Klier Hair Group | 38855 Wernigerode
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Früher dachte ich, Friseurmeister – das seien doch die leisen Künstler mit Schere und Föhn, irgendwo zwischen Komplimentegeber und Conférencier. In Halle (Saale) jedoch ist das Handwerk auf dem Prüfstand. Wer hier als Friseurmeister durchstarten oder wechseln will, steht heute zwischen digitalen Preisschildern, alter Stammkundschaft und einer Schere, die im Zweifel mehr wiegt als der gesamte Ausbildungsschwerpunkt. Klingt altmodisch? Ist aber hochaktuell.
Es fängt beim Offensichtlichen an: Wer in Halle als Friseurmeister nach vorne will, braucht nicht nur perfekte Schnitttechnik. Gefragt sind Augenmaß, Persönlichkeit – und eine robuste innere Festplatte. Es reicht längst nicht, klassische Dauerwellen ordentlich zu drehen und Balayage-Begriffe mit französischem Akzent zu garnieren. Manche Kunden wollen das Alltagsgrau loswerden, andere suchen Inspiration für TikTok, und wieder andere schütten ihr Herz aus, während der Pony fällt. Man ahnt es kaum, aber psychologische Beratung gehört hier oft zum Tagesgeschäft. Das wird in keiner Meisterschule gelehrt.
Halle ist keine Großstadt wie Berlin oder Hamburg. Hier zählen Nachbarschaft, Mundpropaganda und ein gewisser Stolz auf das „Altbewährte“. Neue Gesichter haben es nicht immer leicht, sich durchzusetzen – und trotzdem ist die Fluktuation hoch. Manchmal sehe ich junge Meister:innen, die voller Idealismus salondurchdrungene Luft schnuppern, bis sie merken, was Betriebskosten und Preisdruck bedeuten. Die Konkurrenz schläft nicht. Einfache Schnitte für unter 20 € – kaum kostendeckend. Die Oberliga, also trendbewusste Meisterbetriebe, ruft gern mal 2.600 € bis 3.200 € im Monat auf. Wer sich selbstständig macht, rechnet noch vorsichtiger. Manche geben freiwillig auf, andere kämpfen – ein wenig wie in einer Lokalmatadorenliga, mit Herzblut, aber auch mit Kalkül.
Was viele unterschätzen: Digitalisierung ist längst da. Online-Terminbuchung, digitale Kassensysteme, Social Media – all das will gemanagt werden. Aber im Gegensatz zur hippen Leipziger Nachbarschaft laufen viele Prozesse in Halles Friseursalons noch analog. Vielleicht aus Skepsis, vielleicht auch, weil die Kundschaft nach wie vor gern einen Kaffee nimmt und beim Smalltalk vergessen wird, ob die Haarfarbe nun in 20 oder 25 Minuten ausgespült werden muss. Technik ist Hilfsmittel, nicht Allheilmittel. Wer sich hier zu sehr auf Automatisierung verlässt, verpasst den eigentlichen Kern des Berufs: Menschenlesen. Und das geht (noch) nicht per App.
Worüber sich niemand gern unterhält, oft aber alles entscheidet: das Einkommen. In Halle bewegt sich der Verdienst für angestellte Friseurmeister:innen meist zwischen 2.200 € und 2.900 €. Wohlbemerkt: Wer als Salonleiter:in Verantwortung trägt oder sich mit Zusatzleistungen (z. B. Kosmetik) breiter aufstellt, kratzt auch mal an der oberen Grenze. Die sicheren Festanstellungen werden seltener, dafür gibt es immer mehr Quereinsteiger aus anderen Branchen – einst undenkbar. Weiterbildung wird also Pflicht. Farb- und Stilberatung, Extensions, vielleicht gar der Sprung Richtung Gesundheitsdienstleistung (ich sage nur: Trichologie…) – das alles sind Felder, in denen sich Einsteiger:innen und Wechselwillige profilieren können. Aber am Ende gilt: Theorie bleibt Theorie, wenn die Praxis nicht nachzieht.
Friseurmeister in Halle (Saale) zu sein – das ist eine tägliche Gratwanderung zwischen Trendgefühl und Traditionsgespür. Kein goldener Boden, aber auch mehr als Routine. Wer sich nicht vor Arbeitsdruck, Wandel und Persönlichkeiten scheut, findet hier ein anspruchsvolles, aber lohnendes Terrain. Ein bisschen Mut, viel Ausdauer – und ja, manchmal auch Humor. Das ist keine Raketenwissenschaft, aber eben auch kein Spaziergang.
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