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Manchmal kommt es mir so vor, als gäbe es in Freiburg mehr Fahrradwerkstätten als Goldschmiede – und doch hält sich diese kleine, feine Zunft tapfer. Wer als Berufseinsteiger oder auch als Fachkraft mit Weitblick hier auf die Suche nach einer Stelle als Goldschmied geht, muss wissen: Das ist keine Branche für Schnellentschlossene. Oder für allzu nüchterne Gemüter. Denn zwischen Mikrosäge, Edelstein und Staubabsaugung liegt eine Welt, in der Geduld mehr zählt als der letzte Social-Media-Trend.
Viele denken bei Goldschmied an filigrane Ketten, Brillanten, die in hell beleuchteten Galerien glitzern, an polierte Schaugläser und das berühmte zweite Licht im Atelier, bei dem jedes Staubkorn sichtbar wird. Teilweise stimmt das. Aber in Freiburg – einer Stadt, deren Mischung aus Tradition, Universitätsgeist und Touristentrubel ihresgleichen sucht – ist das Goldschmiedehandwerk ziemlich „bodenständig“ und erstaunlich vielseitig geblieben.
Das klassische Repertoire: Ringe, Ketten, Armreife, Ohrringe. Anfertigungen und Umarbeitungen, Reparaturen, Restaurierungen. Eheringe gibt’s hier nicht von der Stange, jedenfalls selten. Die Kundschaft kommt nicht bloß zum Shoppen, sondern mit Geschichten – Erbstücke, Erinnerungen, Wünsche. Persönliche Beratung? Kommt vor. Muss sogar. Und genau da liegt die Krux: Wer diesen Job machen will, braucht handwerkliche Präzision genauso wie ein fast schon therapeutisches Gespür für Zwischentöne. Ob’s Spaß macht? Nur, wenn man stundenlang über winzige Details grübeln kann – oder eben will.
Bleiben wir realistisch: Die goldenen Zeiten, als in jeder größeren Stadt mehrere Goldschmiede-Ateliers um die Wette prunkten, sind vorbei. Auch in Freiburg. Hier dominieren inzwischen kleinere Werkstätten, manchmal Ein-Mann- oder Ein-Frau-Betriebe, oft in zweiter oder dritter Generation. Wer Glück hat, landet in einem Team, das zusammenhält – oder kämpft eben alleine im eigenen Kelleratelier.
Geld? Nicht unbedingt das Hauptargument. Das Einstiegsgehalt bewegt sich, diplomatisch ausgedrückt, zwischen 2.300 € und 2.600 €. Mit Erfahrung, Zusatzqualifikation (Meisterbrief, Edelsteinfasser, Galvaniseur) und etwas Durchhaltevermögen sind 2.800 € bis 3.300 € machbar, die Tendenz aber ist eher seitwärts. Sicher, ab und zu gibt’s Individuallösungen nach Auftragslage – aber um am Monatsende in der Freiburger Altstadt das große Menü zu bestellen, sollte das Handwerk wirklich Herzenssache sein.
Was viele unterschätzen: Das Handwerk hat sich verändert. Auch in Freiburg zogen 3D-Druck, CAD, Lasertechnik in manche Werkstatt ein. Dem betagten Goldschmied von nebenan schwant dabei oft Böses – „Ein echter Ring entsteht im Feuer, nicht am PC!“, höre ich O-Töne, die so oder ähnlich fallen. Aber: Wer als Einsteiger den Spagat schafft, klassische Techniken zu beherrschen und Technikaffinität nicht als Makel empfindet, hat bessere Karten. Immer mehr Kunden wünschen individuelle Stücke, aber sie wollen digital beraten werden, Entwürfe am Tablet, Flexibilität beim Material. Das Handwerk wird hybrid – und trotzdem bleibt Präzision erste Pflicht.
Freiburg ist eigenwillig. Hier zählen ökologische Aspekte überraschend stark; recyceltes Gold, Fair-Trade-Edelsteine, transparente Wertschöpfung. Irgendwie logisch in einer Stadt, die Nachhaltigkeit als identitätsstiftend betrachtet und sich nicht vor der grünen Debatte drückt. Was bedeutet das für uns? Man muss bereit sein, zu hinterfragen, Herkunft offen zu legen – nicht jeder kann oder will das. Und, Hand aufs Herz: So manchen jungen Goldschmied treibt genau diese Wertewelt an. Ich halte das für eine Chance. Man sollte sie allerdings beherzt nutzen statt sie als Pflichtübung abzutun.
Goldschmied in Freiburg – das ist Handwerk, Detailarbeit und Kommunikation. Für manche ein Anachronismus im Konsumrausch, für andere eine Insel, auf der Zeit ein bisschen langsamer tickt. Wer sich auf diesen Beruf einlässt, muss sich entscheiden, ob er lieber in Serie liefert oder als Einzelstück bestehen will. Ich tendiere inzwischen zur zweiten Variante – aber das ist, wie so vieles, wohl Geschmackssache.
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