Präha Anna Herrmann Schule | 50171 Kerpen
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Präha Weber-Schule | 40213 Düsseldorf
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Es ist schon eine merkwürdige Fügung, dass man als Lehrer in Essen nie nur den eigenen Fachunterricht im Blick haben kann. Wer sich auf diesen Beruf einlässt, bekommt – ob er will oder nicht – den vollen Gesellschaftsspiegel vorgehalten: Ein urbanes Umfeld, das zwischen ehemaligem Stahlherz und multikultureller Künstlerseele schwankt, verlangt von Gymnasiallehrern ein Maß an Flexibilität, das den vor Jahrzehnten noch selbstverständlichen „Fachidioten“ im Lehrerpult längst verdrängt hat. Einsteiger und Routiniers, die den Sprung ins Ruhrgebiet wagen, stoßen schnell auf eine alte Grundfrage unseres Bildungssystems: Was genau ist eigentlich meine Aufgabe, wenn ich Gymnasiallehrer bin – und zwar gerade hier?
Natürlich verlangt das Fachliche seinen Tribut: Wer Latein, Mathematik oder Deutsch unterrichten will, muss das entsprechende Studium, die nötigen Examina, Referendariat und so weiter im Gepäck haben. Ohne geht’s einfach nicht. Trotzdem: In Essen beschränkt sich der Klassenraum schon lange nicht mehr auf den Austausch mit neunzig Minuten Frontalunterricht. Hier diskutiert man im ersten Block zum Beispiel über politische Radikalisierung auf TikTok – fünfzehn Minuten später geht es um Migrationsbiografien, die mehr Anknüpfungspunkte bieten als so mancher Goethe-Text. Ist mir persönlich passiert. Die klassische Lektion: Wer wirklich einen Draht zu seiner Klasse bekommt, muss sich für mehr interessieren als für die richtige Lösung am Ende des Aufgabenblatts.
Manche glauben ja immer noch an den „Beamten-Traum“. In Essen – und überhaupt im Ruhrgebiet – ist Lehrermangel kein Phantom. Die harten Zahlen pendeln sich je nach Fächerkombination unterschiedlich ein, aber für MINT, Sprachen oder Kunst gibt es realistische Einstiegschancen. Die Einkommensfrage? In NRW rangieren Einstiegsgehälter für angestellte Gymnasiallehrer meist zwischen 3.800 € und 4.200 €, mit Verbeamtung nach Erfahrung und Qualifikation noch drüber. Klingt solide – und ist es auch, gerade im Vergleich mit anderen Ballungsräumen, vor allem wenn man die moderaten Mieten im Essener Norden betrachtet. Aber: Das ist die Oberfläche. Mehr Schüler pro Klasse, Heterogenität in der Lerngruppe und ein enormes Maß an improvisatorischer Kunstfertigkeit werden selten auf dem Gehaltszettel vermerkt.
Was mich an Essen immer wieder erstaunt: wie verschiedene Lebenswelten hier in einem Raum aufeinanderprallen. Der Sohn des Apothekers sitzt neben dem Kind eines Flüchtlings aus Syrien. Wer das als Lehrperson auffängt, geht weit über Lehrbuchwissen hinaus. Viele Schulen stemmen sich mittlerweile mit ehrlichem Pragmatismus gegen die digitale Überforderung. Tablets, digitale Whiteboards, Plattformen für Arbeitsblätter – alles da, nur manchmal stößt das System auch an seine Grenzen. Man fragt sich, wie viel Innovation vertretbar ist, bevor Lehrkräfte und Schüler gleichermaßen kapitulieren. Oder muss man sogar froh sein, wenn „WLAN“ in der Schule nicht mehr als Running Gag gilt? Es bleibt ein Balanceakt, mit dem jeder individuell umzugehen lernt.
Bleibt die Frage: Für wen lohnt sich dieser Beruf in Essen wirklich? Wer Veränderung sucht, Offenheit mitbringt und keine Angst vor Überraschungen hat, kann hier nicht nur unterrichten, sondern wirklich lernen – über Menschen, Kulturen, soziale Realitäten. Kritikfähig sollte man sein, klar – und den einen oder anderen Abend mit Nachkorrektur, Elterngespräch oder Zweifeln an sich selbst überstehen können. Oder, wie mein Kollege mit lakonischem Blick meinte: „Hier lernt man mehr fürs Leben als im Lehramtsstudium. Und zwar jeden Tag.“ Wer sich darauf einlässt, merkt: Gymnasium in Essen – das ist keine Karriere wie jede andere. Aber vielleicht gerade deshalb ein Job mit selten gewordener Tiefe.
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