Drägerwerk AG & Co. KGaA | 23539 Lübeck
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Drägerwerk AG & Co. KGaA | 23539 Lübeck
Was fällt einem als Erstes ein, wenn vom „Feinwerkingenieur“ die Rede ist? Präzision, ganz klar. Vielleicht auch: Technikfreaks in sterilen Labors, lupenreine Werkbänke und winzige Zahnräder, so fein, dass sie fast im Staub verschwinden. Aber das – und das kann ich inzwischen mit Nachdruck sagen – kratzt höchstens an der Oberfläche, vor allem, wenn man sich im Norden, genauer: in Rostock, umsieht.
Hier, wo die Ostsee launisch an die Kai-Kante schwappt, sind Feinwerkingenieure alles andere als exotische Einzelgänger. Sie werden gebraucht – quer durch Fertigung, Medizintechnik, Schiffsbau (klar, Rostock!), Motorsporttechnik oder auch im Maschinenbau für maritim-spezielle Anlagen. Von optischen Instrumenten bis zu Sensoriksystemen, die im Zehntelmillimeterbereich arbeiten: Wer glaubt, der Job wäre tot-bürokratisch oder abgehoben-akademisch, hat die Lage nicht verstanden. Gerade Berufseinsteiger spüren das schnell – und bekommen im Betrieb in Windeseile den feinen Unterschied zu spüren zwischen angepasster Theorie und rostocker Praxisrealität.
Ich erinnere mich an meinen ersten Tag: Ich wurde gefragt, ob ich schonmal bei +5 Grad in einer Schiffswerkhalle versucht habe, ein piepskleines Präzisionsbauteil, das für ein Medizintechnik-Gehäuse bestimmt war, mikroskopisch exakt auszurichten. Mit klammen Fingern, versteht sich. Für Außenstehende mag das nach Folklore klingen, für die meisten in Rostock ist es Alltag. Feinwerktechnik hier bedeutet eben nicht nur, in sauber klimatisierten Räumen zu arbeiten – sondern unter Umständen auch robuste Improvisation an windigen Tagen am Hafen.
Die Unternehmen – mal Weltmarktführer, mal findige mittelständische Betriebe – erwarten Vielseitigkeit. Theorie ist schön, aber mit kluger Hand das Unvorhersehbare zu lösen, ist oft wichtiger. Ich kenne einige, für die das überraschend kommt: Im Studium lernt man Dreipunkt-Lagerungen und Messtechnik-Diagramme. Im Job steht plötzlich ein rostiger Werktisch vor einem, und das Werkstück ist so eigensinnig wie das Klima – Schwitzen kann man sich sparen, man friert an den falschen Stellen. Trotzdem gibt es Momente, in denen man den leisen Stolz verspürt, mitten im Trubel ein Teil gebaut zu haben, das am OP-Tisch in Singapur oder auf einer Yacht vor Norwegen tatsächlich funktioniert.
Schaut man, wie der Arbeitsmarkt im Raum Rostock gestrickt ist, sieht man ein komplexes Bild. Es gibt zwar weniger Großindustrie als in Süddeutschland, aber die spezialisierte Nachfrage nach Feinwerkingenieuren wächst. Drei, vielleicht vier Betriebe könnten jederzeit mehr einstellen, als Bewerber nachkommen. Was Gehälter angeht: Der Start ist solide, aber keine Sensation – meist bewegt sich der Verdienst zwischen 2.800 € und 3.400 €, je nach Erfahrung und Verantwortungsbereich. Mit ein paar Jahren Praxis, etwas Brot-und-Butter-Weiterbildung (zum Beispiel Qualitätsmanagement, Lasertechnik oder digitale Fertigung), sind durchaus 3.500 € bis 3.900 € drin. Große Gehaltssprünge? Eher selten. Wer das will, muss ins Management schielen oder nach Hamburg weiterziehen. Aber mal ehrlich: Wer hier bleiben will, geht meist nicht wegen des Geldes in die Feinwerktechnik.
Stichwort Weiterbildung: Hier, das muss ich kritisch sagen, gibt es gelegentlich Reibungspunkte. Rostock bietet solide Angebote – dual, berufsbegleitend, teils sehr praxisorientiert. Aber die Möglichkeiten, sich wirklich in Zukunftsfelder wie Mikrosystemtechnik oder intelligente Materialien tief einzugraben, sind bislang begrenzt. Noch. Es gibt Bewegungen, klar – Kooperationen mit der lokalen Uni, Vernetzung mit Technologieparks. Aber was fehlt, ist dieser „Ruck“, der andere Regionen schon erwischt hat. Vielleicht tut sich da ja was, auch, weil die maritime Wirtschaft gezwungen ist, noch digitaler und smarter zu werden.
Wirklich wahr: Feinwerke in Rostock ist kein Beruf für flache Hierarchien und klare Gleichungen. Vieles entsteht aus der jeweiligen Betriebskultur, dem regionalen Zusammenhalt – und, nicht zu vergessen, einem Schuss norddeutscher Sturheit. Für Berufseinsteiger und Umsteiger bleibt die Gewissheit: Man wird gebraucht. Man wächst hinein, manchmal unfreiwillig schnell. Dafür bekommt man mehr als bloß einen Job mit Gehaltszettel – sondern das Gefühl, Teil jener kleinen Welt zu sein, in der Präzision eben nicht von Handbuch kommt, sondern aus Erfahrung. Und mit einem Hauch Salzwasser auf der Jacke.
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