Siemens AG | 47803 Krefeld
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Siemens AG | 47803 Krefeld
Es gibt Berufsbezeichnungen, die klingen erst einmal wie aus der Zeit gefallen. „Feinwerkingenieur“, das ist so einer. Für manche mag das nach sauber sortierten Schraubenschubladen klingen, nach Lupe, Pinzette, Labor – und nach jener trügerischen Ruhe, die nur in Broschüren deutscher Industrieparks herrscht. Die Wahrheit, das sei gleich gesagt: Ganz so statisch verhält sich der Alltag dann doch nicht – jedenfalls nicht in Mülheim an der Ruhr, wo das Knirschen zwischen alter Industrie und neuer Technik manchmal stärker zu hören ist als das feinste Summen eines Mikrometers.
Auf dem Papier liest sich die Stellenbeschreibung noch recht ordentlich: Planung, Entwicklung und Konstruktion von Präzisionsbauteilen für den Maschinenbau, die Medizintechnik, die Elektrotechnik und zunehmend auch für Sensorik und Automatisierungslösungen. Klingt, zugegeben, nach einem Baukasten voller Möglichkeiten – in Wahrheit jedoch ist der Berufsalltag oft rauer. Sicher, es gibt Feinarbeit, das Staunen über Miniaturisierung, das Tüfteln – aber dazu gesellen sich Themen wie Kostenkontrolle, Auswahl und Testung neuartiger Werkstoffe, digitalisierte Fertigungsprozesse. Und immer öfter: Schnittstellenkompetenz. Die Zeiten, in denen man als Ingenieur im stillen Kämmerlein schrauben durfte, sind vorbei.
Ein wenig jedenfalls. Wer in Mülheim tätig ist, spürt noch das Nachbeben der alten Montanindustrie, aber eben auch die Nachricht: „Strukturwandel ist kein Märchen aus dem Marketing.“ Hier sitzen Mittelständler, oft familiengeführt, manchmal ein bisschen stur (meine Meinung!), selten langweilig. Sie bauen Präzisionskomponenten für Wasserstofftechnik, medizinische Geräte, Messsysteme – je nach Ölpreis, Standortentscheidung oder persönlicher Vorliebe des Firmenchefs. Nicht selten treibt einen der enge Draht zur Fertigung direkt auf die Werkbank. Haptik ist nicht alles, aber dass ein Produkt unter den eigenen Fingern reift, bleibt ein Wert an sich. Gerade das, so mein Eindruck, schätzen viele Einsteiger und Wechselwillige hier: Die Lösung hängt selten allein am Computer – sondern oft an der Werkhalle nebenan.
Natürlich: Ohne handfestes Wissen in Konstruktion, Materialkunde, Messtechnik und IT geht gar nichts. Wer glaubt, CAD sei ein Programm, das man am ersten Tag mal so nebenbei erlernt – Irrtum. Das Zusammenspiel von 3D-Software, Fachmathematik und Werkstoffexpertise fordert, was man im Studium (oder auf dem Papier) nur andeutet. Was viele unterschätzen: Die Fähigkeit, mit Produktion und Entwicklung gleichermaßen zu kommunizieren, ist Gold wert. Wer weiß, wie sich eine Toleranzkette in der Serienfertigung tatsächlich auswirkt, steht bei Kollegen mit ganz anderem Standing da. Ein Tipp: Einfache Erklärungen helfen niemandem, aber Verständnis für die Grenze zwischen theoretischer Ideallösung und betrieblicher Realität – das schon.
Mancher fragt als Erstes nach dem Lohn (wer nicht?). Die Einstiegsgehälter rangieren in Mülheim oft zwischen 3.200 € und 3.800 €. Mit etwas Berufserfahrung und Spezialisierung sind 4.000 € bis 4.600 € nicht unrealistisch, wobei dies von der jeweiligen Branche, der Firmengröße und – klangheimlich, aber wahr – auch vom Verhandlungsgeschick abhängt. Wer sich auf hochspezialisierte Felder wagt, zum Beispiel Mikrosystemtechnik oder innovative Sensortechnik, hat durchaus Chancen auf höhere Gehälter.
Klingt solide? Ist es – zumindest meistens. Der Alltag kann trotzdem ruppig werden: Zeitdruck, Last-Minute-Änderungen, bisweilen knappe Ressourcen. Dazu die Herausforderung, mit immer neuen Technologien Schritt zu halten, während gleichzeitig der wirtschaftliche Druck wächst. Es ist kein Beruf für notorische Romantiker, aber für die, die Präzision und Pragmatismus verbinden wollen – und den Charme technischer Komplexität nicht für Marketing-Geschwätz halten.
Viele, die in Mülheim eingestiegen sind, haben nach wenigen Jahren gemerkt: Wer stehen bleibt, bleibt auf der Strecke. Weiterbildungsangebote gibt es – von Industrie 4.0-Anwendungen über Werkstoffkunde bis zu Spezialthemen wie additive Fertigung. Die Bereitschaft, sich neu zu erfinden, ist fast Voraussetzung. Mir persönlich gefällt, dass viele Unternehmen Weiterbildung nicht nur als Pflichtübung abhaken. Hier und da, das zeigt die Erfahrung, sind die kurzen Wege zwischen Chefetage und Kaffeeküche ideal, um sinnvolle Veränderungen anzustoßen – vorausgesetzt, man bringt die nötige Unerschrockenheit mit.
Feinwerkenieur in Mülheim – das ist kein „Job mit sicherem Fahrplan“. Es ist ein Berufsfeld, das von Neugier, Beweglichkeit und manchmal auch renitentem Pragmatismus lebt. Wer Pingeligkeit mit Leidenschaft paart und dabei Schwielen an den Händen nicht scheut, findet hier mehr als nur ein solides Auskommen. Lust auf Alltagsneugier? Dann ist das vielleicht der richtige Ort, um Spuren zu hinterlassen – winzige, aber eben messerscharfe.
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