Friseur Jobs und Stellenangebote in Bonn
Beruf Friseur in Bonn
Haare, Hände, Herz: Friseuralltag in Bonn – ein Drahtseilakt zwischen Handwerk und Haltung
Bonn. Hier, wo der Rhein gemächlich an alten Mauern vorbeizieht, suchen Berufsstarter und Routiniers auf der Zinne gleichermaßen: Was taugt der Friseurberuf noch – und was wird verlangt, das nirgends im Ausbildungsrahmenplan stand? Ich gebe zu, manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich am Fenster eines dieser mondänen Salons auf der Adenauerallee vorbeischlendere und neidisch auf blitzende Scheren schiele. Der Friseurberuf, klingt bodenständig, ist es auch. Und doch alles andere als simpel. Wer meint, es gehe nur ums Spitzen schneiden, hat offenbar noch nie ein Beratungsgespräch über Trendfarben mit vier Generationen in einer Familie geführt.
Der Beruf ist in Bonn ein eigenes Biotop. Man arbeitet nicht – man wirkt. Von Beuel bis Bad Godesberg zeigt sich: Der Friseurberuf gedeiht irgendwo zwischen traditionellem Handwerk, gestiegenen Erwartungen und einer Prise urbanem Lifestyle. Wer am Vormittag eine betagte Kundin mit Dauerwellen-Klassiker betreut und nachmittags den dritten „Soft Balayage“-Wunsch jongliert, weiß, wie schnell Trends die Tagesordnung sprengen können. Technik? Kommt unaufhaltsam ins Spiel. Digitale Terminverwaltung ist in Bonner Salons längst Standard, Influencer-Auftritte in den Socials des Chefs bieten enorme Reichweite, auch wenn sich dabei gelegentlich die Stirn runzelt. Wer den Wandel verschläft, ist raus. So ehrlich muss man sein.
Der Praxisschock trifft manche am ersten Tag. Wie, man steht wirklich acht Stunden am Stück? Scharfe Werkzeuge, colorierte Chemie, gewaschene Hände, bis zur Hautschicht abgeschmirgelt? Die Kollegin mit der Sehnenscheidenentzündung ist kein Einzelfall. Und dann das Gehalt. Um keine Märchen zu erzählen: Der Einstiegsverdienst liegt in Bonn mit 2.100 € bis etwa 2.400 € auf einem Niveau, das zwar Lebensunterhalt ermöglicht, aber ganz bestimmt keinen Cabrio-Kauf. Wer mehr will, etwa als erfahrene/r Kraft oder nach einer erfolgreichen Farb-Spezialisierung, klettert bei großen Salons auch mal in den Bereich von 2.800 € bis knapp 3.000 €. Alles darüber? Da braucht es schon Top-Positionen, exklusive Teams – oder das berühmte Quäntchen Glück.
Tja. Und nun? Lohnt es sich noch, als junger oder wechselwilliger Mensch Haar und Haut in die Waagschale zu werfen? Die Antwort ist weniger eindeutig als manch Werbekampagne glauben machen will. In Bonn kommt hinzu: Die Stadt wandelt sich. Einerseits lebt der Friseuralltag von Stammkundschaft – uralten Geschichten, zarter Nostalgie, Bonner Biedermeier. Andererseits weht weltoffene Luft, Multikulti in den Vierteln, Mode als Statement. Englisch sprechende Studierende, geflüchtete Jugendliche, Vielfaltsfamilien – sie alle wollen teilhaben. Wer sich hier breit aufstellt, Fortbildungen etwa im Bereich Afro-Haar, Bartpflege, Coloration oder nachhaltige Pflegeprodukte mitbringt, überholt mit Herzblut die Schlafmützen der Branche. In Bonn gibt’s Weiterbildungsinitiativen, Kooperationen mit Handwerkskammer und gelegentlich Workshops zu Trendthemen.
Was viele unterschätzen: Wie viel psychologisches Fingerspitzengefühl hier vonnöten ist. Klar, die Schere will geführt sein – aber wer Ohr für persönliche Geschichten hat, den Kopf für neue Looks freibekommt und Stress in der Rushhour mit stoischer Miene begegnet, bleibt obenauf. Der Friseurberuf – zumindest in Bonn – ist also nichts für halbe Sachen. Manchmal hadere ich: Wenig Glamour, mitunter Kompromisse, aber auch ein Arbeitsklima, das Menschen zusammenbringt – ob an der Promenade oder im Lieblingskiez. Vielleicht ist das am Ende die eigentliche Kunst. Haare schneiden können viele. Doch dabei den Alltag der Stadt mitzuschneiden, das gelingt nur den Guten.