Radisson Blu Hotel, Hamburg | 20095 Hamburg
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Radisson Blu Hotel, Hamburg | 20095 Hamburg
Wer frühmorgens durch Kiels Innenstadt läuft – die Schiffshörner in der Ferne, Möwen im Wind –, spürt sofort, was diesen Ort ausmacht: Hier ist Bewegung. Nicht nur auf der Förde, sondern auch hinter den Kulissen. Genau dort beginnt der Alltag einer Gästebetreuerin, eines Gästebetreuers. Ein Beruf, der selten auf leisen Sohlen daherkommt, bei dem aber gerade genaues Hinsehen zählt. Kiel ist nun mal kein x-beliebiger Urlaubsort – sondern einer der wichtigsten maritimen Knotenpunkte der Republik. Das zieht Menschen aus der halben Welt an. Und mit ihnen kommt die Kunst, Gäste so zu empfangen, dass sie bleiben wollen. Oder wenigstens wiederkommen.
Was wirklich auffällt, wenn man neu startet: Gästebetreuung fühlt sich nie stumpf oder eintönig an. Der Begriff klingt fast nach Wellness-Animation oder Abfertigung an der Rezeption. Tatsächlich mischt sich in Kiel eine enorme Bandbreite hinein: Empfang und Service in Hotels? Klar. Aber auch Betreuung auf Kreuzfahrtterminals, bei maritimen Großevents oder ganz klassisch in Pensionen und Jugendherbergen. Sogar die Nachfrage nach Gästebetreuern bei Sportveranstaltungen, etwa rund um die Kieler Woche, wächst. Die Flexibilität ist Gesetz – man weiß morgens nie so ganz, was mittags passiert. Wenn plötzlich ein norwegischer Touristenbus im Hafen steht oder eine Gruppe Segelsportler ratlos nach Ersatzteilen fragt, wird der „Job“ zum Improvisationstheater. Macht’s leichter, wenn man nervenstark bleibt – oder wenigstens antritt, so zu tun.
So, jetzt mal Tacheles: Wer glaubt, in diesem Beruf reicht ein Lächeln und ein bisschen plattdeutsche Höflichkeit, der irrt. Gästebetreuer sind Organisationskünstler – manchmal auch diplomatische Feuerwehrleute. Englisch ist längst Basisausstattung, weitere Sprachen wie Dänisch oder Russisch? Gefragt wie Frischfisch am Seebrückenvorplatz. Und dann: echte lokale Kenntnisse. Gibt es einen Tipp, der nicht im Reiseführer steht? Wo kriegt man abends noch frischen Labskaus? Wer sowas draufhat, verschafft sich Respekt nicht nur bei den Gästen, sondern auch im Team. Neben praktischem Know-how braucht’s Dickhäutigkeit: Gäste in Kiel sind oft nordisch direkt – freundlicher Zerknirschtheit oder falschem Pathos schenkt hier kaum jemand Glauben. Manchmal fragt man sich, wie viele Zimmerumbuchungen oder „spontane“ Busabfahrten ein Mensch am Tag eigentlich koordinieren kann, bevor das berühmte norddeutsche Understatement leidet. Die Antwort: Mehr, als man denkt. Oder als der Rücken ahnt.
Eins muss man ja ehrlich sagen: Wer sich ins Abenteuer Gästebetreuung stürzt, macht das selten aus reinem Gehaltsanreiz. Einstiegsgehälter bewegen sich meist zwischen 2.300 € und 2.800 € – je nach Arbeitgeber, Saison und Zusatzqualifikation manchmal leicht darüber. Wer Fremdsprachen, IT-Anwendungen oder gar Erste-Hilfe-Praxiserfahrung mitbringt, kann auf bis zu 3.200 € oder ein paar Extras hoffen. Aber: Die Arbeitszeiten – Schicht, Wochenende, Ferienzeit. Es ist eine realistische Rechnung. Wer nur auf feste Arbeitszeiten besteht, bekommt schnell einen Kälteschock, irgendwas zwischen Fördewind und Dispoplan. Trotzdem: Es gibt Betriebe, die Wert auf vernünftige Zeitmodelle legen. Und – das wird oft übersehen –: In Kiel steigen aktuell die Chancen für Höherqualifizierte, beispielsweise im nautischen Bereich oder Eventmanagement. Das spricht für eine Professionalisierung, die sich, zumindest langfristig, auch finanziell auszahlen kann.
Wer länger dabei ist, erlebt: Weiterbildung ist in Bewegung geraten. Früher ein Nischenthema, heute für viele fast selbstverständlich. Die Bandbreite reicht von Sprachkursen und branchenspezifischen IT-Seminaren (digitales Buchungs- und Managementsystem, wen’s interessiert) über interkulturelle Trainings bis zu IHK-Zertifikaten. Besonders spannend: Regionale Institute bieten seit Neuestem gezielte Fortbildungen zur Gästekommunikation und Konfliktlösung an – praxisnah, oft auch in Kooperation mit maritimen Betrieben vor Ort. Es gibt sogar erste Querverbindungen zum Kreuzfahrt- und Logistikbereich. Das eröffnet Perspektiven für alle, die nicht ewig am Empfang stehen, sondern irgendwann in leitender oder koordinierender Funktion landen wollen.
Für Neustarter und Umsteiger bleibt das Fazit rau, aber ehrlich: Gästebetreuung in Kiel ist nichts für Schönwetter-Segler. Es ist ein Beruf, der fordert – aber auch wächst. Gesellschaftlich, weil das Publikum vielfältiger wird. Technisch, weil Buchungen und Kommunikation zunehmend digitaler laufen (und damit auch die Fehler eher irgendwo im digitalen Nirwana landen). Und atmosphärisch, weil die Stadt pulsiert, sobald die Saison losgeht. Manchmal fragt man sich, warum man sich diesen Trubel überhaupt antut. Bis dann plötzlich ein Gast wiederkommt – nicht, weil alles perfekt lief. Sondern, weil er sich erinnert: An eine ehrliche Empfehlung. Einen aufrichtigen Moment. Eine echte Begegnung. Und genau das, glaube ich manchmal, macht am Ende den Unterschied. Kiel eben.
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