Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG | 37083 Göttingen
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Berghof Group GmbH | 07426 Königsee
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Da sitzt man also. Frisch im Büro, Kaffee in der Hand, Blick ins Gründerzeitfenster hinaus auf Erfurter Altstadt. Entwickler Digitale Medien – klingt chic, irgendwo zwischen Nerd-Nische und Digitalstrategie. Doch was bedeutet das eigentlich, hier, im Herzen Thüringens? Die Rollenbilder sind unscharf: mal kommt ein Auftrag für eine Museums-App, nächste Woche bastelt man an einem responsiven Design für ein mittelständisches Unternehmen aus Stotternheim. Mal ehrlich, Abwechslung gibt’s definitiv genug. Manchmal vielleicht zu viel? Je nach Anspruch. Wer sortierte 08/15-Projekte sucht, wird in Erfurt eher verwirrt ins Leere schauen.
Was viele unterschätzen: „Entwickler Digitale Medien“ ist nicht (nur) ein Titel, sondern eine Zwickmühle aus Technik, Kreation und Beratung. Wer hier hinkommt, sollte CSS blind tippen, mit drei Frameworks jonglieren und abends noch Zeit für Typografie-Feinheiten haben. Übertrieben? Vielleicht. Aber während in München der Projektmanager alles koordiniert, heißt es in Erfurt öfter mal: „Mach mal, du kannst ja alles.“ Teamstrukturen sind kleinteiliger, die Aufgaben vielfältiger. Gerade bei den kleineren Agenturen – und davon gibt es in Erfurt nicht zu knapp – heißt das, eigene Stärken pragmatisch einzusetzen statt stur am Ausbildungsskript zu hängen. JavaScript, ja; aber auch eine Prise Kundenkommunikation, Bildbearbeitung, UX-Gespür.
Und dann ist da noch das spezifisch Erfurter Digitalklima. Wer glaubt, hier ginge es nur um hippe Start-ups mit Kickertisch und Club Mate, irrt. Sicher, solche gibt‘s auch. Bloß: Die öffentliche Hand, Kulturprojekte und der Bildungssektor gehören genauso zu den Stammkunden wie Traditionsfirmen, die ihre Websites endlich mal ins 21. Jahrhundert bringen wollen. Die Kombi aus Geschichte und digitalem Wandel ist greifbar – manchmal geradezu spröde. Ich weiß zum Beispiel von Agenturen, die für einen Landkreis sowohl virtuelle Klassenzimmer gebaut als auch die Social-Media-Strategie erneuert haben. Flexibilität ist Pflicht, klassische Routine gibt’s selten.
Schauen wir den Tatsachen ins Auge: Das Durchschnittsgehalt liegt in Erfurt meist noch nicht ganz auf Berliner Niveau, bewegt sich aber solide zwischen 2.500 € und 3.400 €, abhängig von Erfahrung und Portfolio. Klingt nicht nach Silicon Valley, reicht aber meist mindestens für einen Balkonplatz mit Blick auf den Dom. Wer sich spezialisiert – etwa auf Frontend-Frameworks, AR-Anwendungen oder E-Learning-Lösungen – kann relativ schnell in die Gehaltsregionen von 3.000 € bis 3.800 € vorstoßen. Entscheidend ist weniger das Abschlusszeugnis als die Kombination aus Praxis und Eigeninitiative. Manche behaupten ja, in Erfurt zähle Connections mehr als Zertifikate – aber so pauschal halte ich das für Unsinn. Wer sichtbar liefert, wird auch fair entlohnt. Zumindest meistens.
Wer sich nicht nur auf vergangenem Know-how ausruhen will, findet in Erfurt wachsendes Angebot: Hochschulnahe Kurse, Kreativlabore, Workshops zu Design Thinking oder aktuellem Web-Stack – auch, wenn manch Veranstaltung noch den Charme einer VHS-Abendgruppe trägt. Die Tendenz ist aber eindeutig: Der Digitalbereich kriegt städtisches Gewicht, die Förderprogramme für Digitalkompetenzen kommen langsam auch in der Praxis an. Arbeit an sich selbst ist Pflicht. Oder besser: Wer neugierig bleibt, hat in Erfurt Vorteile. Stillstand bekommt man ohnehin nicht bezahlt.
Ist der Sprung Richtung Entwickler Digitale Medien in Erfurt eine riskante Wette? Vielleicht. Die Branchendynamik ist alles andere als kalkulierbar: mal zieht ein Großprojekt die halbe Stadt in den Bann, mal dümpelt das Tagesgeschäft dahin. Doch das ist, unter uns, auch der Reiz. Wer schnelle Standardlösungen sucht, wird hier gelegentlich scheitern – oder sich langweilen. Wer sich aber auf den speziellen Mix aus Tradition, kreativer Entfaltung und regionalem Pragmatismus einlässt, findet einen Arbeitsmarkt, der persönliches Wachstum manchmal verlangt – häufiger aber auch ermöglicht. Und genau das braucht es eben, jenseits der reinen Technik. Zumindest aus meiner Sicht.
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