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Einmal ehrlich: Wenn man heutzutage in Dresden als junger Mensch darüber nachdenkt, den Weg als Fleischermeister einzuschlagen – oder als erfahrener Geselle überlegt, die Ärmel neu hochzukrempeln –, fühlt man sich mitunter wie ein Sonderling. Fleisch, Handwerk, Verantwortung? Klingt erst einmal etwas altbacken zwischen veganen Cafés und Bio-Läden in der Neustadt. Aber wer die Debatte darauf verkürzt, hat einiges nicht verstanden.
Die Aufgaben eines Fleischermeisters gehen weit über das Zuschneiden von Fleisch hinaus. Hier, in der sächsischen Landeshauptstadt, dreht sich im Alltag vieles um Qualitätssicherung, Hygienevorgaben, Kalkulation, Warenkunde und – nicht zu unterschätzen – Kundenberatung. Ein bisschen Verkäufer, ein bisschen Hygienebeauftragter, viel Praktiker, ein skurriler Allrounder eben. Es gibt Tage, da steht man früh um vier in der Produktion, riecht den Rauch im Schinkenraum, kontrolliert die Chargenlisten, schärft, was zu schärfen ist. Anderntags jongliert man betriebswirtschaftliche Bilanzen. Klingt vielseitig? Ist es auch – manchmal vielleicht zu vielseitig, wenn eine Erkältungswelle das Team dezimiert und der steinalte Kühlraum wieder faxen macht.
Manchmal fragt man sich: Lohnen sich Aufwand und Verantwortung überhaupt? Die Gehaltsaussichten sind in Dresden, verglichen mit westdeutschen Ballungsräumen, nach wie vor etwas nüchterner. Berufseinsteiger bewegen sich oft zwischen 2.400 € und 2.900 €, mit ein paar Jahren Erfahrung oder als Betriebsleiter sind 3.100 € bis 3.600 € durchaus machbar – wobei alles, was nach oben abweicht, fast schon nach Familienunternehmen oder Spezialisierung riecht. Es gibt Kollegen, für die ist das zu wenig angesichts der Wochenendarbeit und der strengen Vorschriften. Die anderen halten dagegen: Freiheit, eigenes Produkt, direkte Anerkennung – und der Stolz, eine alte Zunft am Leben zu halten. Wer will’s ihnen verdenken.
Technisch tut sich einiges, gerade im letzten Jahrzehnt. Automatisierte Slicer, moderne Reifeverfahren, Digitalisierung im Warenfluss – und trotzdem läuft hier in Dresden noch vieles nach Augenmaß. Oder besser gesagt: nach Hand und Bauchgefühl. Die großen Ketten pressen, die kleinen Betriebe kämpfen. Dazwischen wachsen Spezialisten aus dem Boden, experimentieren mit regionalen Rezepturen, Dry-Aged-Brettpartnern oder handgemachten Sülzen. Vielleicht ist gerade das die Zukunft, jedenfalls träumen manche davon: individuelle Handwerksbetriebe mit Charakter, die Nischen besetzen, wo Supermärkte nur mit den Schultern zucken.
Was Berufseinsteigern oft niemand vorher sagt: Hier begegnet man Widersprüchen, die zermürben und antreiben zugleich. Einerseits steckt echte Anerkennung drin, wenn der Stammkunde den ersten Advent mit frischer Krakauer zelebriert. Andererseits hagelt es Fragen zu Tierwohl, Preisen, Herkunft – nicht immer angenehm, oft ungefiltert. Wer sich nicht scheut, zu argumentieren und zu reflektieren, findet hier Aufgaben, die Verstand und Haltung erfordern. Der Beruf ist nicht perfekt gestriegelt, sondern ein bisschen ruppig, ehrlich, mit manchen Ecken und Kanten – so wie die Stadt selbst.
Wem das zu viel Ambivalenz ist, der ist als Fleischermeister in Dresden womöglich falsch. Aber für jene, die sich mit Herz und Hand ins Geschehen stürzen, bietet das Handwerk mehr als nur Routine: Es ist ein (fast) täglicher Kraftakt zwischen Alt und Neu – und manchmal durchaus ein kleiner Sieg, wenn man nach Feierabend in der eigenen Wurst noch den Geschmack von Dresden erkennt. Selbst wenn’s niemand sofort honoriert. Aber vielleicht gerade deshalb – und auch, weil sich hier Tradition und Wagemut öfter treffen, als das viele glauben.
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