rumpeln der Schmelzöfen, dort das akademisch geprägte Grün rings um die altehrwürdigen Universitätsbauten. Und mittendrin der Industriemeister Gießerei: Eigentlich ein Beruf für Pragmatiker – aber eben nicht nur für Erbsenzähler mit Helm, sondern auch für Querdenker, Macher und, ja, irgendwie auch für Anpacker, die ein feines Gespür fürs große Ganze haben müssen. Schon mal einen Dienstagmorgen erlebt, wenn fünf Tonnen Stahl zu wenig gegossen werden und die Uhr gnadenlos tickt? Ich schon. Da hilft kein Taschenrechner, sondern – salopp gesagt – Rückgrat.
Oft wird die Rolle des Industriemeisters Gießerei gern auf eine nüchterne Funktionsbeschreibung reduziert: Schichtführer, Personaleinteiler, Bindeglied zwischen Management und Fertigung. Aber das kratzt nur an der Oberfläche. Wer in den letzten Jahren an Bonner Standorten wie dem Industriegebiet Nord zu Besuch war, kennt das Wechselspiel aus Tradition und Innovation. Alte Sandgusslinien treffen auf digitale Überwachung, Nachhaltigkeitsvorgaben kollidieren mit Produktionsdruck. Da ist die Aufgabe breiter: Prozessoptimierer, Wissensvermittler, Motivator im Blaumann – und eben auch Krisenmanager, wenn die Legierung mal wieder aus dem Ruder läuft. Ganz ehrlich: Wer glaubt, dass es hier um stumpfes Durchwinken von Stücklisten geht, täuscht sich. Viel öfter merkt man: Die besten Industriemeister zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur Fachregeln können, sondern auch Menschen lesen und mit Konflikten umgehen können, bevor sie durchs Werk hallen wie der Gong zum Schichtwechsel.
Was den Arbeitsmarkt in Bonn betrifft, höre ich oft so Sprüche wie: „Ach, in NRW brummt doch die Industrie, da ist eh immer was zu tun.“ Tja, stimmt und stimmt auch wieder nicht. Die Gießereibranche steht deutschlandweit unter Druck – steigende Energiekosten, ambitionierte Umweltziele, dazu die Verlagerung von Aufträgen ins Ausland. Für junge Leute oder Fachkräfte mit Wechselhunger heißt das: Die Arbeitsplätze sind zwar noch da, aber fragen bleibt Pflicht. Viele mittelständische Betriebe sichern sich durch Spezialisierung ab, investieren in neue Anlagentechnik oder experimentieren mit ressourcenschonenden Prozessen. Wer hier einsteigt – ob nach Ausbildung, Meisterkurs oder als Quereinsteiger aus der Produktion – erlebt ein ziemlich spannendes Feld zwischen Kreislaufwirtschaft und altgedienter Maschinenromantik. Ich sage es mal so: Es ist schon ein Unterschied, ob man Gussformen noch von Hand anmischt oder die Temperaturkurve am Tablet überwacht – Alte Schule versus Industrie 4.0, oft nur einen Hallengang voneinander entfernt.
Die Frage nach dem Geld stellt sich niemand offen beim Morgenkaffee, aber jeder denkt sie. In Bonn bewegt sich das Gehalt für Industriemeister Gießerei die meiste Zeit zwischen 3.100 € und 4.300 € – wobei: Die Spanne sagt weniger aus als man denkt. Entscheidend ist, wie tief man sich ins Tagesgeschäft kniet. Wer Teams führt, den Ofenlauf mit Plantafeln synchronisiert und bei Investitionsentscheidungen das Sagen hat, der landet auch mal bei 4.500 € oder sogar darüber, insbesondere in Betrieben mit Tarifbindung oder Schichtzuschlägen. Was viele unterschätzen: Nicht nur die Technik verlangt ständige Bereitschaft, da gibt’s auch diese knisternde Alltagslogik – die Mischung aus Routine, Improvisation und der Notwendigkeit, Fehler zu erkennen, bevor sie Geld (oder Gesichter) kosten. Wirklich Feierabend? Kaum. Wer den Job ernst nimmt, trägt die Gießerei im Kopf bis in die eigenen vier Wände.
Wer für den Beruf brennt, kommt um eines nicht herum: Weiterbildung. Klar klingt das nach Plattitüde, aber technologische Sprünge sind in der Gießereibranche keine Mär – additive Fertigungsverfahren, digitale Simulation von Gussströmen, energieeffiziente Ofentechnik. In Bonn finden sich inzwischen zahlreiche Kurse, oft in Kooperation mit Berufskollegs und regionalen Handwerkskammern, die über den Tellerrand blicken lassen: betriebswirtschaftliche Basics, Personalführung, Arbeitssicherheit aus regionaler Sicht. Gerade für Berufseinsteiger, die mehr als Dienst nach Vorschrift suchen, kann Weiterbildung das Sprungbrett sein – nicht umsonst klagen erfahrene Meister über den „Wissensstau“, der entsteht, wenn sich Betriebe zu lange auf alten Erfolgen ausruhen. Mein Tipp: Lieber einmal mehr Neues wagen, als in der Ewigkeit des Immergleichen zu erstarren.
Manchmal frage ich mich, warum nicht mehr über die unsichtbare Vielfalt dieses Berufs gesprochen wird. Der Industriemeister Gießerei in Bonn ist kein Heldenepos im Blaumann, aber eben auch kein Job fürs Klischeekabinett. Wer Technik mag, Menschen nicht meidet und für Verlässlichkeit mehr übrig hat als für den geölten Handschlag, findet hier einen Arbeitsalltag, der selten langweilig wird. Knochenarbeit? Sicher manchmal. Aber immer auch Kopf- und Charakterarbeit. Und das, so meine ich, ist in Zeiten voller Unwägbarkeiten ein ziemlich starkes Argument – zumindest für alle, die Lust haben, mehr zu bewegen als nur flüssiges Metall.
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