Klier Hair Group | Mühlhausen/Thüringen
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Klier Hair Group | Nordhausen
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Klier Hair Group | Nordhausen
Wer sich in Kassel hinter den Friseurstuhl stellt, betritt eine Welt, die im ersten Moment schlicht wirken mag – Schere, Kamm, Haar, das übliche Werkzeug eben. Und doch, je länger ich drüber nachdenke, desto mehr wird klar: Das Friseurhandwerk ist in dieser Stadt ein kleines soziales Experiment auf täglicher Bühne. Einerseits ist Kassel groß genug für Vielfalt, andererseits noch provinziell genug, damit nicht jede Trendwelle gleich zur Selbstverständlichkeit wird.
Kein Branchenriese mit anonymer Fließbandmentalität – die meisten Salons hier sind durch und durch individuell, oft familiengeführt oder von kreativen Köpfen gelenkt, die das Geschäft noch von der Pike auf gelernt haben. Wer als Berufseinsteiger oder erfahrene Kraft von außerhalb kommt, kann zunächst irritiert sein von dieser Mischung aus Bodenständigkeit und Innovationshunger. Plötzlich ist Beratung mehr als Handgriff; plötzlich zählt der Mensch hinter dem Haarschnitt.
Es klingt abgedroschen, aber das Handwerk – dieses wortwörtliche in die Hände Greifen und Gestalten – ist hier tatsächlich so präsent wie selten anderswo. In Kassels Friseursalons wird noch gefärbt, geföhnt, geschnitten, als ginge es um die Ehre. Technik? Kommt dazu, klar – digitale Terminplanung oder moderne Farbtechniken haben ihren Platz. Aber die persönliche Note, das Wieder-Erkennen des Kunden im Spiegel, das kann keine App ersetzen.
Ich behaupte sogar: Wer in Kassel ins Geschäft einsteigt, lernt die wahre Schule der Kundenbindung. Nicht nur die Frisur muss sitzen, sondern auch das Gespür für Befindlichkeiten, regionale Marotten, manchmal gar für lokale Politik – Small Talk ist hier fast genauso wichtig wie das Balayage-Handgelenk. Und doch: Es gibt, gemessen an anderen Orten, wenig Ellbogenmentalität und überraschend viel Miteinander im Kollegenkreis. Konkurrenz? Sicher, aber selten verbissen.
Kassel ist keiner dieser Orte, wo man als Friseur zwischen Luxus und Existenzangst schwankt. Zwischen den üppigen Einkaufsmeilen und den stilleren Vierteln verteilt sich das Friseurgeschäft recht ausgewogen. Wer einsteigen will, findet im Regelfall keine schlechten Chancen auf einen Platz im Team – der Fachkräftemangel macht auch vor dieser Region keinen Halt. Aber: Die Löhne sind hier noch immer etwas konservativ. Das Einstiegsgehalt pendelt meist zwischen 2.100 € und 2.300 €, erfahrenere Fachkräfte können je nach Qualifikation, Salonkonzept und Kundenstamm auch 2.500 € bis 2.800 € erwarten. Besondere Farbspezialisten oder Führungskräfte knabbern vereinzelt an der 3.000 €-Marke. Gibt’s mehr? Natürlich – aber das ist, Hand aufs Herz, selten und fast immer an Meistertitel oder spezielle Zusatzqualifikationen gekoppelt.
Was mir auffällt: Die Ansprüche der Kundschaft sind mitgewachsen, die Preise allerdings nur zögerlich. Daran beißt sich so mancher Friseur fest – Preisniveau erhöhen oder doch lieber mit Angeboten locken? Ein Balanceakt, bei dem viele Salons in Kassel noch ihre eigene Strategie suchen.
Kaum ein Beruf hat durch Digitalisierung so viel gelernt wie der Friseur – was schon kurios klingt, wenn man an die handwerkliche Basis denkt. Aber: Kassels Friseurbranche tanzt auf dem Drahtseil zwischen Tradition und Fortschritt. WhatsApp-Termine, Instagram-Portfolio, sogar Online-Beratung per Video – das geht hier mittlerweile, auch wenn mancher Chef darüber stöhnt, dass alles „früher einfacher“ war. Wer als Berufseinsteiger technikaffin daherkommt, bringt echte Pluspunkte mit; die Schnittstelle zwischen Hand und Handy wird immer wichtiger – und ist in Kassel eben kein Fremdwort mehr.
Dennoch, Verzicht auf das Zwischenmenschliche funktioniert hier nicht. Es bleibt ein Geschäft der Begegnung: Die Stammkundin kommt seit 15 Jahren, weiß, wie viel Schnitt sie will – und erkennt einen neuen Kollegen am Händedruck. Wer hier nur auswendig Gelerntes abspult, zieht den Kürzeren.
Was viele unterschätzen: Weiterbildung ist im Kasseler Friseurberuf kein bloßer Karrierebeschleuniger, sondern oft Notwendigkeit und Ausweis des eigenen Ehrgeizes. Farbtrend-Seminare, Spezialisierungen auf Naturprodukte, sogar Workshops zu Ergonomie oder Gesprächsführung werden angeboten, teils gefördert von regionalen Innungen oder lokalen Förderprogrammen. Manchmal frage ich mich, ob das nicht die eigentliche Kunst daran ist: aus dem immer Gleichen täglich etwas Neues zu schaffen – mit einem Satz und einer Schere.
Die Kasseler Friseurwelt fordert, reizt, überfordert manchmal. Und doch, es bleibt charmant, überraschend vielschichtig, ein Ort für ehrliche Arbeit – und für Menschen, die nicht nur Haarschnitte, sondern Lebensgeschichten gestalten wollen. Ist das nicht, am Ende, der eigentliche Reiz dieses Berufes hier?
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