The Fontenay Hamburg | 20095 Hamburg
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The Fontenay Hamburg | 20095 Hamburg
Wem die fein säuberlich gedeckten Tische eines Gourmetrestaurants zu statisch erscheinen, für den hat der Etagenkellnerjob einen ganz eigenen Reiz. Kein Tag gleicht dem anderen, und doch gibt es Routinen. Erzählt man Freunden von diesem Beruf, folgt meistens ein Stirnrunzeln – Etagenkellner? Wirklich? Die meisten denken an altmodische Tabletts im Grandhotel, an muffige Korridore mit Teppichen und Samtsesseln. Das Bild ist, gelinde gesagt, nostalgisch. Doch Lübeck – selbst ein Mix aus Mittelalter, Backsteinromantik und hanseatischem Pragmatismus – hält für Etagenkellner überraschend moderne Seiten bereit.
Die Grundaufgabe lässt sich schnell umreißen: Speisen und Getränke auf die Zimmer bringen, Sonderwünsche notieren, Diskretion wahren – aber das ist eben nur die halbe Wahrheit. Wer den Job wirklich machen will, braucht nicht nur Ausdauer in den Beinen, sondern auch ein Auge fürs Detail. Wer wünscht morgens Earl Grey ohne Zitrone? Wer übernachtet mit Hund, wünscht einen Napf vor der Zimmertür und ist auf glutenfreie Frühstücksbrötchen angewiesen? Es sind diese Feinheiten, die das Bild des Etagenkellners fernab jeder „Dienerservilität“ prägen. Und natürlich: Wer hier arbeitet, sieht die Stadt anders. Mal ein Blick aus dem 6. Stock auf die Trave, mal verschlagene Gänge in denkmalgeschützten Boutiquehotels.
Viele unterschätzen die Mischung aus Standardprozeduren und Improvisation. Gerade in Lübeck, wo die Touristenwellen zwischen Novemberflaute und Marzipanhochzeit pendeln und Geschäftsreisende wie Geister aus und ein gehen. Was mir immer wieder auffällt: Die Balance zwischen hanseatischer Höflichkeit und norddeutscher Zurückhaltung – mal wird ein herzliches Wort erwartet, mal reicht ein diskreter Blick. Und dann die Technik: Die alten Klingelknöpfe werden im einen Hotel noch gepflegt wie ein Familienerbstück, während das nächste Haus auf digitale Bestellterminals umstellt. Da heißt es: flexibel sein, und zwar von jetzt auf gleich.
Die Gehälter – tja, kein Märchen aus 1001 Nacht. Einsteiger in Lübeck bewegen sich je nach Haus und Qualifikation meist irgendwo zwischen 2.300 € und 2.700 €. Mit Erfahrung, Sprachkenntnissen und Einsatzbereitschaft lässt sich das bis auf gut 3.000 € hochschrauben, in absoluten Ausnahmefällen gibt’s sogar mal einen Extrabonus, wenn der Service stimmt und die Trinkgelder fließen. Aber – nur Luftschlösser bauen hilft nicht. Wer Ansprüche an geregelte Arbeitszeiten hat, wird sich umstellen müssen. Wochenendschichten, Feiertagseinsätze, Flexibilität: alles Teil des Geschäfts.
Man darf nicht verschweigen: In Lübeck herrscht Konkurrenz. Die Zahl der Boutiquehotels wächst, klassische Häuser halten dagegen, neue Konzepte kämpfen um die wenigen, die Service nicht als lästiges Anhängsel, sondern als Berufung verstehen. Das klingt wie PR, aber es stimmt: Wer Einfühlungsvermögen für internationale Gäste und norddeutsche Direktheit mitbringt, ist im Vorteil. Und wer glaubt, ein Etagenkellnerjob sei nur ein Sprungbrett – der irrt vielleicht. Klar, Positionen wechseln schnell. Aber wer sich auf die Besonderheiten einstellt, kann aus dem Job mehr machen: Weiterbildung etwa zum F&B Supervisor? Vieles hängt am Haus – und an einem selbst.
Was viele unterschätzen: Die Mischung aus Tempo, Diskretion und Kundenorientierung, die Lübecks Gäste erwarten. Wer meint, das sei wie Servieren im Café, liegt falsch. Weniger Show, mehr Haltung – so formuliere ich es immer. Und: Die Kollegialität. In kleinen Hotels wird der Etagenkellner oft zur Vertrauensperson; man kennt die Stammgäste, trägt kleine Extrawünsche im Kopf und muss, gerade bei internationalen Gästen, öfter mal improvisieren. Persönlich schätze ich an Lübeck: Die Stadt nimmt sich Zeit fürs Detail. Genau das macht die Arbeit aus – und manchmal ausgerechnet die Momente, die keiner plant.
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